Aufstieg der Toten: Roman (German Edition)
welche Rehteile mit welchem Gewürz am besten schmeckten. Er verstand zwar kaum ein Wort von dem, was er hörte, probierte aber brav alles aus, was vor ihm abgestellt wurde, und verbeugte sich mit Dankesworten vor jedem einzelnen Bürger.
Brewster, der seinen Kater inzwischen auskuriert hatte, nippte so vorsichtig an seinem Glas wie Sherman, ließ sich aber von seinem Nüchternheitsgrad nicht davon abhalten, sich zu vergnügen. Er versuchte außerdem, mit einigen jungen Frauen zu flirten, erhielt aber immer einen Korb.
Krueger hingegen lehnte an einem Baum und trank sein Bier in aller Stille. Die gleichen jungen Frauen, die Brewster einen Korb gegeben hatten, drängten sich ihm förmlich auf, damit er mit ihnen tanzte. Doch er lehnte jede Bitte höflich ab.
» Verdammte Kacke, Mann«, sagte Brewster und warf verzweifelt die Arme in die Luft, als die fünfte Frau erfolglos abzog. » Ich tue mein Bestes und krieg einen Scheiß, und du tust einen Scheiß und kriegst das Beste! Was geht hier vor?«
» Hast du Airheads gesehen?«, sagte Krueger, nachdem er einen Schluck getrunken hatte.
Brewster schüttelte den Kopf.
» Ist ’ne alte Filmkomödie. Ich spiele ›den lässigen Vogel‹. Da lehnt man sich irgendwo an, wirkt selbstsicher und tut so, als gäbe es in der gesamten Umgebung nichts, was seiner Beachtung wert wäre. Ja, und das macht die Damen scharf.«
» Und warum schickst du sie dann alle weg?«, fragte Brewster, stemmte die Hände in seine Hüften und schaute Krueger finster an.
» Gehört zum Auftritt«, sagte Krueger. » Irgendwann geht die Botschaft rum, dass da ein geheimnisvoller Soldat steht, der sich von nichts entzücken lässt, nicht mal von einem halben Dutzend junger Frauen. Und wenn das passiert, werden sich die wahren Schönheiten aufmachen, an dir vorbeizuflanieren, um dich zu ’nem Tänzchen zu verlocken. Warte nur ab.«
» Ach, leck mich«, sagte Brewster und zeigte ihm den Mittelfinger.
Denton wahrte Distanz. Er umkreiste, den Fotoapparat am Hals hängend, langsam den Stadtpark. Er hatte ihn schon früher am Tag ausgepackt, Aufnahmen des Schlachtfelds gemacht und nutzte nun die nächste Gelegenheit, seine Reise zu dokumentieren. Hin und wieder, wenn er Fotos von der tanzenden Menge, dem Geiger Buck, einem jungen Liebespaar auf einer Bank oder von Brewster machte, der Krueger finster ansah, weil dieser von ihn bewundernden Frauen umgeben war, erhellte sein Blitz den Park.
Rebecca war nirgendwo in der Nähe der Feier zu sehen. Sie befand sich noch zusammen mit Schwester Barrington und Mbutu Ngasy in der Klinik. Die drei taten ihr Bestes, um mit minimalen Vorräten jene Wunden zu behandeln, die bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen des Tages entstanden waren. Zwei Einheimische waren bereits an ihren Wunden gestorben, und man hatte sie bis zum nächsten Morgen, wenn sie beerdigt werden sollten, in der Leichenhalle aufgebahrt. Somit hielt sich noch immer ein Dutzend Menschen auf der Station auf, auch wenn es in der Umgebung keinen richtigen Arzt gab. Schwester Barrington war das, was einem Mediziner in Abraham am Nächsten kam.
An der Stadtgrenze paffte Deputy Willis eine der wenigen noch in der Stadt vorhandenen Zigaretten und schaute aufs offene Land hinaus. Hinter ihm erklangen die Musik und das Gelächter der Feiernden, sodass er, weil er Dienst schieben musste, während die anderen sich vergnügten, wieder mal das Gesicht verzog. Doch draußen in der Landschaft ragte eine unvergleichliche Steigerung der Feier in Abraham auf: ein Stapel geschwärzter und verkohlter Leichen. Noch immer stieg Rauch von ihren geplatzten und deformierten Gliedmaßen auf.
Die lassen wir als Warnung liegen, dachte Willis beim Anblick des Scheiterhaufens. Von jetzt an muss jeder, der nach Abraham kommt, an diesem Scheißanblick vorbei. Von mir aus. Solange ich lebe, will ich nie wieder einen Menschen erschießen müssen, und wenn ein Stapel verbrannter Leichen der Preis dafür ist, will ich ihn gern bezahlen.
Willis spuckte übers Turmgeländer, stützte sich darauf und seufzte schwer.
In der Nähe des Ortszentrums, dicht genug am Park, um die Musik zu hören und das Barbecue zu riechen, arbeitete José Arctura in seiner Werkstatt. Er musste seine Hälfte der Abmachung erfüllen. Seine Tochter war draußen, um sich auf dem Fest zu vergnügen, doch er hatte sich in seiner Garage eingeschlossen und war damit beschäftigt, die Fahrzeuge zu inspizieren, die Sherman und seine Freunde gebracht
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