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Auge des Mondes

Titel: Auge des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schon jede verdammte Hilfsarbeit annehmen muss, um wenigstens halbwegs über die Runden zu kommen!«
    Er drehte sich um, ging zurück in den Schuppen. Alles hier war mit feinem Staub bedeckt, der sich in verschiedenfarbigen Schichten übereinander abgelagert hatte. Mina entdeckte ein paar kleine Skulpturen, alle halbfertig, die für sie aussahen, als habe Anchor sie reichlich lustlos begonnen.
    »Grabausstattungen für Neureiche«, sagte er abfällig. »Jeder will sich jetzt seine eigene kleine Isis oder Bastet mit in die Ewigkeit nehmen. Natürlich alles aus möglichst billigem Material - damit der Steinmetz bloß nicht auf seine Kosten kommt!«
    »Chais Garten«, begann Mina, »ist aber etwas ganz anderes …«
    »Das weiß ich, und Chai war mein Freund, das hab ich auch nicht vergessen. Ist ja nicht so, dass ich ganz und gar untätig gewesen wäre. Ein Tonmodell gibt es schon.« Anchor hob ein Tuch in die Höhe.
    Was er entworfen hatte, war wunderschön. Auf dem Relief waren kleine Bäume, Büsche, sogar winzige, perfekt gestaltete Blumenbeete zu erkennen. Die Krönung aber bildete der ovale Teich, der das Herz der Anlage bildete. Mina schossen Tränen in die Augen, so bewegt war sie auf einmal.
    »Er wird sich freuen im Haus der Ewigkeit«, sagte sie und wandte sich ab. »Manchmal denke ich, er vermisst dort seinen Garten mehr als mich. Bitte mach das Geschenk bald für ihn fertig!«
    Anchor, ebenfalls sichtlich gerührt über ihre spontane Freude, gab ein zustimmendes Brummen von sich.
    »Ich hab sie nämlich mit eigenen Augen gesehen«, sagte er. »Deshalb bin ich so wütend. Und hinke mit der Arbeit hinterher. Du weißt, dass das sonst nicht meine Art ist.«
    »Wen hast du gesehen?«
    »Diese kleinen dunklen Mistkerle aus dem Süden. Der Erste Sehende hat sie nach Per-Bastet geholt, das hab ich aus sicherer Quelle erfahren, und inzwischen weiß ich auch, weshalb.«
    »Wovon redest du? Ich verstehe kein Wort, Anchor.«
    »Wenn du mich fragst, geht hinter unseren Tempelmauern eine ordentliche Schweinerei vor sich. Alle hiesigen Handwerker haben ihre Arbeit verloren, du kannst fragen, wen immer du willst. Keiner von uns darf mehr im Auftrag des Tempels seinen Meißel schwingen, egal, wie gut beschäftigt er früher auch gewesen sein mag. Stattdessen haben sich dort jetzt diese schwarzen Bastarde eingenistet.« Er rollte mit den Augäpfeln, so aufgebracht war er.
    »Aber wozu? Was machen sie denn?«
    »Götterstatuen«, brummte Anchor. »Gewaltige. Riesige. Und natürlich aus dem allerfeinsten Stein.«
    »Woher willst du das wissen?« Unwillkürlich hatte jetzt auch Mina ihre Stimme gesenkt.
    »Weil ich eben weiß, was ich weiß.« Er stieß geräuschvoll die Luft aus. »Aber dieser neunmalkluge Senmut soll sich nur nicht zu früh freuen! Keine Mauer dieser Welt ist nämlich dick oder hoch genug, um zu verhindern, dass die Wahrheit nicht eines Tages doch ans Licht kommt.«
    »Welche Wahrheit?«
    »Das ist es ja! Es muss etwas Schreckliches an diesen Statuen sein«, sagte Anchor. »Etwas Verbotenes. Etwas, das man gar nicht denken, geschweige denn aussprechen darf. Sonst hätte er sie ja schließlich uns meißeln lassen können, oder nicht?«

    »Ist es langsam nicht genug?«, fragte der erste Mann.
    »Es kann niemals genug sein. Unser Feind ist mächtig, grausam und unberechenbar, du weißt selber am besten, wie sehr. Hat dir die Lektion neulich nicht genügt? Ich kann den Tag und die Stunde kaum erwarten, wo wir ihn endlich los sein werden.«
    Es war riskant, dass sie sich hier trafen, mitten am Tag, wo andere plötzlich dazukommen konnten. Aber es gab Dinge zu besprechen, die keinen Aufschub duldeten.
    »Wir platzen aus allen Nähten. Und es wird immer schwieriger, ausreichend Nahrung zu beschaffen, ohne Aufsehen zu erregen.«
    Der zweite Mann gab ein knurrendes Lachen von sich. »Niemand verlangt von euch, sie mit Leckereien vollzustopfen. Überleben sollen sie bis zum Großen Fest, das ist alles. Damit das Feuer stolz und mächtig wird. Ein Feuer, das niemand in Per-Bastet - nein, niemand in ganz Kemet vergessen wird bis zum Ende aller Tage. Wir sind die Fackel, von der der große heilige Brand ausgehen wird, der alles reinigt und klärt.« Seine Stimme wurde wieder sachlicher. »Ihr könnt auf die verlassenen Grabanlagen ausweichen, sollte es notwendig sein. Die meisten der Höhlen dort sind noch in gutem Zustand. Ich werde das Entsprechende sofort veranlassen.«
    »Hast du nicht manchmal Angst?« Der erste

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