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Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Titel: Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
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nichts draus. Das kommt sicher irgendwann wieder.«
    View schluckte schwer. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie Eltern haben musste, ein früheres Leben, Erinnerungen daran, aber da existierte nichts. Nur verschwommene Bilder und Stimmen, die sich aber nicht fassen ließen. Oder die nicht ihre eigenen waren , schoss es ihr seit einigen Stunden anhaltend durch den Kopf. Doch das fühlte sich so beängstigend an, dass sie es lieber verdrängte. Selbstschutz. Ihr Gehirn schien sich selbsttätig von hartnäckigen Grübeleien fernzuhalten, abzuweichen wie ein Auto, das einfach abbog. Nie geradeaus, immer links ab, sodass sie im Kreis fuhr. Verflucht, ihr war schon ganz schwindlig von diesem ewigen Kreisverkehr.
    »Wie ist deine Lieblingsfarbe?«
    »Oh«, machte sie, anstatt ihm zu antworten. Sicher wollte er ihr mit einer einfachen Frage aus der Wortlosigkeit helfen, doch … »Ich mag alle Farben.«
    »Alle? Auch Schwarz?«
    »Das ist genau genommen keine Farbe. Aber ja, auch Schwarz. Schwarz ist erholsam.« Sie plapperte wie ein Kind. Schwarz bedeutete bestimmt nur für sie, dass sich ihre gestressten Augen erholen konnten. Dämlich.
    »Schwarz ist eine unbunte Farbe«, widersprach er. »Bist du total blind? Siehst du nur schwarz mit den Linsen?«
    View lachte auf. Vielleicht, weil es sie erleichterte, freiweg auf eine Frage antworten zu können. »Ich bin nicht blind. Ich sehe doch. Alles, was ich will. Meine Vorstellung und meine anderen Sinne verschaffen mir ein wundervolles Sehen, die Umwelt meiner Fantasie. Vermutlich alles viel zu bunt. Ich liebe Farben, sagte ich ja schon.« Sie geriet wirklich ins Plappern. Piri hätte ihr längst … aber der war ja ausnahmsweise einmal nicht eingeschaltet.
    »Du wirst die Linsen also auf keinen Fall rausnehmen, oder?«
    »Auf keinen Fall.«
    »Ohne die Dinger würden wir dennoch schneller vorankommen. Meinst du nicht?«
    »Hm.«
    »Das ist nicht gerade eine Antwort.«
    »Nein, wohl nicht«, brummte sie.
    »Ich verstehe immer noch nicht, weshalb man dich View nennt.«
    Sie zuckte zusammen. View war ihr Name. Musste es doch sein, wenn sie sich an keinen anderen erinnern konnte. O Mann!
    »Denk nicht darüber nach«, sagte Zac, als wüsste er, was sie bewegte, »versuch doch einfach mal, es mir zu erklären.«
    »Hm.« Sie blieb stehen und streckte den Rücken. Sonne schien ihr ins Gesicht. Das tat gut. »View – Sehen. Vielleicht, weil ich so gut sehen kann?« Sie lachte auf, ohne es zu wollen.
    »Das klang ein wenig sarkastisch«, sagte er, musste aber auch lächeln.
    Nein, sie würde ihm nicht erzählen, was ihr Blick wirklich anrichtete. Die wenigen Reaktionen, die sie auf ihre Krankheit mitbekommen hatte, reichten ihr bis ans Ende ihrer Tage. »Nein, im Ernst. Ich kann sehr, sehr gut sehen. Leider zu gut, sodass ich meine Augen mit den Linsen schützen muss.« Was faselte sie da bloß für Zeug?
    »Du lügst.«
    »Genauso wie du«, gab sie zurück.
    »Ich belüge dich nicht. Nur mein Name war falsch.«
    »Zac, ich höre, dass du lügst, wenn du nur den Mund aufmachst.«
    Er seufzte. »Lass uns weitergehen.«
    »Wohin?« Endlich hatte sie es ausgesprochen. Fragen zu stellen, fühlte sich gut an. Es befreite, wie weinen. Inzwischen kam sie sich dumm vor, sie nicht zu stellen, obwohl ein schlechtes Gewissen sie irgendwie doch plagen wollte. Neben dem Durst und dem Hunger.
    »Immer weiter durch den Wald, den Berg hinab.«
    »Und dann?«
    »Erreichen wir eine Stadt.«
    »Um …?«
    »Fragen zu können, wo wir sind.«
    »Du weißt nicht, wo wir sind?« Er führte sie durch unwegsames Gelände mitten in der Wildnis und hatte keinen blassen Schimmer, wo sie sich befanden? Sie schnappte nach Luft.
    »Du doch auch nicht.«
    »War ja auch nicht meine Idee, hier herumzuirren.«
    »Ich weiß genau, wo ich hinwill«, sagte er mit einem seltsam grimmigen Unterton, »das reicht mir. Ich muss nicht wissen, wo ich jetzt bin.«
    »Toll. Unseren Standort herauszufinden, ist viel leichter, als du denkst.« Sie zog das Armband aus der Hosentasche und streifte es sich über das Handgelenk. Stolz erfüllte sie. »Piri hat bestimmt GPS. Er wird uns sofort und exakt sagen, wo wir uns befinden.«
    »Wer ist Piri?«
    »Na, du hast doch auch ein Hologramm, hast du ges… «
    »Nimm’s ab«, brüllte er ihr ins Ohr, »Nimm’s ab. Schnell!«
    View riss ihren Arm instinktiv zur Seite, weil sie dachte, er würde nach ihr greifen. »Warum?«
    »Weil sie uns so orten können!«
    »View«, sagte Piri.

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