Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
und schon war er an der Stelle der Welt angekommen, die genauso hieß wie sein Nachname.
Dort, also am Ende der Welt, angekommen, zeigte die Wirtin uns das erste Doppelzimmer, und zwar mit einem leicht merkwürdigen Blick. Zwei Männer nach 23.00 Uhr im Hotel, Doppelzimmer, und dann erzählen sie noch was von nochmal schnell weg, «ein bisschen spazieren gehen» …
Doppelzimmer, ach ja, die hatten nichts anderes, war uns aber letztlich egal. Der Vorhang zur Toilette störte mich auch nicht weiter, wozu braucht der Mensch eigentlich Türen? Ich war sehr gespannt, was Tobi für ein Zimmer bekommen würde. Gar keines. Was? Ja, gar keins. Es war EIN Doppelzimmer, wir würden wohl zusammen im Bett liegen müssen. Sie könne uns natürlich ein weiteres Zimmer fertig machen, bot die Wirtin an, sie müsse dann aber das Bettzeug rübertragen. Wir sahen ein, dass das zu viel verlangt war, waren nett, sagten tschüss und standen alleine in dem Zimmer. Langsam drehten wir die Köpfe zu dem Vorhang, atmeten ein und aus und sagten gleichzeitig: «Ich muss gar nicht … eigentlich geh ich nie auf Toilette vor dem Schlafengehen … ist eh völlig ungesund …»
Kurz darauf machten wir uns auf den Weg zu den ersten Caches. Wir fuhren knapp 15 Minuten durch Gar Nichts, ab und an kamen wir an Etwas Nichts oder auch an Überhaupt Nichts vorbei. Völlig überraschend durchquerten wir einen Ort, so überraschend, dass sich sogar der Ort vor Schreck versteckte und auf dem Rückweg nicht mehr zu finden war, und standen schließlich am Ende eines Waldweges. Jetzt mussten wir bloß noch ein paar Meter in den Wald gehen und den ersten Cache des Frankenmemorys heben. Langsam stapften wir los. Was erwartete uns wohl? Eine Dose auf dem Boden? Eine Schnur am Baum? Eine Markierung im Holz?
Wir mussten nur noch zehn Meter nach links ins Gebüsch, aber wir fanden einfach keine Tür. Da, endlich ging es zwischen zwei Sträuchern ins Unterholz. Da war ein Zaun, auf der anderen Seite konnte er aber nicht sein, wir suchten, leuchteten mit unseren Taschenlampen hin und her. Ich hörte, wie der Cache mich rief. «Hier!», erklang es leise in meinem Ohr. «Hier!» Ich schloss die Augen und ließ mich wie ein Jedi-Ritter von meinen Gefühlen leiten. Ich wusste, auch ohne etwas zu sehen, wo es langging. Langsam, ganz langsam näherte ich mich einem Baum. Plötzlich spürte ich es, ganz deutlich: Ein Ast, direkt in meiner rechten Wange, ich öffnete die Augen, trat erschrocken und von Schmerzen gepeinigt einen Schritt zurück, stolperte und schaute direkt auf drei UPS: unusual positioned stones. Das war er. Ich rief: «HIER!», und Tobi antwortete: «SCHEISSE!» Dann hob ich ihn auf, nahm ihn in die Arme und liebkoste ihn eine Weile. Darauf hatte ich so lange gewartet, endlich den ersten Cache des Frankenmemorys zu heben. Jetzt war ich an der ersten Station angekommen, hatte den ersten Schritt in die richtige Richtung getan. Tränen liefen mir aus dem Auge, vermischten sich mit dem Blut aus der aufgeritzten Wange und tropften dieses Zeichen meiner Lebendigkeit auf die Stelle, an der eben noch der Cache gelegen hatte. Tobi trat, ganz leise und meine Gefühle respektierend, von hinten an mich heran und sagte: «BUH!»
Ich erschrak, blickte der in den Himmel entschwindenden Wolke schönen Gefühls nach und meinte zu ihm: «Können wir jetzt endlich?»
Wir konnten. Wir liefen zurück zum Auto, auf zum nächsten Cache. Der Anfang war gemacht. Jetzt lag der Rest des langen, steinigen Weges der Suche vor uns.
Die zweite Station befand sich noch etwas näher am Wegesrand. Wir gingen in den Wald, und schon da fiel mir etwas auf, ein kleiner Unterschied zwischen Tobi und mir. Gut, da gibt esdurchaus mehrere: Der eine von uns ist attraktiv und hat einen unglaublich muskulösen Körper, kommt bei den Frauen an, ist klug, weiß eine Menge, hat Sozialverhalten, kann zuhören und Ratschläge geben, und zwar immer genau dann, wenn man sie braucht. Dafür hat Tobi eine tolle Spiegelreflex-Digitalkamera. Aber all das erklärte nicht sein komisches Verhalten, während wir uns dem Ziel näherten: Jedes Mal, kurz bevor wir den Cache erreichten, ging er in eine andere Richtung. Zuerst dachte ich: «Oh Mann, der ist zu blöd, um sein eigenes GP S-Gerät zu lesen», aber dann stellte sich heraus, dass ich recht hatte.
Mit dem blöd. Nur war nicht Tobi blöd, sondern ich. Also, ich war zu blöd, die Daten richtig einzugeben. Bei dem ganzen
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