Aufstieg der Toten: Roman (German Edition)
verwendete sein Blut zur Kultivierung der dazu nötigen Antikörper. Ersteres war die Option, die sie zu verfolgen gedachte, wenn sie in Omaha eingetroffen waren, da sie noch nie von einem einzelnen Infizierten gehört hatte, der der Krankheit nicht erlegen war.
Anna nahm den PDA wieder an sich und blätterte ihr Tagebuch durch. Sie suchte nach Einträgen, die sich mit Immunisierung und ihren Versuchen beschäftigten.
9. Oktober 2004 – Tagebucheintrag Nr. 869
Heute war viel los. Joseph ist nicht gekommen. Er klagt über Fieber und Brechreiz. Ich glaube ihm. Es ist die Jahreszeit für Grippe, und wenn nicht, ist sie jedenfalls im Anmarsch. Ich habe gewitzelt, er solle trotzdem kommen und sich den Typen in BL 2 als Versuchsobjekt anbieten. Virginia und ich waren als einzige Rechercheure im Dienst; also haben wir gedacht, wir schieben mal eine entspannte Schicht und probieren ein paar Sachen mit dem Morgenstern-Erreger aus. Unser Budget für die Lassa-Forschung ist vergangene Woche ausgelaufen und wurde ohnehin einer anderen Abteilung übergeben. Also dachten wir, warum nicht?
Wir hatten gerade eine Ladung Mäuse erhalten. Wir sind zwar nicht gemein oder, wie heißt das Wort noch mal, das mir gerade nicht einfallen will? Ah, sadistisch. Aber wir waren äußerst fasziniert von den Reaktionen gesunder Mäuse auf die Wirte. Wir können halbwegs vermuten, dass eine menschliche Reaktion anders ausfiele, also haben wir die Taktik leicht geändert und uns auf die Verhaltensweise der infizierten Nager konzentriert.
Wir haben folgende Variable eingerichtet:
Hitze und Kälte im Käfig wurden festgelegt, Helligkeit/Dunkelheit wurden eingestellt; gesunde Mäuse wurden als Köder bereitgehalten, und wir fingen an, uns einige Erschwernisse auszudenken. Wir versuchten das Verhalten der Infizierten neben einfachen frei lebenden Mäusen zu kategorisieren.
Wir haben den modifizierten Käfig mit unserer infizierten Maus neben einem Käfig mit gesunden Mäusen aufgestellt. Eine einfache Vorhangvorrichtung wurde zwischen beide Käfige platziert, damit wir, wenn wir wollten, jeden Sichtkontakt zwischen dem infizierten Nager und seiner Beute verhindern konnten.
Folgendes passierte, als wir an unseren Variablen herumbastelten:
BEI SICHTBARER BEUTE :
Die infizierte Maus wurde von Extremen wie Hitze und Kälte nicht berührt. Wurden die Käfige verdunkelt, nahmen die feindseligen Reaktionen zu. Wir spekulieren, dass das Virus irgendeinen in ihm vorhandenen Mechanismus einsetzt, um einen empfindungsfähigen Nager wild zu machen, also zu einem Raubtier zu verändern. Als wir die Lichthelligkeit über das natürliche Sonnenlicht hinaus erhöhten, fiel die Reaktion gegensätzlich aus: der wilde Nager wirkte gebändigter. Er war zwar noch immer offen feindselig, wirkte aber langsamer und vorsichtiger. Er verbrachte mehr Zeit damit, auf den Käfigboden zu schauen, statt an den Seiten desselben hochzuklettern. Dem Anschein nach sind die Überträger des Morgenstern-Virus’ lichtempfindlich.
BEI NICHT SICHTBARER BEUTE :
Das Verhalten der infizierten Maus war angesichts von Extremen wie Hitze oder Kälte weiterhin unbeeinflusst. Allerdings schien das Tier in Wärmeperioden aktiver zu sein. In absoluter Finsternis nahm die Aktivität merklich zu. Wenn wir das Licht einschalteten, verzog sich der Wirt in eine kleine Erdhöhle und weigerte sich, hervorzukommen.
Allgemein scheinen wilde Wirte sich nicht sehr viel zu bewegen, zumindest nicht im Vergleich mit einem gesunden Exemplar. Sie verwenden ihr Laufrad nicht und erforschen auch nicht ihren Käfig. Meist sitzen sie nur herum und warten. Es ist gespenstisch und erinnert mich an Falltürspinnen. Geduldige kleine Räuber graben ein Loch, setzen sich hinein und warten darauf, dass ein Insekt vorbeikommt, das sie dann packen und nach unten ziehen, um es zu fressen.
Und damit hat es sich heute Abend für mich. Ich werde meine Bettlaken wieder mal nach Spinnen absuchen. Ich kann diese kleinen Mistviecher nicht ausstehen.
Wir lernen nach und nach, wie sich die Symptome dieser Krankheit auf den Wirt auswirken. Ich schätze, die Versuche des heutigen Tages werden zwar nicht allzu wichtig im System der Dinge sein, aber – hallo – ich brauchte mal wieder einen hellen Tag.
Anna lächelte beim Lesen des Eintrags. Das Realwelt-Labor, von dem sie alle seit Monaten ein Teil waren, hatte gerade diese spezielle Theorie belebt. Überträger » lebten« tagsüber tatsächlich zurückgezogen und waren
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