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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Sheriff Ihren Streß erklären.«
    Franziska setzte ihr bezauberndstes Lächeln auf und schnurrte wie eine Katze. » Nur keine Umstände, Officer– ich mache das selbstverständlich gerne nach Ihren Regeln.«
    Die Polizistin wartete, bis Franziska wieder zu ihrem Pontiac zurückgekehrt war. Dann erst wagte sie sich hinter ihrer Wagentür hervor, um den Führerschein und die Sozialversicherungskarte zu studieren.
    » Wetten, die Gnädigste erwägt, was sie uns alles anhängen kann, damit’s für ein saftiges Organmandaterl langt.«
    Es war das erste Mal, daß Franziska deutsch mit Joachim sprach. Er war entzückt über ihr weiches wienerisches Idiom, das sie in all den Jahren in Amerika nicht verloren hatte.
    » Mrs. Wertheimer?« Die Polizistin blickte irritiert zu ihnen hinüber.«Sind Sie Mrs. Francis Wertheimer?«
    » Denke schon, Officer, wenn es so in meinem Führerschein steht.« Franziska versuchte jeden Sarkasmus zu vermeiden.
    » Die Direktorin des Tanglewood Music Center, Ma’am?«
    Franziska nickte. » Ehrenhalber, wieso?«
    Irgend etwas veränderte sich im Verhalten der Polizistin, denn sie kam ihr einige Schritte entgegen, und ein Strahlen lag auf ihrem Gesicht.
    » Entschuldigen Sie, Ma’am, daß ich Sie nicht erkannt habe. Mein Bruder ist Paukist beim Boston Symphony Orchestra, und ich und mein Mann kommen jedes Jahr zu Ihrem Festival nach Tanglewood.We just love it!«
    Sie war wie ausgewechselt. Sie grinste und bedankte sich überschwenglich, als Franziska ihr ihre Visitenkarte aushändigte, tippte an ihre Dienstmütze und stieg in ihren Chevy. » Gute Fahrt, Ma’am! Und wenn Sie wieder Streß bekommen, lassen Sie besser Ihren Begleiter ans Steuer!«
    Sie legte den Rückwärtsgang ein und wendete. Dann gab sie Gas und brauste in ihr Jagdrevier zurück. Joachim lehnte sich über den Fahrersitz und öffnete die Wagentür. » Ich denke, wir sollten ihrem Vorschlag folgen!«
    Franziska schüttelte den Kopf. » Ich bin okay! Nur diese Ratte vorhin hat mich an eine Zeit erinnert, als mein Leben ins Schleudern geriet und ich in meiner Hilflosigkeit kaum noch in der Lage war, es wieder auf Kurs zu bringen…« Es klang wie eine Entschuldigung für ihre Unachtsamkeit. » …deshalb war ich auch so außer mir. Also besser, Sie schnallen sich wieder an, und bitte keine Panik auf den Beifahrersitzen . « Franziska stieg ein und startete den Motor. » Ich fahre nämlich für mein Leben gern, und im Gegensatz zu Ihnen kenne ich einen Schleichweg.«
    Sie betätigte den Blinker und bog vom Taconic State Parkway ab. Rasch ließen sie die überfüllte Autobahn mit ihrem Gestank hinter sich und schlängelten sich durch Nebenstraßen, gesäumt von grünen Wiesen und weißen Zäunen.
    » Mein erstes Auto war ein DKW-Zweizylinder-Cabrio mit roten Speichenrädern. Mein Vater hatte es mir zum Abitur geschenkt.«
    Die idyllische Landstraße führte über gedeckte Holzbrücken und an Landhäusern hinter efeubewachsenen Mauern vorbei, wo jahrhundertealte Hickorybäume wuchsen, die noch den Schlachtenlärm der Befreiungskriege gehört hatten.
    » Es machte mich unabhängig von zu Hause. Meine Eltern hatten mir erlaubt, nach der Matura Architektur zu studieren, und in den Semesterferien durfte ich ein Praktikum bei Professor Lilly Reich absolvieren, einer Bekannten meines Vaters, die in Berlin als Innenarchitektin zusammen mit Mies van der Rohe ein eigenes Atelier betrieb. Als ich erfuhr, daß die beiden an einem Projekt mit dem schönen Namen Villa Tugendhat für einen betuchten Textilfabrikanten in Brünn arbeiteten, setzte ich alle Hebel in Bewegung, während der Semesterferien dort auf der Baustelle unterzukommen. Es war eine einmalige Gelegenheit. Und was das Schönste war: Karel hatte keine Ahnung davon.«

Brünn – im Frühling 1929
    Ein blauer Himmel mit weißen Wolken wölbte sich über dem Weinviertel. Bauernkinder in kurzen Hosen standen am Straßenrand mit breiten Mündern, starken Armen und verschorften Knien und winkten ihr zu. Es war ein warmer Maitag. Sie hatte Wien über die Florisdorfer Brücke verlassen und fuhr eine Weile auf der Brünner Straße neben der Straßenbahn einher, vorbei an den gewaltigen Gasometern am Rand des Marchfelds. Die Fahrt nach Brünn dauerte nur wenige Stunden. Auf der Reichsstraße 116 ging es bergauf und bergab, durch Weizenfelder und an Weinbergen entlang, über bewaldete Hochflächen und durch breite Täler, hinunter in die fruchtbare südmährische Ebene, in der sie

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