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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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einem Phantombild helfen.« Beetz blickte auffordernd zu Agatha Schell, dann zu Schmitt. »Auch die Schwestern im Krankenhaus können uns dabei unterstützen.« Sie gab die Suche nicht von vornherein verloren. »Durch die Mithilfe der Bevölkerung haben wir ja schon manche Verdächtige ausfindig machen können.«
    »Na, Ihr Galan wird eine schöne Schlagzeile draus machen. Phantomfrau ermordet Toten! Prima!« Fast im ganzen Gespräch hatte Schmitt geschwiegen, nur an einem Bonbon gelutscht. Jetzt war er wütend und unausstehlich.
    »Sie können Herrn Hönig ja bei den Formulierungen helfen, Kollege Schmitt.« Mit einem Lächeln gab Beetz Schmitt sein Handy zurück.

17
    »Dässchen gommt glei.«
    Die Thekenkraft stöckelte zu ihren Automaten und drückte die Knöpfe. Am Tisch nebenan saßen zwei Ladys, die jeden ankommenden Jüngling mit blitzenden Augen begrüßten. Selten wurde zurückgelächelt, und sie widmeten sich wieder dem einsamen Strohhalm in ihrem Cocktail.
    Es war eines jener typischen Cafés, die eher auf Umsatz denn auf Gemütlichkeit setzten. Das bewährte Design aus Metall und hellem Holz, die hohen Hocker in Leder, auf die sich das Durchgangspublikum fläzte. Die Automaten glänzten und summten wie Fliegenschwärme in der Sonne. Das Lächeln der Bedienungen war professionell und gemeißelt. Ihre Frisuren schienen den neuesten Modekatalogen entlehnt. Ihre Sätze waren immer dieselben.
    Auch die Gäste sahen sich zum Verwechseln ähnlich. Das Durchschnittsalter war unter dreißig. Anzüge und Kleider glichen Uniformen und betonten die sportliche Körperlichkeit. Aus nahen Banken, Behörden und Redaktionen traf man sich hier auf den Espresso in der Mittagspause, den Snack zwischendurch und plauderte. Die Straßenbahnhaltestelle vorm Freisitz spülte immer wieder Schwärme von Gästen herein, die nie mehr als ein Tässchen Kaffee bestellten. Masse machte den Umsatz.
    Miersch erkannte die Biederstedt von Bild, die einem älteren Herrn das Diktafon unter den Schnauzbart hielt. Es sah aus, als würde der Mann an einem Schokoeis lecken. Die Journalistin grüßte Miersch mit einem leichten Kopfnicken und interessiertem Blick und widmete ihrem Interview mit dem Herrn, der von der Wende und zwanzig Jahren Einheit erzählte, kaum noch Aufmerksamkeit. Miersch war wohl eher die Schlagzeile wert.
    Er saß auf dem Präsentierteller und ärgerte sich. Der Treffpunkt war zu nah am Präsidium und an den Zeitungsredaktionen. Fehlte noch, dass Hönig sich zu ihm an den Tisch setzte. Die Biederstedt, Bild, würde ihn sicher gleich ins Verhör nehmen wollen. Eindeutig der falsche Platz, dieses Café, aber Miersch wollte die Akte des Macherner Mordes sofort und nicht erst Brigitte Rademacher durch die halbe Stadt jagen, da er sich nicht zu ihr ins Präsidium traute. Er verzog sich hinter ein Monatsheft, das vor ihm auf dem Tisch gelegen hatte und erfuhr einige Insidertipps. Reinhard Fendrich gehört in Österreich zu den Über-Promis, und jetzt kommt er wieder mal zu uns. Prima, vielleicht stand Margo auf den alternden Playboy. Ostprodukte im Westen – Es geht nicht um Kekse, Würste und Pralinen, auch nicht um die Rückkehrpakete, die vor einiger Zeit dank lustiger Politiker in der Diskussion waren, nein, es geht um eine Party im äußersten Leipziger Westen. Mein Gott, wie viel Kultur ging an ihm vorbei. Er kannte nur Discokrieg und Kindstod. Wenn Zwölfjährige im Überschwang der Gefühle eine Band gründen, dann gibt es diese Band meist nicht lange …
    »So, Ihr Gäffchen!«
    Die gemeißelt freundliche Bedienung knallte die Tasse vor ihn auf den Tisch, dass es schwappte. Als er hoch blickte, war sie bereits beim nächsten Kunden und gab ihm ein Küsschen. Miersch blätterte, ohne zu lesen, sah grinsende Politiker, die Wahlwerbung machten, schaute auf Schallplattentipps und Cinema-News. Als er die Zeitung beiseitelegte, heftete die Biederstedt, Bild , ihren Blick auf ihn. Er zwang sich zu lächeln. Sie deutete auf ihn und ihre Uhr. Wahrscheinlich ein Gesprächsangebot. Miersch schüttelte den Kopf.
    Der Blick zur Uhr sagte ihm, dass noch fast eine Viertelstunde Zeit war, bis seine Verabredung kam. Er war zu früh, doch er konnte es vor Spannung kaum aushalten, und in den leeren Räumen seiner Wohnung wäre er Amok gelaufen. Der Augensammler. Wenn es wirklich ein Serientäter gewesen war, dann hielt sich seine Geschichte auch über Jahre, sogar Jahrzehnte im Gedächtnis der Anwohner. Was wäre London ohne Jack the

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