Aufstand der Maenner
schwer, Neues zu erlernen; denn die beste Gelegenheit dazu hatte er in der Stadt, und diese Gelegenheit fehlte. Es waren die Pferde, die seiner ständig bedurften.
Ohne die Große Dame Belit mit ihrem berühmten langen Arm wäre es wohl fraglich gewesen, ob die Stadtregierung es erlaubt hätte, eine so große Anzahl dieser gefährlichen Tiere überhaupt auszuschiffen. Wie mächtig Belit jedoch war, konnte man an der Tatsache ermessen, daß sie nicht nur eine große Kauffrau war, sondern auch im hohen Rat des Minos von Knossos saß. Knossos aber beherrschte das ganze Mutterland Kreta, und das Mutterland hielt seine Hand über das Westland der Achäer weit über die Landenge hinaus bis Dordona und den Sitzen der Dorier im Norden. Auch die Inseln im Osten und Westen gehorchten Kreta, und obgleich viele sagten, daß es die Leute aus Lykien und Karien gewesen, die zu den Eteokretern, den Urkretern, nach der Insel gezogen seien, so gehorchten auch Lykien und Karien jetzt Kreta und nannten es wie dessen Bewohner das Mutterland, war es doch das Land der Großen Allmutter, der unter gleicharmigem Kreuz verehrten Rhea. Milet nun war Kariens große Stadt, und so hatten die Regiererinnen dem Brief und dem Siegel Belits sich gebeugt. Eine schwarze Tontafel war der Brief, gut im Feuer gebrannt, damit die Schrift nicht verwische.
Aber durch die Stadt . . . nein, durch die Stadt hatten die Tiere nicht geführt werden dürfen. Doch war ihnen, um sie
wie man gesagt hatte - bei guter Laune zu halten, ein breiter und langer Uferstreifen am Mäander eingeräumt worden, allerdings nur unter der Bedingung, daß er eingehegt werde. -Jeden Tag stöhnte Punikrum über die Kosten für die Einzäunung. Und es sei die Dame Belit, die sie tragen müsse, fügte er jedesmal hinzu, weil diese Unkosten im Preis nicht einbegriffen seien.
Das alles nützte ihm jedoch nichts, solange die Dame Belit nicht da war, und auf diese Weise blieb auch Garp vorerst Alleinherrscher auf der Koppel, was ihn leidigerweise so schwer abkömmlich machte. Er mußte seine fünf Mann, von denen einige schon mal einen Esel am Schwanz angefaßt hatten, erst noch anlernen, damit sie dazwischenfuhren, wenn sich die Hengste ineinander verbissen. Das Unglück hatte es nämlich gewollt, daß der Rapphengst nicht viel schwächer als Draup war und dem Gemahl der Göttin weniger Respekt bezeigte, als sich gehört hätte. Ein kleines Wohlwollen konnte Garp dem Rappen gegenüber nicht unterdrücken. Der scheine auch nicht gut mit der Göttin zu stehen, glaubte er annehmen zu dürfen. Den Hengst Draup aber verführte Garp mit allen Mitteln, um ihn seiner göttlichen Gemahlin abspenstig zu machen. Und da nun die Pferde beiderseits seine Zuneigung erwiderten, kam es zuweilen zu einer kleinen Auseinandersetzung zwischen den Hengsten auch darüber, wer nun dem Knaben Garp zuerst ins Gesicht schnauben dürfe, um auf diese Art dem andern in der Begrüßung zuvorzukommen. Schwierigkeiten gab es zu überwinden, denen Garps Männer, obwohl sie sehr stolz auf ihr Amt waren, sich doch nicht recht gewachsen fühlten. Dazu wurde der kleine Unfall Punikrums freilich nicht gerechnet. Der Langrock hatte, allem Abraten zuwider, die Koppel betreten und war dabei einem Fohlen zu nahe gekommen -natürlich von hinten, statt von vorn, so daß er beim Auskeilen des Füllens mit der harten Hufschale einen gefährlichen Schlag ans Schienbein erhalten hatte. Er mußte fortgetragen werden und wirkte dabei wohl mitleiderregend, aber doch nicht ganz so heldenhaft, wie es seine Absicht gewesen sein mochte.
Allerdings hatte er dem Volk, dessen Menge am Gatter mit jedem Tag wuchs, kein Schauspiel geben wollen. Den kleinen Leuten lief ohnehin schon allein beim Anblick der gefährlichen Tiere ein erregender Schauer über den Leib. Aber es waren auch Vornehme unter den Zuschauern, sehr viele sogar, und darunter besonders eine Frau mit Fächerträgern und Knaben in einer Sänfte, die von vier Negern getragen wurde. Dieser Frau in Gold und Juwelen zu gefallen lohnte sich für Herrn Punikrum schon. Denn sie war Sipha, die Tochter der Großen Dame Belit, und er empfand es als eine Schmach, daß ihm vor deren Augen von einem Pferdekind so übel mitgespielt worden sei.
Dennoch war Herr Punikrum dem Füllen nicht so gram wie dem Knaben Garp, und zwar nur, weil Dame Sipha gerade sagte:
»Ob der Amaza-Junge heute wohl reiten wird?«
Diese Frage hatte eine Vorgeschichte. Dame Sipha war nicht das erstemal hier. Die Drohung
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