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Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
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mitgeteilt, dass sie mein rechtes Auge schließen würden, um es einstweilen zu schützen. Es sei der Versuch, dem geschundenen Sehorgan Ruhe und Erholung zu verschaffen. Genaue Prognosen wollte jedoch keiner der Mediziner wagen. Mein Bruder Mohammad, der eigentlich selbst genug damit zu tun hatte, sich von seinem Unfall zu erholen, sagte, er wolle mir eines seiner Augen geben. So weit aber war die Wissenschaft noch nicht. Meine Mutter indes erzählte mir, dass Dr. Karimian manchmal Tränen in den Augen habe, wenn er bei mir Visite machte. Und das gewiss nicht nur, weil inzwischen auch meine Augenbrauen verschwunden waren. Auch die hatte die Säure mittlerweile weggefressen. Von meinem rechten Augenlid war nur noch ein Drittel übrig, der Rest war einfach weggeätzt. Die Klausuren Ende des Monats konnte ich getrost vergessen, und ganz langsam wurde mir klar, dass ich sie nie würde wiederholen können …
    Wer immer in diesen Tagen zu Besuch kam, musste mir vorlesen, was über mich in den Zeitungen stand. Leider wurden viel zu oft Halb- oder gar Unwahrheiten verbreitet – etwa wenn sie mich »Frau Ingenieurin« nannten. Mit ihren Übertreibungen halfen sie mir kein bisschen. Im Gegenteil. Sie legten mir Steine in den Weg, die ich mit meinen eigenen kaputten Augen nicht einmal mehr sehen konnte.
    Und auch der eine oder andere Mensch um mich herum machte mir bisweilen das Leben schwer – manchmal, so vermutete ich, ohne es selbst zu merken. Eine Krankenschwester meinte einmal: »Dieser Madschid müsste Sie zur Strafe heiraten, Frau Bahrami.«
    Um Himmels willen, was sollte das denn heißen? Ich war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren.
    »Na ja«, meinte die Schwester, »wenn er sie liebt, nimmt er sie auch jetzt noch.« Solcher Logik vermochte ich nicht zu folgen. Er würde mich also jetzt noch nehmen. So, wie ich jetzt aussah. Und er müsste zur Strafe den Rest seines Lebens mit einem Monster wie mir verbringen.
    Meine Mutter hatte sich ihr Leben sicher auch anders vorgestellt. Erst quälten sie jahrelang die Sorgen um meinen Vater, dann fiel ihr Bruder, Mohammad hatte einen Autounfall und nun ich. Ob sie wohl fürchtete, dass ich ihr bis an ihr Lebensende zur Last fallen würde? So weit durfte es einfach nicht kommen. Das musste ich verhindern – um jeden Preis! Und genau das wurde mein Plan für die Zukunft: Ich würde alles dafür tun, meiner Mutter nicht zur Last zu fallen. Wenigstens sie sollte für den Rest ihres Lebens ein wenig Ruhe geschenkt bekommen.
    In der Gegenwart indes benötigte ich meine Kräfte allein für mich selbst. Erst am Tag zuvor kam beim Verbandswechsel der nächste Schock. Als ich mein Kopftuch abnahm, hielt ich plötzlich ein dickes Büschel Haare in der Hand. War ich nicht schon gestraft genug? Mussten mir jetzt auch noch die Haare ausgehen? Der letzte Rest Schönheit, der mir noch geblieben war? Man beschloss, mir fürs Erste die restlichen Haare auch abzuschneiden. Der Scherz, den der Arzt dabei gemacht hat, war mir nur ein schwacher Trost: »Siehst du, Ameneh, du bist etwas ganz Besonderes. Andere Leute gehen zu einem schnöden Friseur, um sich die Haare schneiden zu lassen. Du aber hast dafür einen Leibarzt.« Ja, und der hatte nicht bloß geschnitten, er hatte mich fast kahl geschoren!
    Wie lautete die Prophezeiung dieser inneren Stimme?
    »Eines Tages kehrt alles zu dir zurück, Ameneh. Du musst nur Geduld haben. Der Weg wird steinig, du wirst alles hinter dir lassen, doch eines Tages …«
    Daran zu glauben fiel mir immer schwerer. Auch wenn der negative Teil der Prophezeiung sich ja zu bewahrheiten schien, auf den positiven vermochte ich kaum noch zu hoffen.
    Ich verlor und verlor, ließ täglich mehr hinter mir …
    Zu jener Zeit träumte ich häufig von den fünf verehrten Mitgliedern der Familie des Propheten Mohammed. Ihn, seine Tochter Fatima, deren Mann Ali und ihre beiden Söhne Hassan und Hussain hatte Gott einst unter seinen besonderen Schutz gestellt, sie gesegnet und von aller Sünde freigesprochen. Was diese Träume nun wieder zu bedeuten hatten? Jedenfalls gaben sie mir Kraft, und es war mir auch ziemlich gleichgültig, dass die Leute, denen ich davon erzählte, sich meist lustig machten über meine Hirngespinste – wie sie sie nannten. Nichts davon hatte ich mir ausgedacht, nichts davon eingebildet.
    Dabei wollte ich meine Augen am liebsten anflehen: »Bitte, seht wieder! Bitte zeigt mir die Welt wieder so, wie ich sie gewöhnt war!« Vergebens. Stattdessen

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