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Aufstand der Gerechten

Aufstand der Gerechten

Titel: Aufstand der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
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Williams, allein, kerzengerade, die Hände im Schoß gefaltet. Ich ging zu
ihm und streckte ihm die Hand hin.
    »Es tut mir leid, Simon«, sagte ich. »Es ist einfach furchtbar.«
    »Das ist es«, stimmte er zu, sah mich dabei an, gab mir aber nicht
die Hand.
    »Wie kommen Sie zurecht seither?«
    »Was – seit heute Morgen?«
    Ich öffnete den Mund, doch meine Antwort blieb mir im Hals stecken.
    »Ich bin Bens Frau«, hörte ich Debbie sagen, während sie zu uns
herüberkam. »Mein aufrichtiges Beileid. Peter war ein feiner Junge. Wir haben
ihn sehr gern gehabt.«
    Simon Williams stand auf, nahm ihre Hand und dankte ihr dafür, dass
sie gekommen war.
    Ich wandte mich zu Caroline um, die nach wie vor an der Seite ihres
Sohnes saß und sanft über das Holz des Sarges streichelte. Diese intime Geste
auf kaltem, lackiertem Holz hatte etwas Mitleiderregendes an sich.
    Ich kauerte mich vor sie hin und nahm ihre freie Hand, die in ihrem
Schoß lag.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte ich. Mir war bewusst, dass nichts, was
ich sagte, sie trösten konnte.
    Ein wenig ratlos sah sie mich an, als müsste sie mich erst noch
einordnen. In den vergangenen Tagen hatte sie kaum geschlafen. Auf den
Schrecken über Peters Verschwinden war zunächst die falsche Hoffnung gefolgt,
die seine SMS in ihr geweckt hatte, und schließlich die Erkenntnis, dass er
tot war. Jetzt, wo sie ihren Sohn wiederhatte, würde sie hoffentlich wenigstens
richtig trauern können. Ich sorgte mich bloß darum, was diese Trauer mit ihr
anstellen könnte.
    »Wenn Sie etwas brauchen, Caroline, sagen Sie es einfach.« Ich stand
auf, um zu gehen.
    Sie versuchte, ebenfalls aufzustehen, legte mir die Arme um den Hals
und zog mich dicht zu sich heran.
    »Es war nicht meine Schuld«, krächzte sie. »Ich habe das nicht
getan.«
    »Niemand hat das getan, Caroline«, erwiderte ich und drückte sie
fest an mich. »Es war ein schrecklicher Unfall. Niemand hat Schuld daran.«
    »Ich habe das nicht getan«, wiederholte sie in hysterischem Ton und
wurde immer lauter.
    »Aber Caroline«, setzte ich an, während ich versuchte, mich aus
ihrer Umarmung zu lösen, um sie anzusehen. »Es ist niemandes Sch…«
    Sie nahm mein Gesicht in beide Hände und zwang mich, sie anzusehen.
»Ich habe das nicht getan. Es ist nicht meine Schuld. Es ist nicht meine
Schuld. Es ist nicht …«
    Diese Worte wiederholte sie immer wieder, bis sie in Schluchzen
untergingen. Sie legte den Kopf in meine Halsbeuge. Ihr Vater, der sie offenbar
im Erdgeschoss gehört hatte, erschien neben uns, legte ihr die Hände auf die
Arme und versuchte, uns voneinander zu lösen.
    Caroline sah mich flehentlich an, die Augen entsetzt aufgerissen,
während ihr Vater sie in die Arme nahm. Simon Williams saß immer noch
kerzengerade auf seinem Holzstuhl und starrte mit undurchdringlicher Miene an
die gegenüberliegende Wand.
    Im Erdgeschoss bot Carolines Mutter Rose uns Tee an, ehe
wir uns auf den Heimweg machten. Da entdeckte ich Joe McCready, der allein in
einer Ecke saß, eine Tasse in der Hand, die Garda-Mütze übers Knie gehängt.
    »Einen kleinen Moment noch«, sagte ich zu Debbie, die bei Rose stand
und ihr ihr Beileid aussprach.
    McCready erhob sich, als ich zu ihm trat, und wirkte erleichtert,
dass er mit jemandem reden konnte.
    »Inspector«, begrüßte er mich.
    »Schön Sie zu sehen, Joe. Was machen Sie hier?«
    Er sah sich um und errötete.
    »Ich hatte das Gefühl, es wäre … nicht meine Pflicht, aber …«
    »Verstehe. Aber das geht weit über Ihre Pflichten hinaus, Joe.«
    »Dasselbe könnte ich Ihnen sagen«, erwiderte er lächelnd.
    »Caroline ist eine Freundin von mir«, erklärte ich ihm und holte
meine Zigaretten hervor. Im Haus eines Fremden zu rauchen wird im Allgemeinen
nicht gerne gesehen, aber bei Totenwachen wird eine Ausnahme gemacht. Schon bei
meiner Ankunft waren mir mehrere rauchende Trauergäste aufgefallen. Zugegeben,
die meisten waren ältere Männer, die gelbliche, lose gefüllte Selbstgedrehte
rauchten. Ich bot McCready eine meiner Zigaretten an, doch er schüttelte den
Kopf.
    »Danke, Sir, ich rauche nicht.«
    »Gesundes Leben für einen Polizisten«, bemerkte ich und zündete
meine Zigarette an. »Verheiratet?«
    »So gut wie, Sir.« Er lächelte.
    »Glückwunsch. Wann ist der große Tag?«
    »Dezember, Sir.«
    »Wie findet …?«
    »Ellen«, half er mir.
    »Wie findet Ellen, was Sie so machen?« Ich schwenkte den Arm durch
den Raum, doch eigentlich meinte ich den Umstand, dass er

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