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Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Titel: Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoëcker
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wir die Ergebnisse zusammen und hielten sie schriftlich fest.
    Bei einer dieser Besprechungen fiel uns auf, dass unsere bisherigen Ergebnisse noch nicht zu unserer «so traurigen» Prinzessin passten. Insbesondere der Hinweis auf die verschiedenen Schreibweisen, mal mit «e» und mal mit «a», verwirrte uns. Deshalb stöberten wir weiter, und zwar wieder mit den schon erwähnten Begriffen. In der Tat fanden wir unter welt.de noch andere, nur leider widersprüchliche Informationen. Es ging erneut um eine englische Prinzessin auf Wallfahrt:
     
    4.   Jahrhundert, 300 + irgendwas
    «Katholische Christen gedenken diesen Sonntag der hl. Ursula . Ihre Vita zählt zu den abenteuerlichsten des frühen Mittelalters: Englische Prinzessin gelobt Jungfräulichkeit und flieht vor begehrlichem Heidenkönig mit elftausend Gefährtinnen per Schiff rheinaufwärts nach Köln. Dort befiehlt ein Engel die Wallfahrt nach Rom. Auf der Rückkehr werden die frommen Frauen von Hunnen umgebracht, die inzwischen Köln belagern. […]»
     
    Dumm gelaufen, das Ganze war leider 700   Jahre zu früh passiert. Von Heinrich und Clemens war zu der Zeit noch keine Rede. Wir hatten wieder eine Menge gelernt, doch die heilige Ursula war für uns unbrauchbar, denn dass sie nichts mit unserer Judith zu tun hatte, war klar. Doch wie sollte es jetzt weitergehen? Wir beschlossen, die Begleiterinnen der guten Ursula einzeln zu überprüfen und herauszufinden, ob deren Lebensgeschichte zuunserer Frage passte. Allerdings waren es insgesamt elftausend Frauen. Wir rechneten kurz durch, wie lange es dauern würde, wenn wir uns jede einzeln vornahmen:
    11   000 × 2   Minuten Suchzeit/2   Sucher = sehr, sehr lange.
    Zum Glück wurden einige der Frauen, es waren ganze fünf, namentlich erwähnt und wanderten sofort auf unseren digitalen Notizzettel:
     
    Cunigundis
    →
Ihr Mann hieß Clemens, kannte aber keinen Heinrich.
    Mechtundis
    →
Keine weiteren Informationen gefunden.
    Willibrandis
    →
Ungefähr genauso interessant wie Mechtundis. Aber beide mussten aus Ermüdung bei Rheinfelden stillehalten und starben zu Rapperswyl als Clausnerinnen eines gottseligen Todes.
    Aurelia
    →
Sie war der Legende nach eine Gefährtin der Ursula von Köln, die krank in Straßburg zurückbleiben musste, als Ursula nach Köln weiterfuhr, und dennoch wie die anderen das Martyrium erlitt. (Vermutlich war das Martyrium das Standardverfahren, um Wallfahrerinnen auf ihre letzte Reise zu schicken.) Sie hatte ein heftiges Fieber bekommen, wurde mit drei anderen, zu ihrer Verpflegung bestimmten Jungfrauen an Land gesetzt und starb am 15.   Oktober.»
    Christiana
    →
Sie starb auf freiem Felde zwischen Wyl und Kreuzach eines tragischen Unfalltodes.
     
    FÜNDIG! Yeah, wir hatten tatsächlich ein Opfer, noch dazu eins von damals. Jemand, der dabei gewesen war, eine Frau und noch dazu eines unnatürlichen Todes gestorben. Begeistert intensivierten wir die Suche und fanden noch mehr:
    Dieses Wyl wird heute zwar mit i geschrieben, aber das konnte man vertreten. Wir verstärkten unsere Recherchen noch weiter in Richtung Christiana und stießen tatsächlich auf eine Grabstätte. Sogar eine Kirche stand obendrauf, und ein ganzer Orden hatte sich nach ihr oder vielmehr nach dem Grabhügel benannt. Endlich hatten wir eine konkrete Lösung, und die bestand auch noch aus genau drei Silben. Puh, was waren wir froh! Wir öffneten Sektflaschen und ließen den Inhalt über unsere Körper fließen. Was für ein Gefühl! Wieder mal hatten wir eine Aufgabe gelöst. Mensch, was ging es uns gut! Wir luden ein paar Freunde ein und ließen es so richtig krachen. Wir waren stolz auf uns, stolz auf den Rätselleger und nochmal stolz auf uns.
    Nun ist es so, dass ich dazu neige, nach einem solch erfolgreichen Etappensieg ein wenig herumzuprahlen. Selbstverständlich gröle ich es nicht laut heraus, sondern werfe ganz dezent und nebenbei das eine oder andere «Ich bin schon ziemlich gut» ein. So auch bei einer Redaktionsbesprechung am Tag nach unserem errungenen Sieg. Wir saßen mit mehreren Leuten zusammen, um die Inhalte einer Sendung durchzugehen. Jeder hatte ganz wichtige Zettel vor sich liegen, die zwar nichts mit dem Thema zu tun hatten, aber ungeheuer viel Eindruck machen. Wir redeten natürlich auch privat, und ich ließ irgendwann kurz fallen, dass es mir im Moment ganz gut gehe, da ich ein echt schweres Rätsel gelöst hätte.
    Das leicht überhebliche «Aha!» des Redaktionsleiters forderte

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