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Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Titel: Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoëcker
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auf eine Mitreisegelegenheit wartet. Ich frage mich das wirklich. Also, wer ist so bescheuert, außer mir natürlich?
    Umgekehrt hat man dann das gleiche Problem: Nach der Rückkehr den TB noch schnell irgendwo ablegen, bevor es wieder nach Hause geht. Da schaut der Taxifahrer komisch, wenn man sagt: «Fahren sie mich bitte zu N23° 34.222, O 44° 66.221!», und spätestens wenn man dann auf die Rückfrage «Geht es auch genauer?» antwortet: «Ja, dort entlang an den Waldrand, dann anhalten, aber so, dass uns niemand sieht   …», ist die Fahrt vorbei.
    Trotzdem landen immer wieder neue TBs in diesen Hotels.Ich habe schon mal sieben oder acht Stück in einer Dose gefunden. Im Logbuch standen außerdem nette Worte wie: «So, gute Reise, damit du beim Warten nicht so einsam bist.» Liebe Cacherneulinge, das mag jetzt vielleicht albern klingen, aber für uns Eingefleischte haben die TBs eine Seele.
    Genau so war es auch mit «Mausi». Sie landete also in so einem T B-Hotel , und im selben Moment war ich unendlich erleichtert. Im Prinzip war das wie mit dem Kind: Es ist im Kindergarten und kann mit anderen spielen, damit es nicht mehr so einsam ist. Leider waren in der Dose noch ein paar andere Bugs, und es berührte mein Herz zutiefst, wie sie da lagen und warteten. Wie sie mich mit ihren traurigen, einsamen Augen ansahen. Wie sie quasi flehten: «Nimm uns mit, los, greif zu, wir wollen weiterreisen.» Natürlich griff ich zu. Das war irgendwie auch wie im Kindergarten, wenn man Gunhild-Chantal abgibt und zur Erzieherin sagt: «Geben Sie mir heute doch mal den Kevin-Jaquomo mit.»
    Zusätzlich haben diese T B-Haufen -Caches einen entscheidenden Vorteil: Braucht man mal ganz schnell ein paar Geschenke, weil man überraschend auf eine Familienfeier eingeladen wird und für die sechs Neffen und Nichten noch nichts besorgt hat, dann fährt man eben mal bei einem Cache mit TB vorbei und sucht sich sechs brauchbare Stofftiere aus.
    … Denkt man, aber erst mal würde das kein Cacher machen, der auch nur einen Hauch von Anstand im Leibe hat. Es gibt einen Cacher, den wir Cacher natürlich nicht Cacher nennen, sondern mit bösen Ausdrücken titulieren, der sucht sich gezielt Caches mit Travelbugs aus dem Internet heraus, geht hin, nimmt sie mit und bringt sie nie wieder zurück. Er sammelt sie. Leider kann man nichts dagegen tun, die armen Dinger sind völlig hilflos, und er nutzt das kaltblütig aus   … Dass er in Cacherkreisen so beliebt ist wie unter den Zauberern der Zauberer mit derMaske, wie unter den Skilangläufern das österreichische Team, wie unter den Politikern Edmund Stoiber, wie unter den Softwareherstellern Microsoft, wie unter den Buchautoren Herbert Feuerstein, dürfte klar sein. Doch die armen TBs sind noch einer ganz anderen Gefahr ausgesetzt: Es sind die genannten «Stammtische». Viele Cacher sitzen in einer Kneipe oder an einem Grillplatz zusammen und tauschen sich aus. Wie zu erwarten ist, herrscht im Extremfall beim Stammtisch totaler Kontrollverlust. Da kommt es gerne mal vor, dass ein Cacher seine TBs mitbringt. Und nicht nur einer, nein alle, und am Ende liegen immer mehr TBs auf dem Tisch. Wild durcheinandergeworfen, völlig entwürdigend für Leib und Seele eines Travelbugs, stapeln sie sich. Jeder greift blind zu und packt sich einen. Bestaunt und begafft von den Cachern, werden sie hin und her gereicht. Ein «Schaut nur mal, wie scheiße der aussieht» oder ein unbewusstes, gewalttätiges Zurückwerfen auf die harte Holzplatte kann dem Charakter eines Caches nachhaltig Schaden zufügen. Erst ganz wenig, dann immer mehr. Und irgendwann hat er das nicht mehr unter Kontrolle. Es soll schon vorgekommen sein, dass ein TB seinen eigenen Besitzer angefallen hat   … Gut, wer ist auch schon so blöd und bindet eine T B-Plakette einem Terrier um den Hals?
    Ich persönlich beteilige mich an solch öffentlichen Demütigungsveranstaltungen grundsätzlich nicht. Ich hege und pflege die mir anvertrauten TBs sorgfältig. Leider gibt es aber ein hygienisches Problem mit diesen Dingern. Da die meisten TBs aus Stoff sind (ich sagte bereits «Stoff»tiere) und sich im Laufe der Zeit das eine oder andere Bakterchen oder Virchen in ihrem Pelz eingenistet hat, haben sie so was leicht   … Schmuddeliges. Ich habe mir aus dem Bioforschungslabor eine Kiste besorgt, in der ich die Viecher bis zum nächsten Cacheausflug bei Unterdruck lagere.
    Mein Lieblings-TB, den ich in Händen hielt, als ich vor kurzem mal

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