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Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Jahren ständig mit ihm verkehrt, wenn sie sich ihm auch nicht für ebenbürtig hielten, davon bin ich überzeugt.
    Von den beiden Gästen Simonows war der eine Ferfitschkin, ein Deutschrusse – ein Männchen mit einem Affengesicht, ein über alle Welt spottender Dummkopf, mein größter Feind schon aus den untersten Klassen, gemein und frech, ein Aufschneider, und noch dazu mit einem gespielt empfindlichen Ehrgefühl, in Wirklichkeit natürlich ein Hasenfuß. Er gehörte zu jenen Bewunderern Swerkows, die ihn aus Berechnung hofierten und von ihm oft Geld borgten. Der andere Gast Simonows, Trudoljubow, war in keiner Weise bemerkenswert, ein echter Soldat, von hohem Wuchs, mit einer kalten Physiognomie, ziemlich ehrlich, aber jeden Erfolg bewundernd und im übrigen nur fähig, über Beförderung zu reden. Mit Swerkow war er irgendwie entfernt verwandt, und – es ist kaum zu glauben – dieser Umstand verlieh ihm unter uns eine gewisse Bedeutung. Von mir hielt er überhaupt nichts, er behandelte mich zwar nicht sehr höflich, aber immerhin erträglich.
    »Also«, begann Trudoljubow, »pro Mann sieben Rubel, wir sind zu dritt, macht also einundzwanzig, dafür kann man gut essen. Swerkow zahlt natürlich nichts.«
    »Selbstverständlich nicht – wir laden ihn doch ein«, entschied Simonow.
    »Glaubt ihr denn wirklich«, mischte sich Ferfitschkin hochnäsig und eifrig ein – ganz und gar unverschämter Lakai, der mit den Orden seines Herren prahlt –, »glaubt ihr denn wirklich, Swerkow wird uns allein zahlen lassen? Aus Delikatesse wird er es vielleicht annehmen, dafür aber von sich aus ein halbes Dutzend spendieren.«
    »Nun, sechs Flaschen Champagner sind für uns vier zuviel«, meinte Trudoljubow, dem nur das halbe Dutzend aufgefallen war.
    »Also wir drei, mit Swerkow vier, einundzwanzig Rubel, im Hôtel de Paris, morgen um fünf«, schloß Simonow, der zum Festordner gewählt worden war.
    »Wieso einundzwanzig?« sagte ich in einer gewissen Erregung, ja sogar sichtlich gekränkt, »mich mitgerechnet, sind es nicht einundzwanzig, sondern achtundzwanzig Rubel.«
    Es schien mir, mich so plötzlich und unerwartet anzubieten, würde sich sehr schön ausnehmen, und alle würden augenblicklich besiegt sein und mich voller Hochachtung ansehen.
    »Wollen Sie denn etwa mit?« sagte Simonow verstimmt, wobei er vermied, mich anzusehen. Er kannte mich durch und durch.
    Ich war wütend, weil er mich durch und durch kannte. »Aber ich bitte, warum denn nicht? Ich bin doch, glaube ich, auch sein Schulkamerad, und ich fühle mich sogar gekränkt, daß man mich übergangen hat«, begann ich wieder zu grollen.
    »Wo sollte man Sie denn suchen?« mischte sich Ferfitschkin grob ein.
    »Sie haben sich mit Swerkow nie gut verstanden«, fügte Trudoljubow stirnrunzelnd hinzu. Aber ich biß mich fest und ließ nicht mehr los.
    »Ich glaube, keinem steht es zu, darüber zu urteilen«, entgegnete ich mit bebender Stimme, ganz, als ob Gott weiß was geschehen wäre. »Vielleicht will ich es gerade deswegen, weil ich mich früher mit ihm nicht verstanden habe.«
    »Nun, wer kann das ahnen … diese Feinheiten …«, lächelte Trudoljubow.
    »Gut, Sie werden eingetragen«, entschied Simonow, sich an mich wendend, »morgen um fünf im Hôtel de Paris; vergessen Sie es nicht.«
    »Das Geld!« begann Ferfitschkin halblaut, indem er auf mich zeigte, verstummte aber, da sogar Simonow verlegen wurde.
    »Genug«, sagte Trudoljubow und erhob sich. »Wenn ihm so viel daran liegt, mag er nur kommen.«
    »Aber wir sind doch im engsten Kreise, ganz unter uns«, giftete Ferfitschkin und griff gleichfalls nach seinem Hut. »Das ist doch keine offizielle Veranstaltung. Vielleicht sind Sie überhaupt unerwünscht.«
    Sie gingen.
    Ferfitschkin grüßte mich nicht einmal, Trudoljubow nickte kaum, ohne aufzublicken. Simonow, mit dem ich nun allein blieb, verharrte in ärgerlicher Verwunderung und blickte mich sonderbar an. Er setzte sich nicht und forderte mich auch nicht auf, Platz zu nehmen.
    »Hm! … Ja … also morgen. Wollen Sie mir das Geld gleich geben? Ich meine der Ordnung halber«, murmelte er verlegen.
    Ich wurde rot, aber während ich rot wurde, erinnerte ich mich daran, daß ich Simonow seit undenklichen Zeiten fünfzehn Rubel schuldete, was ich übrigens nie vergaß, die ich ihm aber noch immer nicht zurückgegeben hatte.
    »Geben Sie doch zu, Simonow, daß ich nicht wissen konnte, als ich herkam … und es tut mir sehr leid, daß

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