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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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Speyer, den er ein Jahr zuvor eingesetzt hatte und der wie er dem Bann des Papstes verfallen war. Er sah auf den vor ihm Sitzenden. Ein Bischof im Bann, dachte der König weiter, weil er mir dient, wie sie alle im Bann sind, die mir noch dienen.
    »Man muss sich vom Bann lösen«, sagte der Bischof und verbesserte sich mit rotem Gesicht: »Ihr müsst Euch vom Bann lösen.«
    »Alle Risse kitten, das meint Ihr doch«, sagte der König. »Die Leute laufen sonst zu Rudolf von Rheinfelden über, meinem ärgsten Gegner, alle!«, fuhr er nach einer langen Pause fort. »Ein Jahr habe ich Zeit, mich vom Bann zu lösen. Der Papst wird es nicht von selbst tun. Und Rudolf von Rheinfelden ist ein Verräter.«
    Er dachte daran, wie Rudolf seine elfjährige Schwester Mathilde aus dem Kloster, in dem sie erzogen worden war, entführt hatte. Zwei Jahre später hatte er das Kind geheiratet und aufs eheliche Lager gezwungen, so wurde gesagt, und im darauf folgenden Jahr war Mathilde gestorben. »Rudolf will nicht, dass ich mich vom Bann löse. Er will König werden, der Herzog von Schwaben, und lässt mich hier bewachen.«
    »Löst Euch«, beharrte der Bischof.
    »Ich habe Briefe geschrieben, an den Papst, oder besser, an diesen falschen Mönch Hildebrand. Er ist nicht Papst Gregor VII., wie er sich nennt: Ich habe ihn abgesetzt!!« Der König wurde immer lauter.
    Der Bischof richtete den Blick fest auf seinen Herrn: »Er hat Euch auch abgesetzt, wenn ich mir erlauben darf, das zu sagen.«
    »Ich habe ihn zuerst abgesetzt.«
    »Wir spielen nicht Fangen, Herr König, hier zählt nicht, wer der Erste war.«
    »Himmeldonnerwetter! Ihr könnt ja auch hingehen zum Papst, wie so viele - dann ist Euch das Himmelreich sicher.«
    »Verzeiht, doch die Frage, wer König ist oder Papst und wer wen absetzen darf, wird nicht durch laute Worte entschieden.« Der Bischof blieb gelassen: »Ich habe die Absicht, Juden in die Stadt zu holen, um den Handel zu beleben, damit Steuern fließen, etwas, das wir jetzt gut brauchen können, wenn wir den neuen Dom weiter-bauen wollen. Und auch sonst, wenn Handel und Wandel florieren, hilft es der Stadt zur größeren Ehre - also werde ich das den Juden schreiben: Kommt zur Vermehrung der Ehre unserer Stadt! Und ich werde ihnen einige Rechte geben. Manchen passt das nicht, sie haben Angst vor der Konkurrenz. Aber die Juden werden da sein und da bleiben. Und warum werden sie in der Stadt bleiben?«
    »Weil Ihr die Macht habt in der Stadt und nicht ein paar Kaufleute«, sagte der König und nickte. Was stellt er mich bloß? Ich habe in meinem Reich die Macht nicht!
    »Also seht zu, dass Ihr die Macht gewinnt über den Papst, denn im Augenblick hat nur er sie, und das Schachspiel zwischen ihm und Euch gerät zu seinem Vorteil.«
    »Ihr meint mit einem Heer? Krieg?«
    »Kein Heer! Verzeiht, aber wer setzt sein Leben aufs Spiel für einen Gebannten, wenn ihn ein Schwertstreich in die Hölle befördert? «
    »Was dann?«, fragte der König und stellte mutlos fest, als der Bischof schwieg: »Es ist aussichtslos.«
    »Nichts ist aussichtslos«, sagte der Bischof.
     
    In einer schwarzen Dezembernacht und in klirrendem Frost öffneten sich die Tore der Bischofsburg und der Stadt Speyer, und eine kleine Gruppe von Reitern trabte durch den dünnen Schnee, es ging nach Süden. Tief vermummt waren die Reiter, dennoch biss der Frost mit jedem Windstoß tiefer in ihre Gesichtshaut unter den dicken Wolltüchern.
    Der Waffenknecht Luithard, der dem König die Risse im Dom-neubau gezeigt hatte, war nicht lange vor Mitternacht von seinem Strohlager hochgeschreckt worden: Aufbruch!, hatte es geheißen. Aufbruch wohin? Frag nicht - der König will dich dabeihaben. Mich? Weiß ich nicht. Frag nicht: Aufbruch!
    Weshalb wurden nicht alle Wächter geweckt? Warum hatte der Anführer der Leibwache den Finger an der Lippe, als er ihn weckte?
    Auch wohin, wusste niemand, so schien es. Nur ein winziges Häufchen Bewaffneter nahm der König mit. Leise musste alles geschehen - das Satteln der Pferde, das Packen der wichtigsten Dinge. Kaum eine Fackel durfte leuchten.
    Sie trabten nicht über die Fahrstraße, ein Knecht des Bischofs führte sie über Pfade, weit vorbei an den Wachen des Herzogs von Schwaben, Rudolf von Rheinfelden, der selbst gerne König sein wollte.
    Es wurde hell, und Luithard schaute sich um: Die unförmige Gestalt des künftigen Doms war nicht mehr zu sehen. Grauweiß dehnte sich die Ebene um den Rhein, fahlgrau tauchte

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