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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Goebbels verhindert, daß Herzog und seine Staatskapelle eine eigene Reihe von Abonnementskonzerten in der Philharmonie veranstalten durften. Mit Krausniks Hilfe hatte er daraufhin versucht, den Philharmonikern die besten Musiker an den ersten Pulten für seine Staatskapelle abzuwerben, nur um das künstlerische Niveau des weltberühmten Orchesters, das dem Propagandaminister persönlich unterstellt war, zu unterminieren.
    » Der Doktor hatte sich deswegen bei diesem Bübchen von Propagandaminister ausgeweint.«
    Karl hatte wegen der schäbigen Intrige gegen Furtwängler von Anfang an ein mulmiges Gefühl gehabt. Aber Krausnik hatte ihn ermutigt, den meist noch jungen Künstlern lukrativere Angebote zu machen, und ihm mit Görings Unterstützung den Rücken freigehalten. Als Konzertagent und gleichzeitiger Leiter der Aufsichtsbehörde für Musikagenten in der Reichsmusikkammer besaß er eine Monopolstellung und kontrollierte praktisch sogar sich selbst. Alle wichtigen Dirigenten und Orchester standen bei ihm unter Vertrag, mit Ausnahme von Furtwängler, der schon früh sein Intrigantentum durchschaut und ihm nie die Art verziehen hatte, wie er jüngere Kollegen gegen ihn, den Älteren, in Stellung gebracht hatte. Krausnik haßte ihn dafür. Er hatte sich mittlerweile unangreifbar gefühlt, zumal er als SS-Sturmbannführer zusätzlich einen direkten Draht zu Himmler hatte.
    » Was werden Sie jetzt tun?«
    » Zurück nach Zürich gehen, vor meinen Landsleuten zu Kreuze kriechen und mit Mangolds Hilfe wieder von vorne anfangen. Wenn dieser ganze Spuk hier erst einmal vorüber ist, werden die Karten neu gemischt.«
    Karl erschrak. » Und ich?«
    Ohne die schützende Hand seines Agenten mußte er nun fürchten, in den kindischen Machtspielen ums musikalische Prestige zwischen Görings Preußischer Staatskapelle und Goebbels’ Berliner Philharmonikern aufgerieben zu werden.
    » Ihre Zeit kommt, sobald der Krieg vorbei ist. Ich lasse Sie nicht im Stich. Nur– wenn Sie in Berlin bleiben, müssen Sie mit Goebbels’ Rachsucht rechnen. Sehr wahrscheinlich wird auch Ihnen der Prozeß gemacht. Im schlimmsten Fall werden Sie an die Front geschickt. Es sei denn…«
    » Ja?« Karl schöpfte Hoffnung.
    » …Sie kommen ihnen zuvor und nehmen sich selbst aus der Schußlinie.«
    » Sie meinen, ich soll Berlin verlassen.«
    » Und zwar auf schnellstem Weg!« Der Agent deutete zur Decke. Die erste Welle eines Lancaster-Geschwaders flog über die Philharmonie hinweg. Das tiefe Orgeln ihrer Rolls-Royce-Motoren ließ die Scheiben in den Oberlichtern erzittern. Schon die Nacht zuvor hatte ein sechsstündiges Bombardement der südlichen Stadtteile und des Tiergartenviertels für ein Inferno rings um die Philharmonie gesorgt, die genau im Schnittpunkt des Regierungsviertels und der Güterbahnhöfe am Gleisdreieck lag.
    » Es sei denn, Sie ziehen es vor, die Tage und Nächte hier in den Luftschutzkellern zu verbringen. Sie haben eine Familie, Ihre Frau ist in Wien engagiert, und Ihr kleiner Sohn– ist er nicht bei Ihren Schwiegereltern?«
    » Joachim ist bei Gudruns Eltern in Neuhaus am Schliersee.«
    » Sehen Sie! Was hält Sie also hier noch länger?«
    » Die Verpflichtung dem Reichsmarschall gegenüber! Als Kapellmeister der Preußischen Staatskapelle…«
    » …ja, ja, schön, schön! Warten Sie es ab, bis der dicke Hermann auf die Idee kommt, Sie bei der › Wilden Sau‹ im Himmel über Deutschland zu verheizen. Haben Sie nicht einen Pilotenschein?«
    Krausnik stand vom Schreibtisch auf. » Bevor ich aber untertauche, wollte ich Ihnen das zum Abschied überreichen.«
    Der Agent zog ein schmales Konvolut gehefteter Papiere aus der Innentasche seines Mantels und schob es ihm über den Schreibtisch hin.
    » Der Reichsstatthalter Oberdonau, SS-Obergruppenführer Eigruber, ein enger Freund, wartet auf eine Zusage von Ihnen. Sie brauchen nur noch unterschreiben.«
    » Was ist das?«
    Er starrte auf die leere, aber unterstrichene Zeile am Ende des Vertragspapiers, unter der bereits in Schreibmaschinenschrift sein Name stand.
    » Es handelt sich um einen Vertrag mit dem Reichs-Bruckner-Orchester in Linz. Der Reichsstatthalter bietet Ihnen die Kapellmeisterstelle an, um in St. Florian einen ganzen Bruckner-Zyklus für den Rundfunk aufzunehmen– in Stereo! Was aber das Wichtigste ist– Goebbels wird gegen Ihren Wechsel an die schöne blaue Donau nichts einzuwenden haben, nicht nur, weil er Sie in Berlin dann endlich los wäre, sondern

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