Aufstand der Maenner
Maaletauro gelassen zu haben, was sie nun vermißte. Von Garp sprach sie nicht, von Thes nur wenig. Sie gab vor, nicht zu wissen, was der Taureador beginnen wolle, und schließlich war er eine so untergeordnete Person, daß es sich für die Große Dame nicht geschickt hätte, ihm viel nachzufragen. Auch Belit erzählte nichts von den letzten Vorgängen in Knossos und nichts von Garp. Zu schwer wäre es ihr geworden, es zu tun.
Noch niemals war Adna so willfährig gewesen wie gerade jetzt. Die Nachricht, daß sie den Sohn der Arta heiraten solle, nahm sie mit Gleichmut hin, lag es doch bei ihr, ob sie sich seiner bedienen werde oder nicht. Wichtig waren ihr anscheinend nur die standesgemäßen Vorbereitungen zur Hochzeit, zu denen auch ihre Zurückgezogenheit in der Tempelhöhle gehörte. In ihren Kreisen waren die Zeremonien fast alles, was von der Ehe noch übriggeblieben war. Darin versäumte sie nichts: Sie empfing weder Besuche, noch machte sie welche, wozu auch keine Zeit gewesen wäre, denn unmittelbar nach der Audienz bei Belit reiste sie weiter.
Ihr Aufenthalt in Knossos hatte kaum einen Tag gewährt.
Wenige Stunden später empfing die Große Dame die Nachricht, daß ihre Pferde Kreta durchstreiften. Ihr war, als sei der Hauptpfeiler eines Gebäudes geborsten, das sie mit Mühsal errichtet hatte. Aus verschiedenen Orten kamen die Schnelläufer mit ihren Botschaften, und so ersah sie aus der Richtung, daß es darauf abgesehen sei, dem Geblendeten und dessen Wächtern den Weg zur Grube zu verlegen. Auch von Thes erfuhr sie nun. Die ganze Größe des Unheils erkannte sie so klar, daß sie im ersten Augenblick den Wunsch verspürte, ihrer Enkelin nachjagen und sie zurückrufen zu lassen. Sie kannte ja deren Beziehungen zu dem Taureador.
Doch dann unterließ sie es. Um ihr Eigentum zurückzuerhalten, hätte sie keine Erniedrigung gescheut, weder die eigene noch die ihrer Enkelin. Aber - sie traute Adna nicht mehr. Ihre Enttäuschung durch Garp war so groß und so tief, daß sie niemandem mehr traute. - Nicht einmal sich selbst.
Auf den Knien lag sie vor ihrem Hausaltar und der Doppelaxt . . . aber die Göttin blieb stumm, und auch die Schlangen wußten ihr keine Antwort. Nicht Botinnen der Göttin waren sie ihr mehr, sondern nur noch kriechendes Getier.
Jäh sprang Belit auf und streifte die Ringelnden ab. Sie wollte fliehen und wußte doch nicht, wohin. Stehen blieb sie in ihrem Gemach, das sie wie ein Gefängnis umschloß. Was so viele Jahre zu ihr gesprochen hatte - die Blumen, die Tiere, die Frauen in diesen wundervollen Fresken -, alles das war verwelkt, war ein Einst, das niemals mehr wiederkehren würde. Voll Gier lauschte sie, aber sie hörte nichts als das Pochen ihres müden Herzens . . .
»Wo ist er . . .?« flüsterte Zeia.
»Der Geblendete ist nicht Garp -«, sagte Tuk.
»Wo ist der Geweissagte?«
»- ein Fremder ist er, ein Sklave —«
»Hat uns Gott verlassen?«
Von Thes und seinen Reitern war der Transport des Geblendeten, der füir die Welt Garp hatte sein sollen, abgefangen worden. Ganz verstört war Zeia über die Täuschung, und zuerst hatte auch Tuk seine Gelassenheit verloren. Er war so sicher gewesen, daß er Garp in seine Hände bekommen würde, und zwar in einem solchen Zustand, um ihn bedingungslos für seine Zwecke gebrauchen zu können. Eingedrängt hatte sich Tuk in die Gemeinschaft der Gläubigen, und er war es dann gewesen, der den Abgefangenen heimlich nach Knossos und zu Zeia hätte bringen lassen. Jetzt freilich bestand kein Zweifel mehr, daß sie einer Täuschung erlegen waren. Aber inzwischen hatte Tuk Zeit gehabt, sich zu fassen, und nun saß er Zeia in dem kleinen Raum gegenüber, in des Gehöftes innerem Gemach, aus dem kein Laut herausdrang. Der Geblendete war wieder fortgebracht worden. Beide waren allein. Dem zusammengebrochenen Zeia fühlte sich Tuk überlegen. Wohl empfand er das Geheimnis von Garps Verschwinden wie eine drohende Wolke. Jeden Augenblick konnte dessen Wiedererscheinen seine Berechnungen durchkreuzen, seine Entwürfe über den Haufen werfen -darauf wollte er es ankommen lassen. Warten konnte er nicht.
»Warum verließ uns der Gott?« fragte er.
»Als er seinen Geweissagten von uns nahm«, sagte Zeia.
»Bist du dessen so sicher, mein Vater?«
»Wie denn sollte es sonst sein?« »Überlege! War eure Gemeinschaft im Herrn nicht fest und wohlgeordnet? Was fehlte euch? Der Entschluß!«
»Wir warteten auf den Geweissagten.«
»Und er kam
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