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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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63 rd Street. Ein Dutzend bärtiger junger Männer stieg aus, in schwarzen langen Mänteln und pelzbesetzten Hüten. Sie öffneten den Kofferraum und holten Pappschilder heraus, die an Stangen befestigt waren.
    Joachim konnte nicht entziffern, was auf ihnen stand. Als die Gruppe die Columbus Avenue überquert hatte und vor der Robertson Plaza ihre Protestschilder schulterte, überfiel ihn ein diffuses Schuldgefühl, als wäre er gemeint.
    » Worum geht’s da drüben eigentlich?« Der Barmann servierte ihm einen Kaffee und deckte die leeren Teller und Gläser ab, wobei er hinüber zum Lincoln Center wies.
    Joachim zuckte mit den Schultern. » Keine Ahnung. Gegen irgend so einen alten Nazi…«
    Es war ihm tatsächlich egal. Er fühlte sich nicht angesprochen. Auch nicht von dem Artikel in der New York Times über die angebliche SD-Angehörigkeit seines Vaters, in dem auf mögliche Proteste und Störungen in Zusammenhang mit der Konzertmatinee am Sonntag hingewiesen wurde. Nichts Ungewöhnliches für eine Stadt, in der tagtäglich über drei Dutzend Demonstrationen stattfanden. Sie alle rissen sich darum, daß in den Zeitungen über sie berichtet wurde und sie ins Fernsehen kamen.
    Ein weiterer Kleinbus traf vom Columbus Square kommend ein und stellte sich hinter den ersten Wagen. Einige Afroamerikaner, Männer und Frauen, stiegen aus und hievten einen Stoffballen aus dem Wagen. Als sie das Spruchband entrollten, konnte Joachim die Parole lesen: » More good Music– without good Nazis!«‹
    Der Barmann, ein untersetzter Italiener, überbrauste seine Gläser mit einem Schwall heißen Wassers und begann sie sorgfältig zu polieren. » Wenn die Lubawitscher Chassidim aus Brooklyn sich mit Black Muslim aus Harlem zusammentun, dann geht’s gegen › Rassenhaß und Faschismus‹. Fehlen jetzt noch ein paar Kommunisten und die Schwulen&Lesben-Aktivisten, Mister, dann hätten wir da drüben alle unter einem Hut!«
    Er hielt das Glas gegen das Licht und hängte es in das Gestell über den Tresen. Joachim nippte an seinem Espresso. » Noch ist es nicht soweit.«
    » Aber nicht mehr lange, Sir. Sehen Sie den Lastwagen?«
    In die Seitenstraße, in der die Kleinbusse parkten, bog ein marineblauer Übertragungswagen mit dem Logo eines lokalen New Yorker Fernsehsenders: » Life today for Channel six«.
    » Wenn sie die Antenne ausgefahren und ihre Kameras aufgebaut haben, werden wir hier in ein paar Minuten einen kleinen Auflauf erleben.«
    Der Barmann kam hinter seinem Tresen hervor und stellte sich ans Fenster.
    » Bin gespannt, auf welchen Promi sie es abgesehen haben.«
    Mittlerweile hatten sich zwei Dutzend Demonstranten vor dem Lincoln Center versammelt. Kurz darauf kamen zwei Männer aus der Subway Station. Einer von ihnen hatte mehrere Kameras um den Hals hängen, der andere trug eine Umhängetasche mit dem aufgedruckten Schriftzug der New York Times. Als hätte man auf sie gewartet, bohrte sich aus dem Dach des Ü-Wagens ein silberner Schaft, an dem ein Flachbandkabel befestigt war. Er bestand aus mehreren Segmenten, die wie bei einem Teleskop ausfuhren und das Antennenkabel drei Stockwerke hoch über die Bäume hievten.
    Der kleine Park zwischen Broadway und Columbus Avenue füllte sich mit neugierigen Zuschauern, die darauf warteten, daß der Kameramann mit seinem Redakteur und den beiden Presseleuten die Columbus Avenue überquerten. Daraufhin nahmen die Demonstranten Aufstellung und kreiselten mit den Pappschildern auf den Schultern in einem langgezogenen Oval. Einer der Protestler hielt ein Megafon in der Hand und skandierte. » More good Music– without good Nazis! More good Music– without good Nazis!«
    Der Life today -Redakteur hatte seinen Kameramann so postiert, daß er sowohl die Demonstranten als auch das Maestro-transparent im Fokus hatte, denn wie auf ein Zeichen rannten alle los, um es von der Fassade herunterzureißen. Nur wenige Augenblicke später kam wie auf ein Stichwort ein Streifenwagen der Polizei mit Blaulicht aus einer der unterirdischen Parkgaragen heraufgeschossen.
    » More good Music– without good Nazis! More good Music– without good Nazis!«
    Die Polizeibeamten stiegen aus und drängten die skandierenden Demonstranten auf den Bürgersteig zurück. Da sah Joachim, wie Franziska sich einen Weg durch die Demonstrantenkette bahnte, gefolgt von einem alten Mann mit einem Borsalino auf dem Kopf und einer Teerose im Knopfloch. Er holte Franziska ein, hielt sie am Arm fest und redete auf sie

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