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Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Titel: Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoëcker
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Anfang ist natürlich alles viel komplizierter. Und man wird mit vielen Dingen konfrontiert, mit denen man vorher nie gerechnet hat:
    Mein erster Lost Place war eigentlich mein allererster Cache, der am See, weil wir innerhalb kürzester Zeit den Mut verloren hatten (lost) und nicht wussten, wo die weiteren Koordinaten standen (place). Der erste richtige Lost Place war jedoch «Borgwards Erbe». Der liegt irgendwo hinter Bremen und führt über insgesamt drei Stationen zur gesuchten Tupperdose. Wir wussten nur, dass auf dem Gelände, wo er verborgen war, bis zum Zweiten Weltkrieg eine Motorenfabrik gestanden hatte. Was der Zweite Weltkrieg war, wussten wir nicht mehr so genau, aber von Motoren hatten wir schon mal gehört. Klang spannend. Tobi und ich also nichts wie hin.
    Wir waren diesmal auf der A 1 unterwegs nach Norden. Kurz hinter Bremen befindet sich links der Autobahn ein kleiner Wald, und in dem ist der Cache versteckt. Da wir früh dran waren, beschlossen wir, uns mal ein wenig umzusehen. Der erste Teil, also von der Autobahn runter auf die Landstraße, war noch einfach, den richtigen Einstieg zu finden war dagegen schon etwas schwieriger. Wie üblich näherten wir uns dem Cache mit Hilfe der Koordinaten, meiner Topo-Karten und der Zieleingabekarte des Navigationssystems. Die Vorgabe lautete:
«Von der B-irgendwas rechts ab.»
Am Ende des Weges könne man parken.
    Das versuchten wir dann auch. Wir bogen rechts ab, fanden den Weg und sogar das Ende und fuhren allerdings erst mal weiter. Okay, der Weg war nicht mehr geteert, sondern mit Schotter belegt, aber schließlich hatte es nicht geheißen, man
müsse
, sondern man
könne
dort parken. Außerdem entdeckten wir kein Schild, das die Durchfahrt explizit verbot, und nirgends war eine Schranke zu sehen, die darauf schließen ließ, dass die Durchfahrt nur zu bestimmten Zeiten gestattet war. Vor allem fuhren wir aber deshalb weiter, weil es anfing zu regnen, und vor allem vor allem deshalb, weil ich mal Lust hatte, ein bisschen offroad unterwegs zu sein. Ob und wann man so etwas tun darf, wurde im Anschluss an dieses Vergnügen eine für mich sehr interessante Frage, und später musste ich mich damit sogar noch intensiver beschäftigen. 52
    Zurück zu «Borgwards Erbe»: Wir waren also mitten im Wald, rechts und links standen riesige Bäume und dazwischen wir. An der ersten Station wartete eine recht einfache Aufgabe auf uns. Tobi las vor:
    «Welche Form hat das hier noch stehende Gebäude? Rund = 4, viereckig = 6, noch mehr eckig = 1»
    «Klar, dass solche Gebäude viereckig sind», antwortete ich.
    «Stimmt eigentlich», erwiderte Tobi.
    «Wir brauchen also nicht extra in den Wald hineinzulaufen. Lass uns einfach den Wert für ‹viereckig› übernehmen und direkt zur nächsten Station weiterfahren.»
    Gesagt, getan. Damit rechneten wir nun die Koordinaten der nächsten Station aus und fuhren weiter durch den Wald. Hätte uns jemand darauf angesprochen, wären wir um eine Ausrede nicht verlegen gewesen und hätten einfach behauptet: «Wir haben uns verfahren und wussten nicht, wo wir wenden können.» Zum Glück erwischte uns keiner, denn geglaubt hätte uns das bei den strahlenden Gesichtern wegen der rechts und links aufspritzenden Schlammmengen 53 sowieso niemand. Der Regen war in der Zwischenzeit stärker geworden.
    Wir waren also auf dem Weg zu unserer errechneten nächsten Station. Während wir weiter geradeaus fuhren und munter durch den Wald schaukelten, fiel uns auf, dass diese irgendwie viel zu weit weg lag. Viel zu tief im Wald und viel zu komisch in einem anderen Land in Europa. Sollten wir uns etwa mit der Gebäudeform vertan haben? Es half nichts. Wir mussten noch einmal zurück und nachsehen, also fuhren wir wieder die ganze Strecke retour. Das Wendemanöver war eine wahre Freude, schließlich stand das Wasser ziemlich tief in den Reifenspuren. Und genau da mussten wir durch.
    Wieder an den Koordinaten der ersten Station angekommen, hielten wir an, blickten durch die beschlagenen Scheiben und suchten das Gebäude. Da war es, 16   Meter vom Weg entfernt und mitten im Wald, doch bei dem diesigen Wetter nur vage als Schatten durch die Bäume zu erkennen. Getrennt von uns nur durch eine dichte Regenwand. Es blieb die Frage «Wer geht?»
    Völlig klar: Ich bin gefahren, also kann Tobi jetzt draußen rumlaufen – dachte ich.
    Völlig klar: Er ist gefahren, also kann er jetzt auch draußen rumlaufen – dachte Tobi.
    Wie das bei Männern nun mal

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