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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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sicher nicht im Angebot eines Supermarktes zu finden. Sie bekam trotzdem eine Gänsehaut.
    »Bornschein, Doktor Thomas Bornschein. Ich vertrete hier momentan die Geschäftsleitung. Time is Money ist ein überregional operierendes Unternehmen, wir haben Dependancen in Stuttgart, Essen, Hamburg-Wilhelmsburg und noch einige mehr. Unsere Kunden waren immer zufrieden. Unsere Vermittlungsquote liegt bei über achtzig Prozent. Davon können die Arbeitsagenturen des Staates nur träumen. Tja.« Bornschein rieb seine Hände gegeneinander und wischte sich so den Schweiß ab.
    »Meine Dame, mein Herr, Polizei? Worum geht es? Haben wir Ihnen jemanden vermittelt? Sind Sie unzufrieden? Kein Problem. Wir finden Ersatz. Über tausend Klienten haben wir in unserer Kartei, da wird sich auch für Sie das Geeignete finden …«
    »Eine Ihrer Arbeitskräfte existiert scheinbar nicht.«
    Schmitt verzichtete auf die offizielle Vorstellung, und der professionell gut gelaunte Dr. Thomas Bornschein zog seine ausgestreckte Hand langsam zurück. Agatha Schell schob schon wieder eine Strähne unter ihr Haarband.
    »Was soll denn das heißen?« Dr. Bornschein machte große Augen und ein erschrockenes Gesicht.
    »Phantome können nicht vermittelt werden.« Schmitt lachte, kein anderer lachte mit ihm.
    Agatha Schell war das Bonmot eher peinlich, sie kroch fast in den Monitor auf ihrem Schreibtisch. »Anita Demand scheint es doppelt zu geben«, erklärte sie leise. »Die Frau, die unter der angegebenen Adresse wohnt, arbeitet nicht auf unsere Vermittlung, die andere ist verschwunden und wird wegen Mordes gesucht.«
    »Um Gottes willen!« Der Geschäftsführer hob die Arme und spielte Überraschung, wie er es wohl aus dem Fernsehen kannte. »Nein!« Damit wandte er sich seiner Angestellten zu. »Agatha, und wir haben diese Frau vermittelt?«
    Beetz machte sich Gedanken, wie dieses Arbeitsverhältnis funktionierte. Sie könnte keine Minute unter Dr. Bornschein arbeiten.
    Agatha Schells Stimme schien gleich zu zerreißen. »Ja, ja, sie ist in unserer Kartei. Alle Angaben stimmen. Sie muss hier bei uns gewesen sein, sagen die Akten.«
    Aufgeregt drehte die Arbeitsvermittlerin ihrem Chef den Monitor zu und wies mit dem Finger auf den Bildschirm mit der schlechten Kopie.
    »Ablichtung des Ausweises, Zeugnisse, Referenzen. Sie machte einen guten Eindruck, die Frau. Wir konnten sie erfolgreich in Arbeit bringen, sie ist als Nachtschwester im Neurophysiologischen Rehabilitationszentrum untergekommen. Wir haben auch keine Klagen gehört. Seit fast einem Jahr arbeitet sie dort.«
    »Nur ist sie heute nicht zur Schicht erschienen, und nach ihrer letzten lag auf Station eine Leiche. Unnatürlicher Tod, stellte der Gerichtsarzt fest.«
    Thorst Schmitt hatte die Gesprächsführung übernommen. Beetz atmete auf, solche Pseudo-Schenkenberg-Typen, die vor Selbstbewusstsein nur so strotzten, waren ihr widerlich. Die gab es zu Dutzenden, auch in ihrem Umfeld. Smart. Eloquent. Bar jeder menschlichen Regung. Nur der Erfolg zählte für die, die Höhe der Boni und die Oberweite der Freundin. Schmitts Ton war scharf, aber Dr. Bornschein irritierte er nicht.
    »Sie können uns für die Handlungen vermittelter Personen nicht verantwortlich machen. Wir können doch nicht in sie hineinsehen.«
    »Überprüfen Sie denn nicht die Angaben Ihrer Bewerber?«
    »Natürlich tun wir das!«
    »Aber die Identität prüfen Sie nicht?«
    »Ich bitte Sie! Welcher Arbeitgeber tut denn das? Wir haben den Ausweis gesehen und abgelichtet. Wo sollten uns da Zweifel kommen? Und eine Einstellung erfolgt immer auf Vertrauensbasis. Wir können doch nicht jedes Zeugnis kontrollieren und in den Schulen nachfragen, ob unser Kunde vielleicht bei seiner Latein-Note geschummelt hat. Und natürlich muss jeder Bewerber uns die üblicherweise geforderten Papiere beibringen. Aber offensichtlich waren die der Frau Demand in Ordnung. Meinen Mitarbeitern wären Unregelmäßigkeiten sicher aufgefallen.«
    Bornschein hob die Hände, als ob Gott bestätigen könnte, dass er die Wahrheit sprach. »Glauben Sie mir, verehrte Kommissare, wir tun hier unser Möglichstes, aber wir können doch nicht in jedem unserer Klienten einen Verbrecher vermuten. Wir geben ihnen Vertrauensvorschuss, anders als die staatlichen Behörden, die das ja meistens nicht tun.«
    Vielleicht sollten sie diesen Satz als Provokation verstehen, vielleicht war er nur eine Floskel. Dr. Bornschein schaute auf seine Hände, als hätte er sie gerade

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