Auge um Auge
erschien ein untersetzter Mann mit weißem Haar.
»Sie wünschen?«
»Wir würden gern frühstücken«, sagte Kate.
Ihr kultivierter englischer Tonfall durchschnitt die Stille wie ein Messer. Die Männer am Fenster starrten unverwandt herüber.
»Frühstücken?«
Dillon mischte sich ein, nicht ohne seinen Belfaster Akzent noch deutlicher werden zu lassen.
»Richtig, mein Alter, drei anständige Platten wie von Muttern. Wir sind gerade mit dem Boot von Magee gekommen. Und dann kannst du Aidan Bell anrufen und ihm sagen, Lady Kate Rashid ist da.«
»Aidan Bell anrufen?«, sagte der Mann.
»Wie heißt du eigentlich?«, fragte Dillon.
»Patrick Murphy«, erwiderte der Mann reflexartig.
»Schön, Patrick. Jetzt bring uns das Frühstück und ruf Bell an. Die Reihenfolge kannst du selbst bestimmen.«
Murphy zögerte, dann sagte er: »Setzt euch.«
Das taten sie, und zwar an einem Tisch gegenüber dem, an dem die drei Männer saßen. Dillon steckte sich eine Zigarette an. Man hörte ein kurzes Gemurmel, dann stand der bärtige Mann auf und kam herüber. An ihrem Tisch blieb er stehen und schaute sie an.
»Aus England, was?«, sagte er zu Kate, beugte sich vor und strich ihr übers Gesicht. »Na ja, bei ‘ner Frau ist das wohl nicht so schlimm. Also los, du englische Nutte, zeig uns mal, was du zu bieten hast.«
Auf dem Tisch stand eine große Flasche mit brauner Soße. George wollte aufstehen, doch Dillon drückte ihn nieder, packte die Flasche und schlug sie dem Mann seitlich über den Kopf. Der Mann sank auf die Knie, Blut und Soße auf der Wange, und Dillon trat ihm ins Gesicht, worauf er rücklings auf den Boden fiel.
In diesem Augenblick erschien Patrick Murphy. Er erschrak zu Tode, als die beiden jungen Männer aufsprangen und Dillon seine Walther zog.
»Nur mit der Ruhe.«
»Um Gottes willen«, sagte der Wirt, »was macht ihr da bloß? Die sind von den Provos!«
»Und wenn man da mal dabei ist, kommt man nie wieder raus, habe ich gehört«, sagte Dillon. »Ich selbst bin schon mit neunzehn eingetreten, aber ich will dir mal was sagen: Martin McGuinness wäre nicht begeistert von den Burschen da. Schließlich hat er Manieren.« Er wandte sich den beiden jungen Männern zu und deutete mit einem Kopfnicken auf den Boden. »Schafft dieses Arschloch hier raus.«
Die Wut der beiden IRA-Aktivisten war unverkennbar, doch sie zerrten den Bärtigen auf die Beine. Hinter ihnen ging die Tür auf, und ein Mann trat ein, der fast so klein wie Dillon war. Sein dunkles Haar war zerzaust, er war unrasiert und trug eine Wachsjacke gegen den Regen. Ihm folgte ein großer Mann mit rotem Haar.
»Du lieber Himmel«, sagte er, »bist du das, Quinn? Schaust aber mächtig übel aus.« Er stieß ein lautes Lachen aus. »Wem bist du denn auf die Zehen getreten?«
»Mir«, sagte Dillon.
Bell drehte sich erstaunt um, und sein Gesicht nahm einen fast ehrfürchtigen Ausdruck an. »Mein Gott, das kann doch wohl nicht wahr sein!«
»Ist es aber. Ist schon ‘ne ganze Weile her, seit die Fallschirmjäger uns in Deny durch die Kanalisation gehetzt haben, was?«
»Du hast mir mal das Leben gerettet.« Bell streckte ihm die Hand entgegen.
»Und du hast zweimal versucht, mich umzubringen.«
»Na ja, wir hatten eben Streit.« Bell drehte sich zu den beiden Männern um, die Quinn stützten.
»Schafft ihn mir aus den Augen.«
Während sie den Bärtigen hinausschleppten, sagte Bell: »Worum zum Teufel geht’s hier eigentlich, Dillon?«
»Das ist Lady Kate Rashid. Soweit ich weiß, habt ihr beiden eine Verabredung.«
Bell zeigte keine Spur von Überraschung. »Das hätte ich wissen müssen. Ihr wolltet mich überrumpeln, was? Was macht dieser Bastard hier eigentlich?«, fragte er Kate.
»Mr. Dillon ist als Privatmann hier. Ich brauchte seine Ortskenntnis, und er hat zehntausend Pfund erhalten, um mir damit zu dienen.«
»Wir sind gestern mit dem Flugzeug nach Aldergrove gekommen und haben über Nacht ‘ne kleine Bootsfahrt gemacht. In ein oder zwei Stunden geht’s wieder zurück nach Magee. Leicht verdientes Geld«, sagte Dillon.
»Ach, hör auf – du arbeitest doch immer noch für Ferguson, du Überläufer.« Bell zog einen Browning aus der Tasche. »Hände hoch. Schau nach, was er dabeihat, Liam.«
Der rothaarige Mann filzte Dillon und fand die Walther. Dann wandte er sich Kate zu. »Jetzt Sie, Schätzchen.«
»Benimm dich, Casey,
Weitere Kostenlose Bücher