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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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sackte auf mich herunter und küßte mich. Es war schauderhaft, aber der 18jährige Körper war fest wie eine pralle Zitze, knisterte und schlängelte sich — es war, als ob sich sämtliche Tapeten von den Wänden kringelten und lebendig wurden. Wir schoben noch eine Nummer. Dann schlief ich endgültig ein.
Irgendwann weckte mich etwas auf. Der rosa Schlüpfer geisterte durchs Zimmer. Ich sah, wie sie sich anschickte, in ein Paar alte, ausgebeulte Hosen von mir zu klettern. Es tat mir leid, zuzusehen, wie dieser prächtige Hintern in einem Paar viel zu weiten, schlotterigen Hosen verschwand. Es war traurig und mies und es war lachhaft, aber als alter Professioneller tat ich so, als ob ich schlief. Ich beobachtete, wie sie in einer leeren Zigarettenpackung stocherte. Ich sah aus den Augenwinkeln, wie sie auf mich herunterschaute — und für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, daß etwas Bewunderndes in ihrem Blick lag. Na, scheiß drauf. . .
Sie stelzte aus dem Schlafzimmer. Als sie weg war, sprang ich mit einem Satz aus dem Bett und durchsuchte meine Klamotten. Ich fand die Brieftasche. Ich fand 7 Dollar drin. Anscheinend hatte sie mich doch nicht beklaut. Und mit einem kleinen peinlichen Grinsen im Gesicht ließ ich mich wieder in die Federn fallen und pennte.
    In Philadelphia damals hatte ich mir einen Stammplatz ganz am anderen Ende der Bar ergattert, indem ich kleine Botengänge machte, Sandwiches holte usw. Jim, der Bartender von der Morgenschicht, pflegte mich gegen halb sechs reinzulassen, während er noch den Schmant von der letzten Nacht aufwischte, und ich kriegte freie Drinks, bis um sieben die ersten Gäste kamen. Der letzte, der am folgenden Morgen um zwei die Bar verließ, war ich. Was bedeutete, daß ich nicht allzu viel Zeit zum Schlafen fand. Aber ich hatte eh nichts zu tun. Die Bar war so alt und heruntergekommen und stank derart nach Urin und Tod, daß wir es geradezu als Auszeichnung empfanden, wenn mal eine Nutte reinkam, um sich einen Freier zu angeln.
Etwa um diese Zeit erschien eine Kurzgeschichte von mir in PORTFOLIO HI , zusammen mit Beiträgen von Henry Miller, Lorca, Sartre und anderen. Das Ding kostete 10 Dollar — ein enormer Apparat, lauter einzelne Blätter, teures, farbiges Papier, jede Seite in einer anderen Schrift gedruckt, und das Ganze durchsetzt von irrsinnig progressiven Grafiken. Caresse Crosby, die Herausgeberin, schrieb mir: »Eine höchst ungewöhnliche und wundervolle Story. Wer SIND Sie?« Und ich schrieb zurück: »Liebe Mrs. Crosby: Ich hab keine Ahnung, wer ich bin. Ihr sehr ergebener Charles Bukowski.« In jener Nacht wankte ich raus in den Regen, es ging ein ziemlicher Wind, und ich ließ PORTFOLIO sich in seine Bestandteile auflösen. Die Blätter wirbelten durch die Gegend, die Leute rannten ihnen nach, und ich stand da in meinem Suff und sah zu. Ein riesiger Fensterputzer, der immer sechs Eier zum Frühstück aß, stellte seinen Fuß auf eines der Blätter. »Hier! He! Ich hab eins!«
»Fuck it!« schrie ich. »Laß die Scheiße sausen, laß den ganzen Mist davonfliegen!« Ich hatte irgendwas bewiesen, und das reichte mir. Daraufhin stellte ich das Schreiben für 10 Jahre ein.
Jeden Morgen um 11 sagte Jim, los es reicht jetzt, du bist voll, geh ein bißchen an die Luft. Un d ich ging raus, um die Bar herum, und legte mich in der Straße dahinter in die Gosse. Das reizte mich, weil durch diese Straße ständig Lastwagen fuhren und ich mir dachte, da könnte sich mal was ergeben. Aber ich hatte nie Glück. Keiner hatte Lust, mich zu überfahren. Statt dessen kamen jeden Tag die Negergören der Nachbarschaft und piesackten mich mit ihren Stecken, und dann hörte ich ihre Mutter rufen: »All right, laßt das doch endlich, laßt den Mann in Ruh.« Und nach einiger Zeit stand ich dann wieder auf und ging in die Bar zurück. Eines Tages erkundigte ich mich bei einem unserer Stammgäste: »Wie kommt es eigentlich, daß nie mal einer in diese andere Bar da unten an der Straße geht?« »Das ist eine Gangster-Bar«, wurde mir gesagt. »Wenn du da reingehst, legen sie dich um.«
Ich trank mein Glas aus, stand auf und ging mir mal das Ding ansehen. Die Bar machte einen ziemlich sauberen Eindruck. Eine Menge großer, breitschultriger Typen hockte da rum, mit völlig ausdruckslosen Gesichtern. Als ich mich an die Bar setzte, wurde es sehr still im Raum. »Scotch and water«, sagte ich zum Barkeeper.
Er tat so, als hätte er nichts gehört.
Ich drehte meine Lautstärke

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