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Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
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Mädchen und Jungen einander in der Öffentlichkeit keinesfalls zu nahe kamen. Auch heute noch lauern sie an beinahe jeder Ecke und nehmen ihre Aufgabe sehr ernst, nicht zuletzt, weil die Verbote natürlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit unterlaufen werden. Händchenhalten in der Öffentlichkeit etwa ist völlig indiskutabel – auch bei verheirateten Paaren. In besonders strengen Phasen darf nicht ein Haar unter dem Kopftuch oder dem Tschador hervorschauen, der kurz nach der islamischen Revolution Pflicht wurde. Viele junge Frauen tragen statt des schwarzen Tschadors heute Mantel und Kopftuch. Während der Tschador die Frau nach wie vor von Kopf bis Fuß verhüllt und nur das Gesicht frei lässt, sind die Mäntel mittlerweile kürzer geworden und liegen enger an als früher. Kopftücher rutschen aus der Stirn weiter und weiter nach oben und geben die Sicht auf perfekt frisiertes Haar frei. Frauen schminken sich, tragen Kleidung und Sonnenbrillen aller angesagten Designer, zeigen lackierte Fußnägel in offenen Sandalen. Jedes noch so kleine Vergehen konnte zu jener Zeit bestraft werden. Wer auf einen dieser freiwilligen Sittenwächter stieß, musste damit rechnen, wegen eines Kaugummis oder eines Hauchs von Parfüm denunziert zu werden. Auf fast alles, was das Leben ein wenig schöner machte, standen Strafen – mal eine Geldbuße, mitunter konnten es auch Stockschläge sein. Wir mussten also äußerst vorsichtig sein, denn die Sittenwächter erkannte man nicht auf Anhieb. Rein äußerlich waren es ganz normale Menschen. Äußerlich …
    Spätestens an der großen Kreuzung vor der Schule wollte Amir also zu seiner Schule abbiegen, weil er ja nicht mit uns Mädchen auf dieselbe Anstalt ging. Und tatsächlich, eines Morgens stieg er mit uns in den Bus, den er sonst immer wegfahren ließ, weil er erst zur Nachmittagsschicht Unterricht hatte. Er fuhr vorne bei den Männern mit, während wir Frauen und Mädchen wie üblich hinten saßen, brav getrennt von den Männern. Er stieg aber mit uns aus und folgte uns – in gebührendem Abstand natürlich.
    Irgendwie war das sehr reizvoll, aber wir wollten um keinen Preis auffallen und schon gar nicht erwischt werden. Kurz vor der großen Kreuzung sagte Amir dann leise zu Schirin: »Wir müssen uns treffen, ich muss unbedingt mit euch reden.«
    Ich wollte schon weitergehen, damit die beiden ein paar Minuten alleine sein könnten, als Amir mich zurückhielt: »Geh nicht, Ameneh, du sollst auch dabei sein.«
    Hatte ich richtig gehört? Was sollte ich denn bei einem Rendezvous von Schirin und Amir? Ich hatte mir fest vorgenommen, eine geachtete Schülerin zu bleiben. Und diesen Plan würde mir niemand durchkreuzen! Ich wandte mich unwirsch ab, wollte in Richtung Schulhof gehen – und kreuzte Amirs Blick. Ich sah in seine Augen, die flehten: »Sag nicht Nein! Komm mit zu unserem Treffen!« Wieder stockte mir der Atem, sekundenlang. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, ich bekam kaum Luft und hörte, endlich am Schulhof angelangt, eine Klassenkameradin fragen: »Ameneh, ist dir nicht gut? Du bist ja kreidebleich.«
    Ich wiegelte ab: »Nein, nein, alles in Ordnung, kein Grund zur Sorge.«
    Wie viele Sorgen ich sehr bald haben würde, ahnte ich damals noch nicht. Auch nicht, als Schirin mir verriet, dass Amir, der gewiefte Stratege, sie nur benutzt hatte, um mit mir Kontakt aufzunehmen. Mit mir? Obwohl Schirin doch viel besser zu ihm passte? Ich war damals etwas über dreizehn Jahre alt, und Amir mochte vielleicht fünfzehn sein. Warum ich, warum nicht meine ältere Schwester? Ich rief mir Amirs sehnsuchtsvollen Blick in Erinnerung – und Schirin riss mich aus meiner leisen Träumerei: »Nächsten Donnerstag, nachmittags, um fünf am Lunapark.«
    Keine leichte Aufgabe, denn ich würde eine Nachhilfestunde ausfallen lassen müssen.
    »Deine Freundin Mardschan kommt auch mit«, setzte Schirin schnell hinzu, denn Amir konnte sich unmöglich mit mir alleine treffen. Wir würden einem Komitee sofort auffallen, so jung wie wir waren und einander viel zu unähnlich, als dass man uns für Geschwister hätte halten können. Ganz und gar verschwinden wollte ich vor den Augen der Sittenwächter allerdings auch nicht und trug, statt des weiten schwarzen Tschadors, meinen engen weißen Mantel und dazu passend ein weißes Kopftuch. Vorsichtshalber aber steckte ich zumindest meine Maghnae ein, die ich notfalls rasch überziehen könnte.
    Mardschan war fast noch gespannter als ich, als wir an

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