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Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
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hatte ich immer häufiger das Gefühl, dass ich umso hellsichtiger wurde, je schlechter ich sah. Ein seltsames Gefühl, ja, aber nicht im Geringsten beunruhigend.
    Einmal träumte ich, ich goss – in ein Brautkleid gehüllt – in einem Hof Blumen, als plötzlich jemand rief: »Zieh das aus! Das ist nicht deins!«
    Und dann standen die fünf Gesegneten an meinem Bett, alle in Weiß gekleidet. Meine Ärztin Dr. Khosrawi, mit der ich darüber gesprochen hatte, meinte, dass sich eines Tages zeigen würde, was Gott mit mir vorhatte und was er der Welt durch mich sagen wolle … Eines Tages. Also wieder etwas für die Zukunft. Schon wieder sollte ich mich in Geduld üben. In der Gegenwart aber musste ich den nächsten Schock ertragen.
    Meine Ärzte standen vor meinem Bett und hielten mir eine Patientenerklärung hin, die ich unterschreiben sollte. Aber ich weigerte mich. Das Blatt Papier war des Teufels. Sie wollten meine linke Augenhöhle ausräumen – zur Minderung der Infektionsgefahr. Um zu verhindern, dass eine Entzündung vielleicht auch mein Gehirn erfasste, erklärten sie mir mit sorgenvollen Stimmen.
    Herr im Himmel, was sollte denn noch alles passieren, bevor mich endlich wieder gute Nachrichten erreichen würden? Eine ausgeräumte Augenhöhle hieß: Mein linkes Auge wäre endgültig verloren. Ich tobte vor Wut und Verzweiflung und wischte das Blatt Papier vom Tisch. Ja, irgendwann würde ich mich meinem Schicksal fügen müssen. Die Säure tat alles, um mich zu besiegen. Sie griff nach meinen Augen, mich aber würde sie so schnell nicht bekommen!
    Die Tage vergingen, und meine Schmerzen blieben. Mein ganzer Körper tat mir weh, von Kopf bis Fuß. Nachts konnte ich kaum liegend schlafen, und so verbrachte ich unzählige Nächte aufrecht sitzend. Auch die Spritzen, die meine Schmerzen lindern sollten, waren eine Qual, weil das Pflegepersonal immer größere Schwierigkeiten hatte, meine Venen zu finden. Ich sollte auf Schmerztabletten umsteigen – fünfzehn verschiedene Pillen pro Tag. Mein ohnehin angeschlagener Magen kollabierte fast.
    Auf Tabletten umgestellt, schlugen die Ärzte nun vor, mich nach Hause zu entlassen. Sie waren überzeugt, mit dieser Maßnahme die Infektionsgefahr für mich zu reduzieren. Nur noch zu den täglichen Verbandswechseln sollte ich in die Klinik kommen.
    Madschids Eltern ließen unterdessen nicht locker. Sie wollten mich unbedingt sehen und mit mir sprechen, wurde mir zugetragen. Aber wozu denn? Wozu, fragte ich meine Mutter, die mir davon berichtet hatte. Was wollten diese Leute damit erreichen? Ständig musste ich mir anhören, dass sie mir die Schuld an allem geben würden. Ich sei ja so geschminkt gewesen, dass ihr Sohn ganz verrückt geworden sei. Ich konnte es nicht mehr hören. Eine bodenlose Frechheit! Wenn ich überhaupt geschminkt war, dann nie sehr auffällig und allein mir selbst zuliebe. Keinesfalls für andere. Und bestimmt nie für ihren Sohn. Und überhaupt, was steckte hinter diesem perfiden Vorwurf? Hätten alle Frauen, die ihm ahnungslos irgendwo begegnet waren, eine Säureattacke befürchten müssen, weil sie vielleicht einen Hauch Lippenstift trugen?
    »Salam, Maman-Dschan, wie geht es dir heute? Schön, dass du da bist!«
    Ich war jedes Mal sehr froh, wenn meine Mutter zu Besuch kam.
    »Salam, Ameneh, mein Schatz.« Sie blickte ernst. Was machte ihr denn an diesem Tag solche Sorgen?
    »Ameneh, ich glaube, unten am Eingang hab ich … Oh Gott, Ameneh, sie kommen!«
    »Wer denn? Wen meinst du?«
    Plötzlich standen sie vor mir: die Eltern des Satans. Gütiger Herr, was erlaubten sich diese Leute nur? Was wollten sie von mir? Bevor ich überhaupt ein Wort sagen konnte, fiel Madschids Mutter bei meinem Anblick in Ohnmacht. Die Frau lag gekrümmt am Boden, während ihr Vater sofort begann, mich zu beschimpfen.
    »Sie haben meinem Sohn gesagt, Sie seien verlobt. Und das hat ihn wütend gemacht.«
    Meine Mutter stand wortlos an meinem Bett, während ich versuchte, wieder ruhigen Atem zu erlangen: »Ja, dass ich verlobt bin, hatte ich gesagt, weil ich Ihren lästigen Sohn endlich loswerden wollte!«
    Madschids Mutter kam langsam wieder zu sich. »Way khoda, Gott im Himmel, mein Herz! Ich sterbe, ich sterbe!«
    »Kümmern Sie sich doch um Himmels willen um Ihre Frau. Und dann lassen Sie mich endlich in Frieden!«
    Die Frau lag weiterhin jammernd auf dem Fußboden und klagte mit gellender Stimme, dass sie gleich dahinscheiden würde. »Ich sterbe … ich schaffe es

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