Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
Vom Netzwerk:
Erfindungen geworden war.
    Es war mittlerweile eine alte Geschichte, und nicht weniger als ein halbes Jahrhundert trennte die lächelnden Milchzähne auf der Fotografie von dem klaffenden Mund, der draußen im Schafstall den Frost einließ.
    Graubart stieß die Schublade zu. Etwas hatte die Schafe beunruhigt. Sie blökten ängstlich.
    Er hatte eine abergläubische Vision von auferstandenen und umhergeisternden Toten und schüttelte ärgerlich den Kopf. Wahrscheinlich trieb sich dort draußen ein Raubtier herum. Er ging leise in die Küche und spähte aus dem Fenster. Das Mondlicht ließ jeden Baum und Strauch in seinen Umrissen klar erkennen. Graubart hielt sein Ohr an die gebrochene Scheibe, durch die eiskalter Luftzug hereinströmte, und konnte das Husten und Trappeln der Schafe hören. Rauhreif bedeckte schwach glitzernd den Boden und die Zweige. Während er die Reflexe der winzigen Eiskristalle beobachtete, vernahm er das leise Knirschen von Schritten im gefrorenen Gras. Er hob sein Gewehr. Es war unmöglich, durch die Hintertür das Haus zu verlassen, ohne ein Geräusch zu machen.
    Die Schritte näherten sich der Ecke; die Gestalt eines Mannes tauchte auf.
    »Halt, oder ich schieße!« rief Graubart.
    »Bist du es, Graubart?« kam eine hohle Stimme von draußen. »Bist du es, Graubart? Nimm den verdammten Finger vom Drücker, hörst du?«
    Als er die Stimme erkannte, war Martha schon neben ihm. Er drückte ihr das Gewehr in die Hände. »Halt das fest und gib mir Feuerschutz«, wisperte er. Laut sagte er: »Komm ans Fenster und nimm die Hände hoch!«
    Der Mann näherte sich mit gestreckten Armen und Fingern, als wollte er den Himmel abkratzen. Er stieß ein kakelndes Lachen aus. Während Martha ihn mit dem Gewehr in Schach hielt, stieß Graubart die Tür auf und bedeutete dem Mann einzutreten. Jeff Pitt, der alte Eigenbrötler, marschierte in die Küche und ließ die Arme sinken.
    »Willst du den Otter immer noch kaufen, Graubart?« fragte er grinsend.
    Graubart nahm sein Gewehr an sich, stieß die Tür zu und legte seinen Arm um Marthas dünne Schultern. Er musterte Pitt unfreundlich.
    »Du bist also derjenige, der mir die Sachen aus dem Boot gestohlen hat. Warum bist du uns gefolgt? Hast du ein eigenes Boot?«
    »Geschwommen bin ich nicht!« Pitts Blick ging beim Sprechen ruhelos durch den Raum. »Ich hatte mein kleines Kanu besser versteckt als du deinen Dampfer! Ich habe seit Wochen beobachtet, wie du dein Boot vollgepackt hast. In Sparcot geht nicht viel vor sich, wovon ich nicht weiß. Als du heute abhautest, dachte ich, daß ich eine Begegnung mit den Gnomen riskieren und nachsehen sollte, wie ihr alle so zurechtkommt.«
    »Wie du siehst, sind wir noch am Leben, und du hättest beinahe eine Kugel in den Pelz gekriegt. Was hast du jetzt vor, Jeff?«
    Der alte Mann hauchte auf seine Finger und bewegte sich zum Herd, der noch Wärme ausstrahlte. Wie es seine Gewohnheit war blickte er keinem der Anwesenden ins Gesicht.
    »Ich dachte, ich könnte bis Reading bei euch bleiben, wenn ihr so weit fahrt. Und wenn deine liebe Frau nichts gegen meine Gesellschaft hat.«
    »Wenn du mit uns kommst, mußt du alle Waffen, die du hast, meinem Mann geben«, erklärte Martha.
    Pitt zog die rechte Braue bedeutungsvoll hoch und fischte eine alte Armeepistole aus der Manteltasche. Er nahm das Magazin heraus und reichte sie Graubart.
    »Weil ihr schon so verrückt auf meine Gesellschaft seid«, sagte er, »will ich euch außer meinem Schießeisen noch einen guten Rat geben. Bevor wir uns alle zur Ruhe begeben, laßt uns die Schafe hier ins Haus treiben, wo ihnen nichts passieren kann. Wißt ihr nicht, was für ein Mordsglück ihr habt? Von diesen Schafen ist jedes ein Vermögen wert. Weiter flußabwärts, in einem größeren Ort wie Reading, werden wir sie verkaufen und kleine Könige sein!«
    Graubart steckte die Pistole ein. Er sah den zerknitterten Alten lange an, und Pitt gab ihm wieder sein altes Nagetierlächeln.
    »Leg dich schlafen, Kind«, sagte Graubart zu Martha. »Wir holen die Schafe. Ich glaube, Jeff hat da eine gute Idee.«
    Sie konnte fühlen, wie sehr es ihn störte, den Wert einer Idee anzuerkennen, die er selbst hätte haben sollen. Sie warf ihm einen verständnisvollen Blick zu und kehrte in ihr kleines Zimmer zurück, als die Männer das Haus verließen. Das Hammelfett spuckte und knisterte in der Lampe. Müde ließ sie sich auf ihr improvisiertes Lager sinken und schloß die Augen; doch an Stelle des

Weitere Kostenlose Bücher