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Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
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beängstigende Traum hinge mit Madschids Drohung zusammen? Je länger ich darüber nachdachte, desto hysterischer kam ich mir vor.
    Hab dich nicht so! Nimm die Sache nicht zu schwer. Träume kommen und gehen, redete ich mir auch ein, als ich mich beim Händewaschen im Spiegel betrachtete. Einhundert Prozent Sehfähigkeit hatte mir der Augenarzt kürzlich bescheinigt. Meinen Augen, die groß, schwarz und freundlich aussahen. Amir fand sie bezaubernd. Die Brauen ganz dicht, schwarz und schön geschwungen. Meine Wangen, ein wenig zu voll? Meine Nase gerade, schmal, ein klein wenig zu lang vielleicht. Meine Lippen gefielen mir. Sie konnten lächeln, an besseren Tagen. Meine Zähne – regelmäßig, aber nicht perfekt. Verstecken brauchte ich mich vor niemandem! Da hörte ich die Stimme wieder: »Sieh dir dein Gesicht genau an, Ameneh, präge es dir ein. Schau gut hin. Schau gut hin!«
    Was hatte das alles nur zu bedeuten? Was sollten diese Warnungen? Vielleicht war ich einfach nur müde und erschöpft.
    Als es Zeit war, Feierabend zu machen, verabschiedete ich mich rasch von ein paar Kollegen und ging nach draußen. Wieder die Stufen hinab … Einen Moment innehalten, Augen schließen, zur Sonne hinaufschauen, tief durchatmen, Kraft tanken … und schnell nach Hause. Am besten wieder durch den Park – vorbei an jungen Leuten, an jungen Paaren, die verträumt schlenderten, mir im Vorübergehen einen kurzen Blick zuwarfen.
    »Du siehst das alles hier zum letzten Mal, Ameneh, sieh’s dir genau an, präge es dir ein, schau gut hin, Ameneh. Schau dir alles an, zum letzten Mal!«
    Schon wieder diese Stimme! Hatte ich vielleicht den Verstand verloren? Ich musste mich ablenken und diese Stimme aus dem Kopf bekommen. Ich gab mich kindlichen Denkspielen hin: Was hatte ich in meiner Schultertasche? Der Tasche, die ich mir zum Studienanfang gekauft hatte. Sie war strapazierfähig, geräumig, praktisch und schick obendrein, farblich passend zu meinem hellen Mantel. Also, was war drin in der Tasche: Skripte für die nächste Mathematikklausur. Ein hartes Stück Arbeit lag da noch vor mir! Fotos von meinen Eltern, von Mohammad, Farhad, meinen Schwestern. Ein Lippenstift, etwas Geld.
    Wie gepflegt die Rasenflächen waren, wie ruhig der Park war, im Kontrast zur Hektik auf den Straßen. Er lag mitten in dem Gewühl der vielen Staus und Werbetafeln, all der Autos aus Japan, der plärrenden Fernseher aus Korea, der dunklen Tschadors und der grauen Asphaltflächen … Was es wohl zum Abendessen geben würde? Zum Fastenbrechen, zum Iftar, nach Sonnenuntergang? Ein seltsamer Tag war das, und je schneller er vorüberginge, desto besser! Nach Hause, duschen, früh schlafen gehen. Morgen wäre bestimmt alles besser. Und nicht mehr so düster …
    Die Jungs hinter mir klangen gut gelaunt. Aber wieso rückten sie so dicht auf? Verfolgten sie mich etwa? Geht ruhig an mir vorbei, Jungs, ich lass euch ja genug Platz, dachte ich, als ich ganz am Rand des Weges weiterging. Aber was war jetzt? Da kam doch jemand immer näher? Woher diese innere Unruhe? Was war mit mir los? Schon unzählige Male war ich durch diesen Park gegangen und fremden Leuten begegnet. Dieser Traum war es, der mich innerlich zermürbte. Drohte ich, verrückt zu werden? Paranoid? Krank vor Verfolgungswahn? Krank wie mein armer Vater? Bleib ruhig, Ameneh, es ist alles wie immer.
    Dreh dich einfach um, Ameneh. Schau, dass alles in Ordnung ist. Es wird nichts passieren. Auch dieser Mensch wird einfach an dir vorbeigehen, und du – du gehst zur Bushaltestelle, fährst nach Hause, und alles wird gut sein. Er kann doch bequem an mir vorbeigehen ... Soll ich mich etwa in Luft auflösen? Du musst diesen furchtbaren Traum vergessen, sonst nimmt er dich gefangen. Er raubt dir deine innere Ruhe, deine Zufriedenheit und dein Lebensglück. Es war nichts weiter als ein entsetzlicher Albtraum. Dies hier ist echt. Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus – sie ist besser, sicherer und friedlicher.
    Madschid? Was willst du denn schon wieder hier?
Was …? Wozu diese rote Kanne? Was machst du nur? Warum sind deine Augen so kalt und leer?
    Tu mir nichts, Madschid! Lass mich leben, Madschid! Himmel!
    Ich brenne. Alles wird schwarz. Schwarz und gleißend hell. Und heiß, furchtbar heiß. Ich glühe. Ich verbrenne. Alles lodert und stinkt. Feuer! Tausend Nadeln bohren sich in mein Gesicht. Jemand reißt mir die Haut vom Kopf. Meine Augen! Da läuft er weg! Madschid, was hast du getan? Was ist das in

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