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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Netzhaut auf dem Sonnenpfad tanzten.
    Sie kletterte die Holztreppe zum Strandbungalow hinauf. Benommen vom prickelnden Gefühl des Salzwassers auf ihrer Haut, schlang sie sich das Handtuch um die Hüften. Dann rannte sie, ohne sich abzutrocknen, los, die Treppen zum Haus hinauf, denn aus der Ferne hörte sie bereits das näher kommende Brummen einer Autokolonne, lange bevor sie die Wagen auf der kurvenreichen Küstenstraße entdecken konnte. Kurz darauf tauchte auf der Bergkuppe über dem Cap Pinet ein Dutzend schwarzer Taxilimousinen auf. Die Kolonne hielt und rollte mit abgestellten Motoren die kleine Stichstraße hinunter zu einer Mauer lose aufeinandergeschichteter Steine, wo sie auf Maria warten sollte.
    Maria hatte die Alarmanlage ausgeschaltet und öffnete die Pforte neben dem elektronisch gesteuerten Eingangstor. Dunkle Gestalten stiegen aus, ältere Herren zumeist, die in ihrem schwarzen Habit wie ein stummer Krähenschwarm an ihr vorüberhuschten, die Einfahrt hinunterschlichen und im Souterrain des Hauses verschwanden. Madame Hue hatte Kaffee und Buttercroissants bereitgestellt, und nach einer hastigen Erfrischung schlichen sie die Treppe hoch ins Haus– mucksmäuschenstill, um das Geburtstagskind nicht aufzuwecken.
    Unter Lassallys Anleitung wurden währenddessen die Instrumentenkoffer auf den Rasen hinter dem Haus gebracht. Dort hatte Monsieur Robert im Schutz der Nacht Notenpulte und Klappstühle in einem Halbrund um ein Podium aufgestellt, währenddessen eine Rotte Wildsauen seine Beete ungestört durchwühlen konnte. Die ganze Aktion lief völlig lautlos ab, vergleichbar einer militärischen Operation auf feindlichem Terrain, bei der keine Fragen gestellt oder Befehle erteilt werden müssen, weil jeder Handgriff vorher bis ins kleinste geprobt worden war.
    Bald darauf saß das Orchester im Schatten der großen Schirmpinie direkt unter Herzogs Schlafzimmer, die Noten lagen aufgeschlagen auf den Pulten, alle waren bereit und warteten nur noch auf Maria. Als sie im schwarzen Smoking auf die Terrasse kam, meldete Lassally im Flüsterton: » Operation ordnungsgemäß ausgeführt. Unsere Zielperson schläft wie ein Murmeltier!«
    Er hatte es sich nicht nehmen lassen, das Orchester nach Saint-Tropez zu begleiten, weigerte sich jedoch hartnäckig, an der Geburtstagsüberraschung teilzunehmen. Maria hatte es aufgegeben, ihn zu überreden. Irgendwie konnte sie seinen tiefen Grimm verstehen, war sie in London doch selber Zeugin gewesen, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Herzog seinen alten Freund und Kompagnon abserviert hatte, als er sich in den siebziger Jahren mit Tanaka Electronic verbündet hatte, um für die Japaner noch einmal den gesamten Kanon der Wiener Klassik in neuer digitaler Technik einzuspielen.
    » Übrigens, hier habe ich noch was für dich.« Er öffnete ein schmales, mit violettem Samt ausgeschlagenes Futteral aus schwarzem Straußenleder, das er hinter seinem Rücken versteckt hielt. In eine Hohlform war ein Taktstock eingepaßt, ein ellenlanger sich verjüngender Stab aus Fiberglas mit einem auf Hochglanz polierten Kegelgriff aus rotem Cocoboloholz. » Das ist dein Instrument, Maria, ein echter Olson. Maßarbeit. Habe ihn bei Custom-batons in New York eigens für dich anfertigen lassen. Versuch’s mal.«
    Behutsam nahm Maria den Taktstock aus dem Futteral. » Du bist ein Schatz, Victor! Darf ich?«
    Lassally nickte, schloß die Augen und senkte bereitwillig den Kopf. Mit den Fingerspitzen strich Maria ihm über sein kurzgeschnittenes weiches Bürstenhaar, während er ihr ein toi, toi, toi über die Schulter spuckte.
    » Willst du nicht doch bei uns bleiben? Ich weiß, wie leid ihm die Sache von damals tut…«
    » Gib dir keine Mühe, Maria.«
    » Gib ihm eine Chance!«
    Lassally schüttelte den Kopf. » Es ist ein so wunderschöner Morgen, und es verspricht ein noch schönerer Tag zu werden. Laß uns den nicht mit den alten Geschichten verderben. Ich wandere jetzt gemütlich die Küstenstraße zurück, bade unterwegs irgendwo im Meer und suhle mich anschließend im heißen Sand. Ich bin ein Elefant, Maria! Trotzdem– ich gäbe ein Vermögen, sein dummes Gesicht zu sehen!«
    Er gab ihr einen kleinen Klaps. » Also– auf in den Kampf, Soldatin. Und vergiß nicht, dirigieren ist Handwerk, nichts als Handwerk– zu laut, zu leise, zu schnell, zu langsam, zu lang, zu kurz, zu früh, zu spät– alles andere ist Blabla!«
    Es war ein vertracktes Stück Arbeit gewesen, das sich Maria mit der

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