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Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Titel: Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoëcker
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hatten wir die Parkposition gewählt, oder wir würden kurzerhand mit dem Auto nach der Rückkehr einmal um das ganze Gelände fahren, um in den Norden zu gelangen. Wir waren glücklich und zufrieden, dann studierten wir das Höhenprofil und verharrten mehrere Sekunden in absoluter Stille. Teilweise 100   Höhenmeter waren zu überwinden. Und egal wie schön das Bergabfahren auch sein würde, es ginge danach wieder und wieder bergauf.
    Ich durchbrach die Stille mit einer Lüge: «Alles kein Problem mit meinem Bear Valley Special Edition von MARIN Mountainbikes, California, USA, aus dem Jahre 1996 mit dem zweifach konifizierten Cromo-Stahlrahmen, dem Afterburner-Heck und der Marin-Cromo-Rock-Star-Gabel, starr natürlich, und den inden Rahmen integrierten doppelten Wasserflaschenhalterungen. Das Ganze in Marin Battleship Grey. Der Marin-Vorbau ist aus kaltgeschmiedetem Aluminium, der Marin-Lite-Lenker und die Hörner sind aus poliertem Leichtmetall. Natürlich ein White-Industries-Tretlager mit Shimano-STX-R C-Schaltkomponenten , 21   Gängen und Grip-Shift-Schnellschaltung am Lenker. Das braucht man, um die Kraft optimal auf die Mavic-M40 0-Felgen mit 26   Zoll und 36   Edelstahlspeichen zu übertragen. Unterstützt von den Shimano-STX-R C-Naben mit dem Schnellverschluss ‹U›. Zur Sicherheit natürlich nur die DiaComp-Cantilever-Bremsen mit den DiaComp-Control- 7-Zweifinger -Bremshebeln. Zum Abschluss und zur Bequemlichkeit natürlich einen Comus-Gel-Sattel.» Dann schwieg ich.
    Tobi durchbrach die Stille mit einem «Was?», ich antwortete mit: «Ach, nichts!»
    Dann kam endlich der Tag der Tage. Tobi wollte um 16.00   Uhr vorbeikommen, er musste erst noch arbeiten – süß, nicht? Wir wollten dann sofort losfahren. Da es im Sommer immer lange hell ist, sollten wir die ersten vier Caches problemlos finden können.
    Um 16.00   Uhr meldete er sich und sagte, es dauere noch ein bisschen, er müsse länger arbeiten – na ja, immer noch süß.
    Um 17.00   Uhr schrieb er eine SMS: «Wird noch später, Arbeit.» Ein Hauch Bitterkeit legte sich über den Glukosegeschmack von vorher.
    Um 18.00   Uhr schrieb ich: «Immer noch?», er daraufhin: «Jep!» Ich wurde leicht säuerlich. Er hätte auch «Ja» schreiben und sich damit einen Buchstaben sparen können, aber nein, dafür hatte er Zeit, während er mich hier im Garten warten und schwitzen ließ. Irgendwann gingen mir die frisch gepressten Fruchtsäfte aus.
    Um 19.00   Uhr war ich stinksauer. Ich kochte vor Wut undhätte mit Leichtigkeit die eine oder andere Porzellanarbeit in meiner Mundhöhle zum Erhärten bringen können. Die CIA rief an und fragte nach, ob der Hitzeausschlag auf ihren Monitoren eine fehlgezündete Rakete gewesen sei, und die gesamte Nachbarschaft sparte sich die Grillkohle, indem sie die Würstchen nur kurz über die Grundstücksgrenze hielt.
    Da kam Tobi hechelnd und völlig fertig herein und sagte: «Echt sorry!»
    Ich holte tief Luft und erwiderte: «Kein Problem.»
    Wir also Fahrräder aufs Auto geladen, Fahrräder wieder runter, damit wir an den Kofferraum kamen, Klamotten in den Kofferraum und Fahrräder wieder draufgeschnallt. Dann ging’s tatsächlich los. Erwartete Ankunftszeit: 23.45   Uhr.
    Puh, um die Uhrzeit hätte auch die Sonne ihr Überstundensoll erfüllt und wäre weg. Kein Problem, wir sind ja zum Glück die geborenen Nachtcacher, die auch in völliger Dunkelheit Traditionals für den Tag finden können, also blieben die Stationen 13 bis 16 weiterhin unser Plansoll. Auf dem Weg suchten wir ein nahe gelegenes Hotel oder irgendeine andere Unterkunft für die Nacht. 7,5   Kilometer entfernt war die erste Möglichkeit, wir riefen an, und Tobi bestellte die Zimmer. Lustigerweise fragte er nach dem Preis, dabei waren wir längst davon ausgegangen, dass sie in einer so verlassenen Gegend noch gar kein Geld kannten und wir mit Sachwerten bezahlen müssten. Warum sonst hätten wir die Kuh mit aufs Wagendach binden sollen?
    Wir erreichten das Umland unserer Unternehmung, und so langsam wurde uns klar, warum wir keine alternative Übernachtungsmöglichkeit in der Nähe finden konnten. Zuerst hörten die Häuser auf, dann die beleuchteten Straßen, dann das «um», und schließlich verschwand auch das Land, und wir waren mitten im Nichts. Hier musste Michael Ende die Sache mit dem großen Nichts in der
Unendlichen Geschichte
eingefallen sein. Wahrscheinlichwar er versehentlich von der Autobahn abgefahren, hatte zu spät gewendet,

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