Aufstand der Maenner
bringen und das Glück< - ein Seufzer entrang sich Garp, als seine Gedanken diese seine eigenen Worte wiederholten. Übermenschlich sei die damit gegebene Verheißung, mußte er denken, und wenn er sich auch der täglich wachsenden Macht bewußt war, die sich in seinen Händen sammelte, so mühte er sich doch, immer ihre Grenzen im Auge zu behalten. Die Gläubigen seien in ihrer Begeisterung blind und nur in diesem Zustand unüberwindlich. Er aber müsse für die Blinden sehen - für alle nur er.
Nicht ewig konnte der Rausch währen, von dem er in Knossos getragen worden war. An Adna hatte sich dieser Rausch gebrochen.
Die Überzeugung, daß sie seinetwegen den Gott nicht sehen würde, zwang ihn, die Gnadenwahl durch die Vernunft bestätigen zu lassen. In seinem Gemach saß er, und er war allein. Am Finger seiner Rechten glomm der Ring. Es ist kein Zweifel. Egel habe ihn erwählt und habe ihn geweiht. Ein unanfechtbares Gottesurteil habe ihn über alle Menschen erhoben, um ihm die Last aller Menschen aufzulegen. Gottes Wille sei der Aufstand; um der Freude eine Bresche zu schlagen, sei er unvermeidlich. Der liebende Gott wolle die Beglückung und nicht die Vernichtung der Menschen. Wenn er, Garp, aus irdischer Unzulänglichkeit versage, dann habe das Irdische, habe Rhea gesiegt. Dann sei er der Verworfenste der Verworfenen. Nicht zu zerstören, zu erwecken sei Bak gekommen.
Leichten Herzens hatte Garp Knossos, den Mittelpunkt aller Gläubigen, nicht verlassen. Aber nun sei seine Arbeit in Maaletauro bald getan, überlegte er, stark sei Bak jetzt unter den Reitern, und nie mehr könnten die Pferde gegen das göttliche Wort eingesetzt werden. Das wenigstens sei sicher, und wahrscheinlich würde er sich ihrer bedienen können, wie er wolle.
Darüber, daß nur in Knossos die Entscheidung fallen könne, war Garp sich klar. Alle Kräfte des Aufstandes müßten dort entfesselt werden gegen den Minospalast, der immer noch über erhebliche Gewaltmittel und in jedem Winkel der Insel über Augen und Ohren verfüge, die für ihn sahen und hörten. Wie weit man dort etwa unterrichtet sei, wußte Garp freilich nicht; aber, das Schlimmste angenommen, sei die Verhaftung der Dionysier ein nicht zu widerlegender Beweis seiner ohnehin öffentlich erhärteten Rheagläubigkeit. Er hatte das wohl bedacht. Die Unterredung im Kerker sei von einem Außenstehenden nur als Vernehmung zu deuten, und nach der Freilassung brauche er kein Wort mehr mit den Gefangenen zu wechseln, was nur als eine Ablehnung von Verdächtigen ausgelegt werden könne.
Mit Bud hatte er noch eingehend über Adna und Thes gesprochen und ihm den Hinweis gegeben, daß beide zu gewinnen, ihnen aber vorerst jeder tiefere Einblick in den hierarchischen Zusammenhang der Gläubigen untereinander zu verwehren sei. Außerdem besaß Bud keinen hohen Rang, wenn auch den höchsten unter den Dionysiern in Maaletauro - viel konnte er demnach nicht verraten. Eine etwaige Gefahr jedoch wurde in Garps Augen durch den großen Anhang aufgewogen, den Thes unter der Masse hatte. Garp war durchaus geneigt, dem Taureador beim Aufstand eine leitende Stellung, allerdings niemals die Führung einzuräumen. Ehe er einem Manne von der Unbedenklichkeit des Atheners letzte Entscheidungen überlassen hätte, würde er lieber auf ihn verzichtet haben.
Auf Tuk verzichtete er ohnedies schon. Wenn der Schreiber mit seinem Wissen um den Glauben in die Gemeinschaft der Gläubigen eindringe, dachte Garp, dann werde dem ehemaligen Priester und Ephoden ein großer Einfluß beschieden sein. Garp wußte ja, mit welcher Inbrunst Tuk Weihe und Ring von Egel erfleht habe . . . Würde er sich damit abfinden, beides nun im Besitz seines Herrn zu sehen? Garp glaubte es nicht. Er war überzeugt, daß Tuk niemals selbst aufrichtig dienen, sondern immer hoffen würde, seines Herrn
Herr zu werden. Er wußte um Tuks Fanatismus, der sich allein im Zerstören wollüstig zu erleben vermöge und weder hegen oder gar aufbauen könne. Nein - nicht teilhaben durfte Tuk am Aufstand. Auch dafür hatte Garp gesorgt.
Noch einmal überprüfte er alles genau und fand keine Fuge in seinem Plan. Und doch war er unbefriedigt - zu fern fühlte er sich der Offenbarung in der Werkstätte des Zeia. Damals war er der gewissen Zuversicht gewesen, daß der Gott unter ihnen sei, und mit ihm hatten es alle geglaubt. Jetzt fühlte er sich allein. Wo bleibe Bak, das Werk seines Geweissagten zu bestätigen oder zu verwerfen?
Er heftete
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