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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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Völkerwanderung. Nicht immer waren die Überschüsse, die durch den Ackerbau erzielt werden mussten, so groß, dass genügend Vorräte für den Winter angelegt werden konnten: Frühjahrsfröste, Dauernässe, Überschwemmungen, Dürren, Hitzeperioden, Unwetter, Hagelschläge, Viehseuchen, Ackerunkräuter, Insektenschädlinge machten jedes Arbeitsjahr zu einem neuen Risiko. Hinzu kamen Krankheiten, Unfälle, Todesfälle, welche die Kräfte einer Bauernfamilie dezimierten und ihr Überleben infrage stellen konnten.
    An Produktionsüberschüsse zur Bereitstellung von Lebensmitteln als Handelsware war lange Zeit nicht zu denken. Entstehende Städte aber waren genau davon abhängig: Die Entwicklung der Handwerke, die Spezialisierung der Bevölkerung in verschiedene Berufsgruppen waren nur denkbar, wenn es Bauern gab, die beispielsweise einen Schneider mit ihren Überschüssen aus Feld- und Viehwirtschaft bezahlen und letztlich ernähren konnten.
    Zur Zeit Karls des Großen begann man in Frankreich, neue Anbaumethoden zu entwickeln, die dem Boden größere Erträge abringen konnten. Es dauerte jedoch Jahrhunderte, ehe sich die beginnenden Verbesserungen in der Landwirtschaft überall durchsetzten. Eine dieser Verbesserungen war die Dreifelderwirtschaft, eine bahnbrechende Erfindung, eine Methode, die von den Bauern praktiziert wurde bis ins frühe industrielle Zeitalter.
    In ein anderes Dorf ziehen? Kannst du vergessen - soll der Teufel holen, ein anderes Dorf. Du bist zwar wie jeder Bauer an die Scholle gebunden, wie sie so schön sagen - aber du bist nicht der Erstgeborene, und in deiner Herrschaft gibt es keine Erbteilung. Also Haus und Hof mit allem Gerät und das ganze Land kriegt alles dein großer Bruder, wenn dein Vater den Löffel hinlegt. Und du bleibst Knecht und schuftest für den großen Bruder - dein ganzes Leben lang -, da ist nichts zu machen.
    Aber du nicht! Du hast Glück und erbst etwas, von einem Bruder deines Vaters, dem sind alle Kinder weggestorben.
    Onkel Bernger vermacht dir sein Gütlein in einem anderen Dorf.
    Dein Dorf heißt Herstetten, sein Dorf heißt Hünhausen. Es liegt in einem anderen Tal; zum Glück gehört es derselben Herrschaft wie deines - sonst könntest du das Ganze sowieso vergessen.
    Also, die Herrschaft genehmigt deinen Umzug.
    Georg von Hufen - so heißt dein Ritter - hört sich dein Gestammel gar nicht weiter an, als er da hoch droben vor dir auf dem Pferd sitzt: Wohin? Nach Hünhausen, in meiner Herrschaft?, hat er gesagt. Genehmigt! Das war’s dann auch schon. Gefragt hat er nichts: Zum Beispiel, ob du klarkommst oder ob im neuen Dorf alles geregelt ist für dich.
    Ist ja klar - ob der seine Abgaben von dir kriegt oder von jemand anderem, ist dem so wurst wie die Glatze eures Leutpriesters. Und wie du zu den Abgaben an ihn kommst, geht ihm noch glatter am Hintern vorbei. Die Hauptsache für ihn ist, dass er bekommt, was ihm zusteht. Irgendwo ist das sogar aufgeschrieben in einem dicken Buch auf der Burg -
    Ritter Georg von Hufen beschützt dich zum Dank für deine Abgaben. So hast du es gehört, seit du krabbeln kannst. Aber die Wirklichkeit ist so, dass dir der Ritter auf der nächsten Burg, wenn dieser mit deinem Herrn eine Fehde hat, dein Vieh forttreibt oder deine Äcker zertrampelt oder deine Scheune anzündet oder deine Obstbäume umhaut oder verreckte Katzen in deinen Brunnen schmeißt, oder alles zusammen - und das alles, damit dein Herr weniger Abgaben bekommt. Und wenn du Pech hast, kann dich dein Herr dabei gar nicht beschützen und du gehst künftig betteln.
    Dafür zündet dein Herr dann dem Übeltäter zwei oder drei Dörfer an, die dem gehören - damit auch der weniger Abgaben bekommt. Und schon gibt es noch mehr Bettler.
    Und das Ganze heißt dann Schutz und Gerechtigkeit!
    Aber davon willst du jetzt nichts wissen. Du hockst im Regen auf einem Ochsenkarren, den du dir von deinem großen Bruder geliehen hast, eine Pferdedecke über dem Kopf und um die Schultern, und fährst in deine neue Heimat. Bisher warst du als Knecht bei deinem großen Bruder.
    Natürlich machst du dir Gedanken - macht sich jeder.
    In Hünhausen kennst du niemanden. Du warst noch nie dort, denn es ist gut ein halber Tag, wenn einer wacker ausschreitet. Dein Herr hat das ganze Tal erst kürzlich gekauft, vier Dörfer: Hünhausen ist dabei. Glück gehabt, nein, nicht er - du! Lässt er dich sonst ziehen?
    Hast du alles vom Leutpriester gehört, der war schon dort und hat dir das mit deiner

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