Aufstand der Maenner
Herrlichkeit inzwischen anderer Meinung geworden sein? Dann bitte ich, es mir nicht anrechnen zu wollen. Mir fehlte die Gelegenheit, mich darüber zu unterrichten, welcher Meinung mein Herr ist.«
Garp kümmerte sich nicht um den kaum noch versteckten Hohn hinter Tuks Worten.
»Welcher Meinung ich bin? Ich weiß es nicht. Ich wäre sehr froh, wenn es mir einer sagte. Weißt du vielleicht, was ich meine?«
»Es hat Sie übermannt, Herr«, sagte Tuk, und das war, wenn auch kein offenes, so doch ein deutliches Wort.
»Ja, Tuk, die Frau ist stärker.«
Zu allen seinen Wirren bekannte sich Garp.
»Zuweilen, Herr«, schränkte Tuk jedoch ein. »Im Falle meines Herrn bedaure ich dieses Zuweilen nicht. Man muß es durchgemacht haben, doch nur mit dem Körper. Solange die Seele unberührt bleibt, bedeutet es nichts als eine wohltätige Klärung der Säfte. Hinterher ist man gefeit.«
Keiner hatte den Namen der Sipha genannt, und doch stand ihr Name so plötzlich mitten zwischen den Worten der Männer. Freilich nicht lange.
»Wirklich gefeit?« fragte Garp und bog das Gespräch um: »Was ist mit Adna? Sahst du sie inzwischen?«
»Ich bin der Pfleger ihres Leibes . . . oder vielmehr ich war es.«
»Du bist es nicht mehr?«
»Nein - Befehl Ihrer Heiligkeit - mein Herr wird verstehen . . .«
Garp verstand mehr, als er sollte.
»Dann warst du es«, fragte er, »der Adna von mir und Dame Sipha erzählte?«
»Ja.«
»Warum ?«
»Mir schien es genug mit der Dame Sipha. Ich glaubte, Euer Herrlichkeit könnten die Gefährlichkeit Ihrer erlauchten Mutter unterschätzen.«
»Du bist nicht mein Schicksal, Tuk!«
»Aber vielleicht dessen Werkzeug?«
»Du bist weder mein Schicksal noch dessen Werkzeug«, sagte Garp um so härter, als Belit bereits die gleiche Bemerkung gemacht hatte. Nunmehr verwarf er sie zweifach. »Du wirst nicht mehr meinen Diener spielen, um mein Herr zu sein. Das ist vorbei, mein Tuk von den Schiffen des Jokbed! Bis vor geringer Zeit bin ich dem Joch der Frau ausgewichen, aber nur, um das Geschöpf eines anderen Mannes zu werden. Jetzt jedoch weiß ich, was die Herrschaft der Frau in Wirklichkeit ist. Sie ist das Gesetz der Erde. Sie ist Rhea. Unterwerfung unter den Willen eines anderen Mannes dagegen das erst ist Erniedrigung, das erst ist Schande. So fühle ich.«
Tuk sprang auf.
»Nicht meinem Willen wollte ich dich unterwerfen«, rief er. »Frei sein und Herr deiner selbst? Welch lächerlicher Knabentraum! Geh in den Wald, auf die Berge, töte, um zu essen, und vermeide ängstlicher als eine Begegnung mit dem Löwen die mit einem Menschen, dem gefährlichsten Leben, das lebt. Wärest du deswegen frei?«
»Wir sind allzumal die Gefangenen der Göttin, aus der wir kamen und zu der wir gehen. Wir sind uns nur geliehen.«
»Wir sind die Gefangenen voneinander: ich deiner, du meiner und wir beide die aller anderen. Wir sind allzumal Sklaven. Der Sklave ist das Ordnende, Aufbauende, auf ihm, nur auf ihm beruht diese Menschenwelt. Als ich mich dir anschloß, mein Garp, geschah es im Auftrag der andern, und nicht ich wollte dein Herr sein.«
»Wer sind diese andern?«
»Alle, die mühselig und beladen sind. - Es gibt einfache und rohe Völker, Sohn der Amaza, die ihren grausamen
Göttern blutige Menschenopfer bringen nicht mit Ruten, sondern mit Steinmessern, die das Herz aus der Brust schneiden. Auf diese Weise opfern sie ihre Besten. Solche Besten gibt es in Kreta nicht mehr oder kaum noch. Warum? Siehst du es nicht selbst? Sich doch nur unsere Damen an. Die wollen doch ganz gewiß sich selbst und die andern glauben machen, sie seien die Besten. Kannst du dir vorstellen, daß diesen kostbaren Wesen das Geopfertwerden deswegen eine Verlockung wäre? Sie opfern lieber die anderen, die vielen, und auf mancherlei Art, angefangen mit der täglichen Fron bis zur Arbeit der Geblendeten in der Grube der Vergessenen. Wenn das herrschsüchtige Geschlecht der Weiber Rhea sagt, meint es sich selbst. Laßt uns zurückkehren zu den einfacheren Sitten. Mögen die vielen wieder ihre Besten opfern. Aber alle! Damit keine Damen mehr übrigbleiben, um über diese Welt der Tränen, Seufzer und des Schweißes als Göttinnen dahinzuschweben. Meinst du nicht, daß die Gebadeten, Wohlriechenden eine leckere Götterspeise auf dem Opferstein wären? Für einen männlichen Gott, Garparuda? Glaubst du nicht, daß er seine Lust an ihnen hätte? Und wenn nicht der Gott - wir werden sie haben, diese Lust! Wir
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