Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Die Maschine nahm Fahrt auf. Das Heckrad löste sich vom Boden, und der Rumpf stellte sich waagrecht. Die Flamingo bekam im Gegenwind rasch Auftrieb und hüpfte wie von einem Katapult geschleudert in den Himmel.
    Es war sein erster Flug. Der Flugapparat bebte und bockte, als wäre der Weg durch die stürmische Luft mit Schlaglöchern versehen. Steinberg kam sich vor wie in der » Wilden Maus« und wußte nicht, wie ihm geschah. Der Fahrtwind riß an den Spanndrähten zwischen den Tragflächen und zerrte an seinem Fliegeroutfit, der Flugmotor hämmerte in seinen Ohren, vor seiner Nase peitschte ein orgelnder Propeller die Luft, und sein geschundener Körper vibrierte, daß die Schmerzen kaum auszuhalten waren. Wie eine willenlose Puppe wurde er hin und her geschleudert, bis ihm schwindlig wurde und sein Magen revoltierte.
    Je höher sie stiegen, um so heftiger wehten die Winde. Böen drückten die Maschine von ihrer Flugroute ab, und als er sich nach hinten drehte, sah er Herzogs lachendes Gesicht. Mit voller Kraft stemmte er sich in die Seitenruder. » Wir gehen gleich tiefer…« Herzog brüllte. Das Dröhnen des Motors riß ihm Worte von den Lippen. » …keine Angst. Unten ist es dann viel ruhiger.«
    Er schob den Steuerknüppel nach vorn und drückte die Maschine steil nach unten. Die Tragflächen flatterten, und Steinberg hatte das Gefühl, als würde das Flugzeug jeden Augenblick auseinanderbrechen. Die Erde raste auf ihn zu. Dann wurde es ihm schwarz vor Augen.
    Als er wieder zu sich kam, strich die Flamingo mit gedrosseltem Motor im Windschatten des Leithagebirges über die Buchenwälder und Weinberge hinunter zum Neusiedler See. Er preßte die Augen zu und wagte nicht über den Rand des Cockpits zu schauen. Sonst hätte er gesehen, wie die aufgehende Sonne das östliche Ufer in blaßrotes Licht tauchte.
    » Keine fünf Minuten mehr, dann sind wir über der Grenze…« Herzog deutete zum Südufer des Seewinkels, wo sich die Morgenröte als violetter und orangefarbener Streifen spiegelte. » …da drüben muß es sein. Kannst du irgendwelche Rauchzeichen erkennen?«
    Widerwillig öffnete er die Augen. Was er sah, war eine Nebelbank, die auf ihn zuraste und das Flugzeug im Nu verschluckt hatte. In dieser Waschküche kam ihm der Motornlärm gedämpfter vor und der Fahrtwind weniger heftig, doch sehen konnte er so gut wie nichts. Nach einigen Minuten Blindflug tauchten unter ihm Weidenbäume auf, meterhohe krumme Stämme, die am Ufer standen. Von Rauchsignalen war nichts zu sehen. Im Tiefflug überflogen sie kleinere Gehöfte und diesige Uferwiesen, als plötzlich vor ihnen zwei Autoscheinwerfer hinter Nebelfetzen aufleuchteten, die wie Morsesignale auf- und abgeblendet wurden.
    Dunstschwaden, die vom Seeufer herübertrieben, hatten sich mit dem Rauch des Landungsfeuers vermischt und verdüsterten das Licht der aufgehenden Sonne. Herzog drehte eine enge Runde, um den Landeplatz nach Hindernissen abzusuchen. Er konnte nichts entdecken außer ein paar flachen Steinen. Dann setzte er zur Landung an. Er hatte den Boden fast schon berührt, da riß er die Maschine hoch. Die flachen Steine auf der Wiese hatten sich erhoben. Es waren Rinder, die sich in der Nacht zum Wiederkäuen gelagert hatten. Die Maschine taumelte, schlug mit dem linken Fahrwerk auf, bekam Schlagseite, streifte den Boden, richtete sich wieder auf und sauste über die Wiese auf das Auto zu. Herzog versuchte durchzustarten. Er sah noch, wie Franziska und Melzer sich zu Boden warfen. Fast hätten die Räder der Flamingo das Dach der Limousine berührt.
    In wilder Flucht galoppierte die Herde in den See. Beim zweiten Landeanflug war die Sicht schon besser. Noch während des Ausrollens hatte Steinberg seine Gurte gelöst. Er schob die Windschutzbrille über die Fliegerhaube, riß sich den Wollschal von Mund und Nase und sprang von der Tragfläche auf die Erde hinunter. Seine Füße landeten im weichen Weideboden, wo dicke Büschel verwelkten Grases vom Vorjahr mit frischen Frühlingsgrün durchsetzt waren. Er fiel auf die Knie mit dem Kopf vornüber, seine Schultern hoben und senkten sich, während er tief ein- und ausatmete. Ein durchdringender Geruch von abgestandenem Wasser und vermodertem Schilf, von Schlamm, Gras und Kuhdung drang in seine Nase, und in der Gewißheit, dem Tod entronnen zu sein, durchfloß ihn die Erleichterung wie eine warme Welle. Der Propeller tuckerte noch eine Weile, bis er stehen blieb, und eine unglaubliche Stille senkte sich

Weitere Kostenlose Bücher