Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
egal, da steh ich drüber.»
Ich schwor mir, nie wieder eine Cachebeschreibung zu vergessen, nie wieder auch nur eine Cachebeschreibung im Auto liegenzulassen und nie wieder Tobi meine Fehler zu gestehen, wenn seine Freundin NICHT dabei war.
GEHIRNAKROBATIK
Eine ganz spezielle Form von Caches, die ohne Beschreibung definitiv nicht zu finden sind, nennt man Mysteries. Wie der Name schon sagt, sind sie sehr mysteriös. Es handelt sich um eine Cacheart, bei der die angegebenen Koordinaten – wenn überhaupt – nur grob in der Nähe des eigentlichen Caches oder der Ausgangsposition liegen. Die «richtigen» Daten muss man sich nämlich erst erarbeiten.
Eine Variante besteht darin, dass man zunächst einen ganz normalen Cache finden muss. Im Deckel der Dose oder auf dem darin liegenden Zettel entdeckt man dann die richtigen Koordinaten für den Mystery. Die im Internet angegebene Position ist meist nur annähernd richtig, damit man zumindest ungefähr weiß, wo er liegt. So war mir beispielsweise einmal beim Suchen eines Nachtcaches in der Nähe von Berlin bekannt, dass in dessen Nähe auch noch ein zweiter lag. Ich konnte nur nicht genau sagen, wo – das sollte ich erst nach dem Fund des ersten erfahren. Im Prinzip funktioniert der Mystery wie ein Multicache, mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass man hierbei zwischendurch noch einen Statistikpunkt abgreifen kann. 48
Eine andere Variante des Mysterys besteht aus einem Rätsel. Erst nachdem man eine oder mehrere Aufgaben gelöst hat, weiß man, wo man hinmuss. Das Rätsel steht in der Cachebeschreibung mit drin, und aus der Lösung ergeben sich die richtigen Koordinaten. Das können ganz einfache Sachen sein, zum Beispiel ein Sudoku oder auch eine leichte Frage wie:
«Wann wurde Einstein geboren?»
Kennt man das Datum, hat man die einzusetzenden Ziffern. Dank dieser Startkoordinaten weiß man dann, wo es losgeht, und kann sich endlich aufmachen, den Cache zu suchen. Gut, man kann natürlich auch schon vorher losgehen. Aber dann ist man für sein vor Enttäuschung entstelltes Gesicht selbst verantwortlich.
Die Rätsel sind allerdings nicht immer so einfach, wie eben beschrieben. Das wohl zurzeit härteste Rätsel, an dem Tobi und ich uns die Zähne ausbeißen, ist «ENIGMA#1». Die angegebenen Koordinaten liegen irgendwo in der Nordsee, und die Cachebeschreibung besteht aus zehn längeren Fragen, die völlig unabhängig voneinander und außerdem verschieden schwer sind. Auf einer Schwierigkeitsskala von 1 (leicht) bis 100 (schwer) bewegen sie sich alle innerhalb der Bandbreite von 99,8 und 99,9. Hinzu kommen noch drei völlig unverständliche Grafiken, die wohl Karten darstellen sollen.
Irgendwann tauchte im größten deutschen Internetforum, auf geoclub.de, das Thema «euer schwerster Cache» auf. Beim Überfliegen der verschiedenen Einträge stieß ich auf ein paar Zeilen, in denen jemand dieses Rätsel erwähnte. Neugierig warf ich einen kurzen Blick darauf, in dem festen Glauben, es könne nun wirklich nicht so schwer sein. Schon bei den ersten Wörtern der ersten Zeile der ersten Frage packte es mich. Was wollen die von mir? Was bedeutet das alles? Gibt es überhaupt eine Antwort auf all diese Fragen?, wunderte ich mich leicht entsetzt.
Sofort informierte ich Tobi, und nachdem er aus seiner Faszinationsstarre erwacht war, wussten wir: Der Cache wird gehoben. Irgendwann. Egal, wie schwer es sein wird.
Tja, seit Februar 2006 sitzen Tobi und ich nun an diesem Ding und knobeln um die Wette, besser gesagt Tobi sitzt und ich knobele. Leider haben wir bis heute noch keine endgültige Lösung gefunden. Aber diese Sätze in der Aufgabenbeschreibung als Fragen zu bezeichnen grenzt ohnehin an Unverschämtheit. Das sind Rätsel, das sind Mysterien, das sind übersinnlich erdachte, mit Fragezeichen versehene, nur scheinbar einen Sinn ergebende Formulierungen. Es ist wirklich erstaunlich. Kaum hat man eine Frage vor sich, fängt man auch schon automatisch an, die ersten Begriffe bei Google einzugeben. So langsam zieht es einen immer tiefer rein.
Viele, die mit diesem Cache begonnen haben, sind erst Monate später aus einer Art Koma aufgewacht, wussten nicht mehr, wer sie waren, und sprachen plötzlich fremde Sprachen. Andere hat man, dem Wahnsinn nahe, zitternd über ihrer Tastatur aufgefunden, während sie immer wieder «Ich hab’s gleich, ich hab’s gleich!» riefen. Aber von den meisten dieser armen Kreaturen hat man nie wieder etwas gehört. Bis sie auf einmal
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