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Aufstand der Maenner

Titel: Aufstand der Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Göttin, der du opferst, und dazu hast du noch einen Gott. Du bist wohlversehen. Obwohl ich nicht weiß, wie das zugehen kann. Ein Gott? Gibt es das? Mir genügt meine Göttin vollkommen. Zumal sie mich nicht mag. Im Gegenteil! Sie sinnt auf mein Verderben. Wem also soll ich vertrauen, wenn nicht mir selbst?«
    »Mir vielleicht. Ich rate dir gewiß nicht schlecht, mein Garp; denn ich brauche dich noch. Und was du meinen Spott nennst, ist die Wahrheit, die du noch verstehen wirst.«
    Viel allerdings hatte Garp noch zu lernen. Doch wenn er dasselbe wisse wie Jokbed, dachte er, und dazu noch alles, was er von Wadd gelernt habe, dann sei er beiden überlegen. Dieser Gedanke gefiel ihm. So war er denn sehr bereit, sich anzueignen, was Jokbed ihm beibringen konnte. Er tat es allerdings nicht, ohne ihm zu mißtrauen, weswegen der Alte ihm keineswegs zürnte, sondern wozu er ihn selbst anhielt. Es war dies der größte Beweis von Wohlwollen, dessen Jokbed fähig war. Auch von seinen Kameraden hatte Garp gelernt, und selbstverständlich dadurch, daß er Punikrum beobachtet hatte. Immer aber blieb er überzeugt, daß er mehr durch Hören lerne als durch Reden und am meisten durch Sehen.
    Da waren nun diese Häuser.
    Garp war nie in Themiskyra gewesen und hatte ein festes Haus nur aus den Erzählungen des Wadd gekannt. Höhlen seien diese Häuser, dachte er, als er die Stadt betrat, und wieder auch nicht, denn sie fuhren keineswegs in den Berg hinein, sie sind selber der Berg. Zuletzt entschloß er sich, sie als überlebensgroße steinerne Zelte anzusehen. Beim Anblick einiger Säulen war ihm dieser Gedanke gekommen. Erst hatte er ein unangenehmes Gefühl bei ihrem Anblick gehabt, und dann hatte er sie als Stangen dieser Zelte anerkannt.
    Allerdings waren Säulen selten. Die Mehrzahl der Hauswände war glatt und höchstens durch eingelassene Loggien unterbrochen. Auch machten die geraden Firste und die einfachen Treppengiebel Garp zu schaffen, am meisten aber die mit Stoffen verhangenen oder offenen Fenster. Geradezu Mißbehagen verursachte es ihm jedoch, daß sich die Häuser so eng aneinanderdrückten. Voller Schluchten schien ihm auf diese Weise die Stadt. Und wenn man glaubte, aus einer heraus zu sein, sei wieder eine andere da und wieder eine.
    Kaum irgendwo gebe es einen Blick ins Unbegrenzte, auf die Berge oder aufs Meer. Mit dem Meer vertrug Garp sich ausgezeichnet. Er hatte die Steppe, die richtige, unermeßliche Steppe, nie gesehen, aber die Sehnsucht nach ihr immer im Herzen gehabt. Nun hatte ihm das Meer das Gefühl der Weite geschenkt, und dafür liebte er es. In den Straßenschluchten sah er freilich kaum etwas von ihm - dafür sah er Menschen. Überall waren die Ameisenmenschen Kreter, wie seine Begleiter ihm sagten. An den Füßen trugen sie, wie Garp selbst, Sandalen. Aber die der Kreter waren reich verschnürt, und die Enden der langen Riemen hatten sie um die Beine gewickelt. Je vornehmer die Männer waren, um so höher reichten, schien es Garp, die Riemen. Mehr zum Schmuck waren sie da, wie er merkte, als zum Halten. Auch Männer in langen Gewändern wie Punikrum zeigten sich, Kaufleute aus Syrien. Doch wurden sie wegen ihrer Kleider nicht mehr beachtet als die stolzen Ägypter in ihren Schurzen. Es komme wohl auf die Kostbarkeit der Stoffe an, dachte Garp, nicht so sehr auf deren Fülle. Dabei erfreute er sich des Glanzes seines neuen Schurzes, den er für sehr kostbar hielt. In dieser großen Hafen- und Handelsstadt erregte jedoch niemand und niemandes Kleidung Erstaunen. Auch begriff der Jüngling, daß sich hier vielerlei Volks treffe, und wenn er plötzlich eine seiner Gebietenden erblickt hätte, wäre er vielleicht trotz aller Feindschaft sehr stolz gewesen. Aber er wußte ja, wie streng die Amaza sich gegen Fremde abschlossen, und da er keiner von ihnen begegnete, glaubte er, daß diese Stadt ihnen nicht unterworfen sei.
    Überhaupt sah er nur wenig Weibliches auf der Straße, jedenfalls nicht so eindeutig, wie er es am Phasis gewohnt gewesen war. Hier und da eine von Männern getragene Sänfte oder eine verhüllte, anscheinend waffenlose Gestalt, der die Männer ehrerbietig Raum gaben. Es war heller Mittag, und Garp konnte nicht wissen, daß die Frauen ihre weiße Haut ungern der Sonne aussetzten.
    Genaugenommen bekam er aus diesem Grunde überhaupt keine Frau zu sehen. Sie wäre ihm auch nur als ein unbekanntes, fremdes Wesen erschienen, das er als Mensch in seinem Sinne kaum noch erkannt hätte.

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