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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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Aber komisch war’s schon. Ich habe weiter nicht nachgefragt. Und gemordet hat hier keiner mehr. Zumindest nicht der Augensammler.«
    Günthardts Äußerungen schoben den Mordfall in andere Dimensionen. Es konnte gut sein, dass alle Seiten mit dieser einfachen Lösung zufrieden gewesen waren, außer der Familie logischerweise. Und das legte nahe, dass Annes Vater tatsächlich zu Unrecht beschuldigt wurde. Wehren konnte er sich nicht mehr. Sein Sohn hatte ihn gerichtet. Miersch aß den Keks und trank den Kaffee aus. Günthardt holte sich seine Bierflasche wieder vom Tischrand und schüttelte sich den letzten Tropfen in die Kehle. Dann schob er die Flasche wieder zurück und schaute Miersch an.
    »Queißer hieß der Ermittler. Vielleicht fragen Sie den.«
    »Das werde ich tun.«
    Da wurde die Tür aufgerissen, und Frau Günthardt stand in der Stube mit einer neuen Flasche Bier in der Hand. »Ihr meint wirklich, der Augensammler läuft immer noch frei herum?«
    Miersch und Günthardt schauten erschrocken auf. Doch Frau Günthardt war nicht zu bremsen. »Das muss man doch allen sagen. Kann doch sonst was passieren. Der Augensammler lebt. O mein Gott! Ab heute wird der Hund nicht mehr an die Kette gelegt.«

25
    Kohlund hatte alle Termine abgesagt. Alle. Er hielt sich aus den weiteren Ermittlungen heraus. Beetz hatte die Verantwortung gern übernommen. Schmitt hatte geflucht und ihn ein Arschloch geheißen.
    Als der Wecker schrillte, hätte er ihn an die Wand werfen können. Er hatte schlecht geschlafen. Er hatte schlecht geträumt. Berge von Akten waren über ihm zusammengefallen. Er hatte den Mount Everest bestiegen und war in einem Fluss von Schokolade geschwommen. Dr. Hackenberger hatte ihm von einem Schlauchboot aus gedroht, ihn unehrenhaft aus dem Polizeidienst zu entlassen, wenn er nicht den Posten des Kriminaldirektors übernehmen würde.
    Schweißgebadet wachte er auf und klebte am ganzen Körper. Das Bettlaken klemmte zwischen seinen Beinen. Das Kopfkissen war aus dem Bezug gerutscht. Es war früher Morgen. Lars Kohlund stank und musste unter die Dusche.
    Alexia lag noch in tiefem Schlaf. Er sah sie gar nicht unter ihrer Decke. Sie hatte weder sein Kommen gehört noch den Wecker, oder sie überhörte ihn absichtlich. Er kroch aus dem Bett und verfluchte den Tag. Zwar hatte ihm Dr. Hackenberger mehrere Tage Bedenkzeit gegeben, aber je länger er die Entscheidung vor sich her schob, desto schwerer würde sie ihm fallen. Ja, er hatte im ersten Impuls absagen wollen. Aber allein schon, dass seine Frau ihn in diesem Entschluss bestärkte, ließ Kohlund anders denken. Nein, er übersah nicht die Tücken und Fallen, die ihm sein neuer Job stellen würde. Ja, er war niemand, der sich gern vor Presse und Kameras prostituierte. Nein, er wollte nicht erneut unter der Inkompetenz und dem Egoismus eines Westimportes leiden. Ja, er würde sich vor die Kollegen stellen, die er aus ihrer langjährigen Arbeit kannte. Er war hier aufgewachsen. Er liebte die Stadt. Unter Umständen wäre er bereit, die Herausforderung anzunehmen. Wenn das Gehalt stimmte. Wenn er Manuela Hohmann als Sekretärin behielt. Wenn Kompetenzen und Pflichten genau festgelegt wurden. Bei Konstantin Miersch hatte er immer den Eindruck, dass der sich absichtlich in Ermittlungen drängte, die Öffentlichkeit garantierten, jedoch bei Kritik und Problemen die Rechtfertigung anderen überließ. Dieses Image wollte Kohlund nicht. Aber er würde sich noch Rat einholen, bei wem auch immer. Allein treffen konnte er diese Lebensentscheidung nicht.
    Der Beetz hatte er die Leitung der Dienstberatung und die der Ermittlung übertragen. Die Kollegin war weder überrascht noch schien sie sich damit überfordert zu fühlen. Er hatte weder die Zeit noch den Kopf frei für verschwundene Krankenschwestern und den Tod eines Todkranken. Die Beetz war als Erste am Tatort gewesen. Sie hatte mit Engagement und Intuition die Verhöre geleitet. Sie würde die richtigen Maßnahmen treffen und das Team im Griff behalten. Schmitt nahm ihm diese Entscheidung übel. Aber Schmitt war mit diesem Fall nicht so vertraut wie die Beetz, und manchmal zweifelte Kohlund an ihm. Seit sein Stellvertreter die Gattin verloren hatte, ließ er jedes zwischenmenschliche Gespür vermissen. Schmitts Scherze waren unerträglich. Kolleginnen hatten sich über seine Anzüglichkeiten beschwert. Mehrmals hatte Kohlund schon den Eindruck, dass Schmitt mit einer Alkoholfahne zum Dienst erschien. In manchen

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