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Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
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telefonierten.
    »Ich könnte Professorin werden oder eine eigene Firma aufmachen. Als Grafikdesignerin oder als Elektroingenieurin kann ich …« Amir unterbrach mich: »… Radios und Fernseher reparieren, oder was? Das ist doch lächerlich – als Frau. Wenn überhaupt, dann studierst du Hauswirtschaft. Frauen müssen kochen, sticken und nähen können.«
    Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen! Und das war noch nicht alles. Amir übertraf sich sogar noch: »Wenn du mich wirklich liebst, Ameneh, dann lässt du die Finger von diesem Elektronikstudium, hörst du!«
    Ich war fassungslos. Amir, der selbst bald Elektrotechnik studieren würde, wollte mir mein Studienfach vorschreiben? »Wenn er dich einschließen will, kannst du die Universität getrost vergessen«, schoss es mir durch den Kopf. Weil ich nicht in Streitlaune war, ignorierte ich jedoch meine Einwände und schlug Amir vor: »Wenn ich mich in Elektronik dumm anstelle, studiere ich Hauswirtschaft. Einverstanden?«
    Er schien mit meiner Antwort zufrieden zu sein – zumindest vorläufig. Aber etwas stimmte nicht mehr. Mein Freund war irgendwie seltsam geworden. Das zumindest glaubte ich zu erkennen. Oder hatte ich mich verändert? Ich wusste es nicht. Sicher war nur, dass er mir von Tag zu Tag unausstehlicher vorkam – nicht nur, weil er nun ständig auf eine baldige Hochzeit drängte.
    »Amir, dein Vater hat mir wieder ausrichten lassen, dass ich mich von dir fernhalten soll, weil deine Noten immer schlechter werden«, hielt ich ihm erneut vor. Aber er wiegelte ab: »Wer setzt denn solche Gerüchte in die Welt? An meinen Noten gibt es nichts auszusetzen!« Sagte Amir die Wahrheit? Ich dachte zu jener Zeit nur: »Möge Gott geben, dass er die Wahrheit sagt.« Meine Zweifel indes blieben bestehen.
    Was wirklich in ihm vorging, konnte ich erst erkennen, als er eines Nachmittags wegen seiner stetig wachsenden Kontrollsucht ausrastete. Mahin, eine Schulfreundin, hatte sich in Amirs Freund Mahmud verliebt. Ich begleitete sie zu einer Telefonzelle, von der aus sie ungestört mit Mahmud reden könnte. Das zumindest dachten wir damals. Was wir allerdings nicht wussten: Amir war an jenem Nachmittag bei Mahmud zu Besuch, als Mahin bei ihm anrief. Amir verlangte nach mir und stellte mich zur Rede: »Wieso begleitest du Mahin, wenn sie mit Mahmud telefonieren will?«, schrie er in harschem Ton in den Hörer. »Was hast du überhaupt auf der Straße verloren? Bleib gefälligst zu Hause!«
    Ich war sprachlos. Was hatte ich da eben gehört? War das wahr oder nur ein böser Traum?
    »Bist du krank, Amir? Hast du sie noch alle?«, hörte ich Mahmud im Hintergrund rufen. Ich selbst war zu nichts mehr fähig – meine Gedanken kreisten wirr durcheinander.
    Was war nur in ihn gefahren? Amir schien wie besessen zu sein. Wie konnte es geschehen, dass dieser hübsche junge Mann so schrecklich eifersüchtig geworden war? Zumal es doch überhaupt keinen Grund dazu gab. Wo war der verständnisvolle, lebensfrohe Amir geblieben, der noch wenige Wochen zuvor endlose Stunden unter meinem Fenster verbracht und vernünftige Pläne mit mir geschmiedet hatte? Wo war er?
    Eines Abends, gegen neun, kam ich mit meiner Mutter vom Einkaufen nach Hause. Draußen war es schon dunkel, und auf dem offenen Feld hinter unserem Haus brannte ein Lagerfeuer. Ein paar Jungs machten sich wohl einen gemütlichen Abend, dachte ich mir – mehr nicht. Als Amir mich allerdings am folgenden Tag fragte, was ich am Vorabend noch so spät auf der Straße verloren hatte, wurden mir zwei Dinge klar: Amir war verrückt geworden, und er machte mir Angst! Ich stand unter seiner Bewachung, und mein Leben drohte in einem Beziehungsgefängnis zu verkümmern.
    »Du warst also zusammen mit den Leuten am Lagerfeuer gestern Abend?«, fragte ich ihn fassungslos. »Da stellt sich doch die Frage, wieso du dich nachts da draußen herumtreibst, statt die Nase in deine Bücher zu stecken? Dein Vater macht mich für deine schwachen Leistungen in der Schule verantwortlich, dabei bist allein du selbst schuld!«
    Amir schwieg und gestand mir an jenem Tag erst viele Stunden später, dass er Streit mit seinem Vater hatte, seit drei Tagen nicht mehr zu Hause gewesen war und wohl auch sein Abitur nicht schaffen würde. Zudem habe er das Rauchen angefangen, räumte er ein, und schaute mich mit seinen großen Augen an. Rauchen? Drogen? Weg von zu Hause? Keine Aussicht auf einen guten Schulabschluss? Ich war so enttäuscht, ich wusste

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