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Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
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einen steinigen Weg vor dir. Den wirst du alleine gehen müssen, Ameneh – denn alle Welt wird sich mit der Zeit von dir abwenden. Selbst du wirst dich von Gott abwenden. Du wirst ganz alleine sein, Ameneh. Sei gefasst darauf. Ohne zu verzweifeln. Denn eines Tages kehrt alles zu dir zurück.«
    Wer war das? Habe ich die Stimme tatsächlich gehört? Oder habe ich sie mir nur eingebildet? Das Licht, den breitschultrigen Mann, seine Stimme, seine Prophezeiung? Meine Schmerzen waren für einen Moment verflogen. Jetzt sind sie wieder da, so grausam wie zuvor. Das Feuer auf meiner Haut brennt noch immer lichterloh. Meine Ohren, meine Augen … Sind sie überhaupt noch da? Weit aufgerissen hatte ich sie, als er vor mir stand. Vor Verwunderung erst, dann vor Entsetzen, als dieser Kerl, dieses Ungeheuer auf mich zukam. Mein Gott, wieso nimmt er sich das Recht, mich zu zerstören? Es ist Säure, hat man mir gesagt. Kein Feuer, auch wenn es sich so anfühlt. Säure, die sich in meine Haut und meine Augen gefressen hat und die mich noch immer verschlingen möchte.
    Hat diese Säure überhaupt etwas übrig gelassen? Sie können mir hier nicht helfen, haben sie gesagt. Ich brauche dringend Geld für den Transport in eine Spezialklinik. Ohne Bezahlung fahren sie mich nicht, haben sie mir gesagt. Geld – die paar Münzen in meiner Tasche werden nicht reichen. Warum fahren sie mich nicht einfach? Ich habe kein Geld, aber ich habe auch keine Zeit. Sie rennt mir und meinem Körper davon. Immer weiter, immer stechender und verschlingender …
    Ist schon alles weggefressen? Warum soll ich jetzt hier im Bett liegen bleiben. Ich kann nicht. Es ist unmöglich! Unerträglich! Ich muss aufstehen, muss rumlaufen, auch wenn ich nichts sehe. Warum helfen die Schmerzmittel nicht? Die Säure hört nicht auf zu brennen, sie frisst und frisst und frisst sich in mich hinein. Da, eine Frauenstimme …
    Sie müssen liegen bleiben, Frau Bahrami, bis die Spritzen wirken. Und versuchen Sie bitte, die Augen aufzumachen.
    Die Augen öffnen? Wie denn? Es geht nicht! Ich kann das nicht.
    Und da ist eine Männerstimme. Was sagt dieser Mann? Dass er meinen Anblick nicht ertragen würde?
    Oh Gott, und wie soll ich das alles ertragen? Wie denn?
    Mir ist schlecht. Meine Hände, mein Gesicht, Augen, Ohr, Nase, Mund, mein Kinn … mein ganzer Körper, alles lodert.
    Wie soll ich überhaupt den Weg bis zum Krankenwagen schaffen? Wo kommt das Geld her? Von meiner Firma? Zweihunderttausend Toman? Oh mein Gott, das ist meine Rettung. Bitte steh mir bei.
    Diese Fahrt. Warum stehen wir? Wir müssen doch fahren! Schnell fahren, sonst verliere ich alles. Warum stecken wir im Verkehr? Wie lange sind wir schon unterwegs? Was? Eine Stunde? Wer hilft mir denn? Wer? Und warum kommen wir nicht schneller voran? Was noch? Was muss ich noch ertragen. Eine Klinik für Brandopfer, haben sie mir gesagt. Aber bin ich das? Gehöre ich da hin? Es war kein Feuer und auch kein kochendes Wasser – ich habe Säure in meinem Gesicht, die mir alles zu nehmen droht. Säure!
    Wir sind endlich da. Ich bin in Sicherheit. So Gott will! Schirin ist auch hier. Meine Schwester. Sie soll mich duschen, heißt es. Aber sie ist doch fast so hilflos wie ich. Gibt es denn hier niemanden, der das an ihrer Stelle tun, der ihr wenigstens zur Hand gehen könnte? Sie kann das nicht. Die Schmerzen, diese höllischen Schmerzen, ich komme um vor Schmerzen! Das Wasser auf meinem Gesicht und über meinen Händen kommt mit zu viel Druck. Das ist doch eine Spezialklinik. Warum muss mich meine Schwester Schirin waschen? Warum hilft mir niemand, der dafür ausgebildet ist?
    Das Unheil will nicht enden. Was höre ich da? Eine erneute Verlegung? Ins Schahid-Labafi-Krankenhaus? Das ist ganz in der Nähe vom Ressalat-Park. Um Gottes willen, die ganze Fahrt wieder zurück? Diese endlose Fahrt in den verstopften Straßen Teherans wieder zurück? Warum hat man mich denn nicht gleich dorthin gebracht? Ist mein Fall denn wirklich so kompliziert, dass niemand zu wissen scheint, was zu tun ist?
    Und wieder mehr als eine Stunde Fahrt in die dritte Klinik. Das ist doch kostbare Zeit, die buchstäblich an mir frisst. Und das Brennen wird immer schlimmer. Die Tabletten, die Spritzen, die ganzen Medikamente – nichts hat bis jetzt geholfen …
    Und nun schimpft man auch noch mit mir. Warum kommen Sie erst so spät, Frau Bahrami? Wer ist das? Ein Arzt? Warum ich so spät komme? Ich weiß es nicht. Weil mich die anderen Spitäler

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