Auge um Auge
das ist eine Lady«, sagte Bell und deutete auf die Aktentasche. »Sieh nach, was da drin ist.«
»Nein, Mr. Bell«, erklärte Kate, »was da drin ist, geht nur uns beide was an.«
»Aha.« Bell betrachtete George, während dieser von Liam Casey gefilzt wurde. »Das ist wohl Ihr jüngerer Bruder? War früher bei den Fallschirmjägern.«
»Sie sind gut informiert«, sagte Kate.
»Das bin ich immer. Falls Ihr Sicherheitschef auf dem Boot sein sollte – der war auch bei den Fallschirmjägern und ist außerdem ein verfluchter Protestant.«
»Du bist doch selbst einer«, erinnerte ihn Dillon und sagte achselzuckend zu Kate: »Von denen gibt’s nicht viele in der IRA.«
»Also, was soll ich hier?«, fragte Bell.
»Ein Geschäft machen, Mr. Bell. Da Sie so gut informiert sind, wissen Sie sicher, dass ich Geschäftsführerin von Rashid Investments bin und dass wir große Pläne in Ulster haben.«
»Habe ich gehört.«
»Können wir uns unterhalten?«
Bell nickte dem Wirt zu. »Wir gehen ins Nebenzimmer.« Er führte sie zu einer Tür, hielt sie für Kate auf und warf Dillon einen Blick zu. »Sean?«
»Sie haben es immer noch nicht kapiert«, sagte Kate. »Dillon ist nur als mein Aufpasser hier. Was ich geschäftlich mit Ihnen zu besprechen habe, geht nur Sie und Rashid Investments etwas an.« Sie drehte sich um und nickte ihrem Bruder zu. »George, komm mit.«
Die Tür ging zu. Dillon drehte sich um und sagte zu dem Wirt: »Es ist zwar noch ziemlich früh, aber draußen ist es kalt und es gießt in Strömen. Außerdem bin ich selbst von hier, und da gibt’s was zu feiern. Hol den Bushmills raus.«
Im offenen Kamin des Nebenzimmers brannte ein Feuer, davor standen ein kleiner Couchtisch und zwei Sessel. Kate Rashid setzte sich; ihr Bruder blieb hinter ihr stehen. Bell nahm ihr gegenüber Platz und steckte sich eine Zigarette an. Hinter ihm stand Liam Casey.
»Also, wenn ich die Sache recht verstehe, hat Ihre Firma Probleme bei ihren Vorhaben in Nordirland und braucht Schutz.«
»Nicht ganz, Mr. Bell. Das ist nur die offizielle Geschichte, die selbst Dillon glaubt. Nein, ich brauche Sie nicht, um die Tür zu bewachen. Dafür sind Sie viel zu talentiert.«
»Tatsächlich? Wofür brauchen Sie mich dann?«
»Letztes Jahr haben Sie in Tschetschenien General Petrowski umgelegt und den Großteil seiner Begleiter in die Luft gejagt. Damals war man im Allgemeinen der Ansicht, die dortigen Freiheitskämpfer hätten einen großen Coup gelandet, aber ich weiß, dass tschetschenische Exilanten in Paris Ihnen dafür eine Million Pfund gezahlt haben.«
»Das wissen Sie?«
»Allerdings.«
Seine Miene war ruhig. »Sie und Ihr berühmter Bruder, der Earl, nicht wahr? Ein Mann, mit dem man rechnen muss, außerdem der reichste Mann der Welt, wie man hört.«
»Nicht ganz, aber fast. Sie sind einander natürlich nie begegnet.«
»Beinahe doch. Er war Lieutenant bei den Grenadier Guards, drüben in Crossmaglen in South Armagh. Ich hatte einen meiner besten Scharfschützen dabei, als Ihr Bruder mit einer kleinen Patrouille auf uns zukam. Mein Mann hatte ihn schon im Visier, aber da kam ein Hubschrauber mit weiteren zwanzig Briten, und wir mussten uns schleunigst aus dem Staub machen.«
»Wenn Sie ihn erschossen hätten, müssten Sie jetzt auf eine anständige Summe Geld verzichten.« Sie schob ihm die Aktentasche zu. »Sehen Sie hinein.«
Bell ließ die Schlösser aufschnappen und hob den Deckel an. Mehrere Reihen Fünfzig-Pfund-Scheine wurden sichtbar. »Wie viel?«, fragte er.
»Einhunderttausend Pfund als Zeichen unseres Vertrauens. Die können Sie auf jeden Fall behalten, ohne Wenn und Aber. Ein Geschenk meines Bruders für Sie.«
»Und was soll ich dafür tun?«
»Möglicherweise haben Sie schon gehört, dass die Amerikaner und Russen in Hazar nach Öl bohren wollen. Der Sultan hat einen Deal für sie ausgeheckt, zu dem auch die Ermordung meines Bruders gehörte.«
»Der Sultan ist tot; das stand in der Zeitung.«
»Richtig. Ein von ihm gedungener Mörder hätte mich um ein Haar umgebracht. Den hat mein Bruder erschossen. So ist er eben.«
»Kein Wunder. Das macht die Zeit in Nordirland, Lady Kate. Ich, Dillon, Casey da, Ihr Bruder – wir sind alle aus demselben Holz geschnitzt. Aber das ist noch nicht alles. Ich weiß, ich bin ein Bastard, aber ich bin ein schlauer Bastard.«
»Na schön, ich sag’s Ihnen. Es geht um meine Mutter
Weitere Kostenlose Bücher