Aufstand der Gerechten
was in den Köpfen dieser Typen vorgeht?«, versetzte
Nicell. »Könnte auch eine Privatfehde zwischen den beiden gewesen sein. Aber es
klingt ganz so, als wäre er Ihr Mann. Ich höre mich mal um und lasse Sie
wissen, was ich so erfahre.«
Wir hatten Huttons Leiche erreicht, und Nicell kniete sich daneben,
um die Schusswunde am Kopf zu untersuchen.
»Der Leichenbeschauer war noch nicht da«, warnte ich ihn.
»Arme Sau«, sagte Nicell. »Aber der Scheißkerl hat es auch drauf
angelegt – er musste ja unbedingt weiter dealen.«
»Wenn er so ein kleiner Fisch war, was interessiert Sie dann daran?«
Bei einem früheren Fall war einmal das National Bureau of Criminal
Investigation, eine zentrale Abteilung von An Garda, die sich mit schweren
Verbrechen befasst, mitten in einer Ermittlung aufgetaucht und hatte die
örtliche Polizei ins Abseits gedrängt. Ich wollte nicht, dass sich das mit dem
Rauschgiftdezernat des County wiederholte.
»Ganz ehrlich? Nichts. Ihr Boss hier will, dass wir uns bei einer
Pressekonferenz zeigen, die er anberaumt hat, um bekannt zu geben, dass man
Huttons Leiche gefunden hat. Diese Rising-Truppe hat ihn gereizt. Ich glaube,
er will die Öffentlichkeit beruhigen, dass die ›Drogenfahndung‹ an dem Fall
dran ist. Totaler Quatsch natürlich. Einfach nur eine Scheiß-PR-Maßnahme.«
»Was hat es mit The Rising auf sich?«
»Weiß der Geier. Das Einzige, was die geschafft haben, ist, ein paar
Dealer in den Untergrund oder aus dem County zu scheuchen. Hutton und Kielty
sind bloß zwei von einem halben Dutzend Dealer, von denen wir wissen, dass sie
ihre Zelte abgebrochen haben, bis hin nach Inishowen. Allerdings ist die Aktion
in Huttons und Kieltys Fall etwas dauerhafter.«
»Wissen Sie irgendetwas über einen Mann namens Vincent Morrison?«
Nicell zuckte die Achseln. »Nein. Warum?«
Ich erzählte von meinem früheren Aufeinandertreffen mit Morrison.
»Er ist ein aalglatter Kerl, und er ist buchstäblich mit Mord durchgekommen.
Wenn er mit The Rising zu tun hat, dann steckt mehr dahinter, das könnte ich
schwören. Er ist nicht der gemeinnützige Typ.«
»Ich frage mal rum, vielleicht finde ich ja was raus«, erwiderte
Nicell. »Aber ich habe seinen Namen bisher in keinem Zusammenhang gehört. Wenn
ich sonst noch was für Sie tun kann, klingeln Sie einfach durch«, schloss er
und reichte mir seine Visitenkarte.
In diesem Augenblick traf John Mulrooney, der Leichenbeschauer,
endlich ein. Er stand am Fuß des Hangs und sah zur Leiche hoch. Schließlich
blies er die Backen auf und machte sich an den Aufstieg, wobei er sich der
schwarzen Arzttasche bediente, um das Gleichgewicht zu wahren. Auf halbem Weg
rutschten die Füße unter ihm weg, und er landete mit ausgestreckten Armen mit
dem Gesicht im Schlamm. Irgendwie gelang es ihm, die Tasche über dem Boden zu
halten.
»Scheiße!«, brüllte er. Nicell und ich rutschten zu ihm hinunter, um
ihm aufzuhelfen. Die Übrigen um uns herum konnten sich vor Lachen kaum halten.
Mulrooney untersuchte Hutton oberflächlich, unterschrieb
den Totenschein und ging wieder, ohne viel gesagt zu haben. Huttons Leiche
durfte nicht angerührt werden, bis der Rechtsmediziner eintraf und eine erste
Untersuchung vornahm. Ich hatte Caroline Williams versprochen, zu Peters
Beerdigung zu kommen. Ich wollte nach Hause fahren und duschen, ehe Debbie und ich
losfuhren. Zuvor jedoch musste jemand Lorcan Huttons Eltern aufsuchen und sie
von seinem Tod unterrichten. Ich schlug Patterson vor, er könne das tun.
»Lifford ist Ihre Wache, Devlin. Sie kriegen das schon hin.«
»In diesem Fall schicken Sie mir bitte ein Spurensicherungsteam zum
Rolston Court. Außerdem will ich, dass ein weiteres Team Ian Hamills Wagen
untersucht. Wir haben ihn gestern Nacht im Barnesmore Gap gefunden.«
»Ja, Inspector«, sagte er gedehnt. »Zum Glück habe ich Sie, sonst
wüsste ich gar nicht, wie ich meine Arbeit machen muss.«
Huttons Eltern saßen nebeneinander auf ihrem Ledersofa,
während ich sie darüber informierte, dass die Leiche ihres Sohnes gefunden
worden war, und sie bat, ihn im Krankenhaus in Letterkenny offiziell zu
identifizieren.
Beide waren von Beruf Arzt, was vielleicht auch die klinische,
professionelle Art erklärte, mit der sie die Nachricht vom Tod ihres Sohns
aufnahmen. Möglicherweise hatten sie auch schon lange mit einem solchen Besuch
gerechnet, da sie vom Lebensstil ihres Sohnes wussten.
»Wie ist er gestorben?«, fragte Mr Hutton, lehnte sich zurück,
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