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Aufstieg der Toten: Roman (German Edition)

Aufstieg der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Aufstieg der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Z. A. Recht
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wollte sich wohl an die Hindenburg erinnern? An Hiroshima? An den Holocaust?«
    » Kein geistig gesunder Mensch«, brummte Brewster.
    » Nein, nein.« Denton war da anderer Meinung. » Jeder geistig gesunde Mensch. Bilder sind zwar nur kleine Momentaufnahmen, Brewster, aber sie sind die Wahrheit. Die reine Wahrheit. Diese Welt wimmelt nicht von Absoluta. Ein Foto ist ein kleiner Ausschnitt solider absoluter Wahrheit. Deswegen möchte ich weitere Fotos machen. Falls einer von uns diese Sache überlebt und die gute alte Menschenrasse einen Neustart hinlegt, fragt sich vielleicht in hundert Jahren jemand: ›Was war damals wirklich los?‹ Dann kramen sie meine Fotos hervor und können sich alles in seiner beschissenen Glorie anschauen: Die Wahrheit.«
    Der Laster fuhr durch ein kleines Schlagloch und warf die drei Männer auf der Ladefläche in die Luft.
    Brewster richtete sich wieder ein und seufzte. » Ich glaub, ich versteh, was du meinst«, sagte er. » Es wird bloß immer schwieriger, einen Grund zu finden, sich Sorgen um die Zukunft zu machen. Versteht ihr?«
    Denton konnte ihm seine Gefühle nicht verübeln. In Suez hatte die Koalitionsstreitmacht Tausende von Köpfen gezählt. Damals war Brewster ein ziemlich zynischer, in Ehren ergrauter, fröhlicher Halunke gewesen. Als sie dann nach Scharm El-Scheich gekommen waren, waren sie kaum mehr als fünfzig Mann gewesen. Während der Überfahrt an Bord der USS Ramage war ihre Zahl weiter reduziert worden. Ein Dutzend Menschen hatten in Hyattsburg, Oregon, dran glauben müssen. Seitdem waren andere auf der Fahrt nach Osten ums Leben gekommen. Nun gehörten ihrem Trupp einschließlich Sherman und Thomas nur noch fünf Soldaten an.
    » Das Doc-Holliday-Syndrom.« Krueger saß noch immer bequem da. Wilsons Ableben hatte ihn zwar ebenso mitgenommen wie Brewster, doch irgendwie war es ihm gelungen, besser damit fertigzuwerden.
    » Was?«, fragte Brewster.
    » Was du da empfindest«, erläuterte Krueger. » Wegen der Zukunft. Ob irgendwas noch einen Sinn hat und so. Man nennt es Doc-Holliday-Syndrom.«
    » Nach dem Revolvermann?«
    » Genau.« Krueger nickte. » Ich hab was über ihn gelesen. Also nicht nur über ihn. Es war was Allgemeines über Cowboys. Als Junge war ich ein großer Western-Fan. Holliday hatte Tuberkulose. Heute ist die ziemlich selten, aber damals konnte man sie an jeder Ecke kriegen. Jedenfalls ist sie tödlich. Da Doc Holliday natürlich wusste, dass er früher oder später daran sterben würde, ist er alle möglichen verrückten Risiken eingegangen. Er meinte, er wäre doch ohnehin schon tot, warum sollte er sich also noch Sorgen um sein Wohlergehen machen?«
    » Und was ist aus ihm geworden?«, fragte Brewster.
    » Er ist an Tuberkulose gestorben«, sagte Krueger mit einem Grinsen. » Er hat’s geschafft, dass sich all diese Risiken irgendwann ausgezahlt haben.«
    » Na schön.« Brewster nickte langsam. » Und was willst du damit sagen? Dass ich mir ruhig eine Tonne Risiken auf den Hals laden kann, weil ich ohnehin irgendwann als Überträger ende?«
    Krueger runzelte die Brauen, dachte über die Frage nach und zuckte die Achseln. » Hab’s nur gesagt, weil du vielleicht so empfindest, dass dir alles schnurz ist, weil du dir vorstellst, dass du als Überträger endest.«
    » He, Mann«, sagte Brewster protestierend. » Wenn ich an die Zukunft denke, sehe ich ’ne verdammt alte Version meines jetzigen Ichs. Ich frage mich nur, was diese alte Version dann macht. Ob es dann noch etwas gibt, das es wert ist, gemacht zu werden, verstehste?«
    » Du wirst etwas aufbauen«, sagte Krueger. » Ich nehme an – wir reden doch jetzt über ein paar Jahrzehnte in der Zukunft, nicht wahr? –, wir werden alle wieder was aufbauen. Wir werden daran arbeiten, das zusammenzufügen, was noch vorhanden ist. Mehr können wir nicht tun. Wir leben in wahnsinnig wichtigen Zeiten, Mann. Wenn die Menschen in ein paar Hundert Jahren ihre Geschichtsbücher aufschlagen, wird es für sie das Ereignis sein, das immer wiederkehrende Thema: Die Seuche und ihre Auswirkungen. Da bin ich mir ganz sicher.«
    » Ich bin überrascht«, sagte Denton. Seine Miene spiegelte die Überraschung wider.
    » Worüber?«, sagte Krueger. » Dass ich so weitsichtig bin? Ich kann auch weit schießen. Ist vielleicht ’ne Sache der Genetik.«
    » Nein, das nicht.« Denton winkte ab. » Es überrascht mich, dass du glaubst, man würde in ein paar Hundert Jahren noch Geschichtsbücher

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