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Aufstand der Maenner

Titel: Aufstand der Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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der Unterwerfung der Körper nicht die der Seelen und verzichte nicht auf die Religion als eine Dienerin ihrer Lüste, denen bei ihr alles dienen müsse. Als wenn Belit dabeigewesen sei, wußte sie um Siphas Opferfest vor dem Altar der Eröffnenden Rhea. So nenne man bei den Irregeleiteten ja wohl jenen verbotenen Geheimkult aus dem Osten, wo man Rhea als die Göttin Ischtar oder auch Astarte verehre und daneben noch — heidnischer Aberglaube! - einen Gott anbete. Es gebe sonst ganz vernünftige Leute, die diesem Kult gar noch das Wort reden, weil die eifrigen Astartedienerinnen und deren männliches Demutsgefolge den Gott verwerfen und man daraus die Hoffnung auf eine Bekehrung Phönikiens ableiten könne. Leichtsinnig sei das. Jede Neuerung sei eine Gefahr und diese zugleich eine für die Sitten. Diese lächerliche Lehre wolle durch die Entfesselung und Befriedigung aller Triebe die fleischlichen Begierden überwinden und dadurch den Geist befreien. So etwas könne nicht aus einem klaren weiblichen Gehirn gekommen sein, sondern schmecke ganz nach männlichen Verstiegenheiten. Sipha jedenfalls komme es wohl mehr auf die Entfesselung als auf die Überwindung an, und der arme Junge da vor ihr sehe auch recht mitgenommen aus. Höchste Zeit sei es gewesen, der schwierigen Tochter unter Androhung gesegneter Prügel zu befehlen, das Kind nicht mehr zu sich zu lassen, und die Tochter selbst zu Fasten und Buße ins Idäische Heiligtum die Berge hinaufzuschicken.
    Garp lag immer noch auf den Knien, den Oberkörper zurückgebeugt und die erhobenen Hände der Großmutter in Anbetung zugekehrt. Ein flüchtiges Wohlwollen huschte über Belits Gesicht. »Du darfst dich erheben«, sagte sie.
    Und völlig heruntergekommen sei er auch wieder nicht, tröstete sie sich, und wenn das Zwischenspiel mit Sipha auch ärgerlich sei, so habe es ihn wenigstens aufhören lassen, ein Hammel mit fünf Beinen zu sein, ein Wundertier. Wäre er ein Mädchen gewesen, so hätte sie ihm längst einen oder den andern strammen Sklaven geschickt, sich ihrer bis zur Ehe zu bedienen. Das sei freilich bei einem Jüngling, der auf seine Unbescholtenheit achten müsse, nicht gut möglich. Eigenmächtig aber habe er sich insgeheim nicht versorgt -.soviel wisse sie und wenn er jetzt wohl auch wie ein blökendes Lämmchen hinter seiner entschwundenen Sipha her schreie, so werde sich das geben. Line Weile noch, und die wohltätigen Folgen seiner Erlösung von allzu wörtlich genommener Keuschheit würden sich einstellen.
    Ein wenig Zerfahrenheit hätte Belit allerdings bei Garp lieber gesehen als die kühle Gelassenheit, mit der er ihr jetzt berichtete. Schon oft hatte er in dieser Weise vor ihr gestanden. Dieses Mal waren es die Bergwerke, über die er sprach. Und was er zu sagen hatte, war nicht ungünstig. Das Ausbleiben der Erze aus dem Taurus hatte die Preise aus dem Inlandsmarkt in die Höhe getrieben.
    »Wir müssen unsere eigenen Förderungen sofort erhöhen«, sagte Belit.
    »Mit ungelernten Arbeitern? Ich fürchte, sie ständen uns nur im Wege.«
    »Man muß sie anlernen.«
    »Natürlich kann man das, und ich habe schon neue Einstellungen verfügt. Aber Mütterchen sagten »sofort<. Derartige Maßnahmen können sich erst in anderthalb bis zwei Jahren auswirken.«
    »Ich sagte »sofort<, und ich sagte das nicht wegen des Gewinns. Ja, ich wäre mit einer vorübergehenden Senkung der Erträge einverstanden, wenn das die Förderung zu heben vermöchte. Solange die Unruhen bei unsern Schutzgenossen und den Unterworfenen andauern, müssen wir alles, was wir nur können, aus Kreta selbst herausholen. Sogar durch Raubbau, wenn es sein muß. Wir befinden uns in einer Krisis, Garparuda.«
    »Wir befinden uns in einem Krieg, Mütterchen.«
    »Willst du mich lehren? Noch nie sah diese Insel einen Krieg - ich meine einen Krieg vom Festland her. Ich bin alt genug, um das zu wissen.«
    »Wie Euer Heiligkeit wünschen. Tatsächlich hat dieser Krieg die Insel noch nicht erreicht, und so mag er denn Krisis heißen. Aber ich sehe nicht, wie diese Krisis zu beenden wäre. Kreta gibt mehr aus, als es hervorbringt.«
    »Und der Handel?«
    »Euer Heiligkeit wissen, wie sehr er zurückgegangen ist und daß er heute nicht mehr die Kosten für die Schiffe hereinbringt, die ihn schützen. Das wird sich nicht ändern. Die Steuern richten alles zugrunde. In den überseeischen Gebieten werden immer mehr Menschen aus ihren Häusern und von ihren Äckern vertrieben. Wohin gehen sie?

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