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Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Titel: Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoëcker
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so üblich ist, beschlossen wir, über das Problem nicht zu reden, sondern es auszusitzen – dachte Tobi.
    Ich dagegen ließ beiläufig die Bemerkung fallen: «Na, Schiss? Ist dein Garmin etwa nicht wasserdicht, oder was?» Damit kriegt man sie immer, die Garminianer.
    Zack, Tobi die Tür auf, rüber zum Gebäude, nachgesehen, welche Form es hatte, und wieder zum Auto zurück. Netterweise hatte ich bereits mit dem Wendemanöver begonnen. Damit es nachher schneller ging und wir nicht ewig bei diesem Sauwetter im Matsch herumkurven mussten, stellte ich mich schon mal auf eine nahe gelegene Kreuzung, sodass wir optimal in alleRichtungen weiterfahren konnten. Tobi kam mir die 450   Meter nachgelaufen. So klatschnass wollte ich ihn allerdings nicht ins Auto lassen, schließlich können die Fußmatten davon ganz schön dreckig werden. Außerdem ist es immer sinnvoll, dass jemand vor dem Wagen herläuft, wenn man in unwegsamem Gelände unterwegs ist. Und bei dem Wetter wurde der Boden in zunehmendem Maße eine Herausforderung – für Mensch und Maschine.
    Da stand er also. Ich ließ die Scheibe knappe zwei Zentimeter herunter, um das Ergebnis zu erfahren und um ihm die neuen Koordinaten entgegenzurufen. Während das Gerät rechnete, machte ich die Scheibe natürlich wieder zu, es regnete einfach zu sehr in den Wagen.
    Dann hielt ich mein GP S-Gerät von innen an die Scheibe, damit Tobi die neuen Koordinaten ablesen konnte. Er übertrug sie auf sein Gerät und machte sich auf den Weg. Den Blick auf sein Display geheftet, stapfte er die nächsten 400   Meter vor mir her bis zur zweiten Station. Ich konnte ihn durch die Windschutzscheibe kaum erkennen, denn es regnete inzwischen so stark, dass die Scheibenwischer gegen die Wassermassen kaum noch ankamen. Trotzdem fiel mir auf, dass Tobi leicht nach vorn gebeugt ging und irgendwie unwillig aussah. Er musste irgendein gewichtiges Problem haben, irgendetwas wühlte seine Seele auf   … Doch was gibt es da Besseres als einen ruhigen, meditativen Spaziergang durch die erfrischende Natur?
    Zurück zu «Borgwards Erbe»: Endlich kamen wir an der nächsten Station an, einem alten Trafohäuschen. Hier mussten wir Steinreihen zählen. Was heißt eigentlich «wir», diesmal war klar, wer die Aufgabe löste: Tobi! Er war sowieso schon nass.
    Da ich mich weigerte, die Scheibe herunterzulassen, es hatte nämlich auch noch ein kalter Wind eingesetzt, musste er mich anrufen, um mir das Ergebnis durchzugeben. Leider zittertenseine Hände vor Kälte und Nässe so sehr, dass er nicht in der Lage war, die Tasten vernünftig zu bedienen – das elende Weichei. Zum Glück hatte ich ein Bluetooth-Autotelefon mit Lenkradsteuerung dabei. So weit kam es noch, dass ich bei dem miesen Wetter mein beheizbares Lenkrad losließ. Den Anruf musste er mir selbstverständlich später bezahlen.
    Zurück zu «Borgwards Erbe»: Wir hatten also endlich die finalen Koordinaten und machten uns auf den Weg. Diesmal fuhr ich vorneweg, Tobi war inzwischen einfach zu langsam. Er schleppte sich durch den Morast, teilweise zog ich ihn auch durch den Schlamm, während er sich an der Stoßstange festhielt. Weil er dabei jedoch den Sensoren zu nahe kam, aktivierte das die Einparkhilfe – total nervig. Ständig musste ich Gas geben, um wieder ein wenig Abstand zwischen ihn und die Sensoren zu bringen. Natürlich war das zum Schutz von uns beiden, ich wäre nämlich sonst fast wahnsinnig geworden, und da hätte keiner was von gehabt, das hätte bloß alle Beteiligten unnötig gefährdet. Die Reifen drehten durch, und bald war Tobi von oben bis unten einge   … na ja,
einge färbt
beschreibt es wohl am nettesten.
    Folglich war ich als Erster am Ziel.
    Ich stürzte sofort aus dem Wagen, ließ allerdings den Motor laufen, damit die Sitzheizung nicht ausging, rannte in den Wald, hob den Cache, loggte und hastete zurück zum Auto. Dann kam der Schock: Es war weg   … Ich sah nur noch den roten Schein der Rücklichter im Dunst verschwinden. Die Sau!, dachte ich, wie kann man nur so unkollegial sein! Schließlich habe ich alles, wirklich ALLES für ihn getan. Ich habe sogar, aus Solidarität zu seinem geschundenen Körper, seinen Namen ins Logbuch eingetragen. Tja,
ich
weiß eben, was Freundschaft ist. Doch er lässt mich hier im einsetzenden Schneesturm allein. Aber Undank ist nun mal der Welten Lohn. Ich ging also zurück zum Cache, strich seinen Namen wieder durch, löschte ihn, tilgte ihn ausdem Logbuch und nahm mir

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