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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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Feinde. Wir waren uns selber Feind! Bruder gegen den Bruder, Sohn gegen Vater, Kaiser gegen Kaiser. Es ging um Macht, die Gewalt tobte.
    Gegen die nackte Gewalt versuchte ich, die List zu setzen, die Kunst des Denkens gegen die der Waffen - aber ich bin gescheitert!
    Heute weiß ich es: Gefehlt hat uns die Liebe, die mehr bezwingen kann, als man denkt. Königin Irene hat uns gefehlt, die das Bittere süß macht. Sie hätte hier in Konstantinopel zwischen den Streitenden vermitteln können. So glaube ich es.
    Ich glaube es aber erst seit unserem Unglück, und jetzt ist es vielleicht zu spät.
    Deshalb sind meine Pläne zur Vereinigung der Reiche im Westen und im Osten unsere einzige Hoffnung: Die Pläne mit Königin Irene in Deutschland, der Du dienst - der Schwester des Kaisers Alexios IV. von Byzanz, der jetzt tot ist. Ermordet.
     
    Hier nun die Ereignisse in unserer Stadt. Das Unglück.
    Herr Alexios Angelos erhob sich gegen Kaiser Isaak II., seinen eigenen Bruder. Ich riet Kaiser Isaak, seinen Rivalen durch einen bestellten Mörder umbringen zu lassen und sich so die Reichs-Herrschaft und sein Leben zu sichern. Dieser Rat ist mir nicht leicht gefallen.
    Doch der Kaiser hat ihn nicht angenommen - zu seinem Unglück, muss ich auch heute noch sagen! Denn sein Bruder hat schließlich mit Heeres-Macht und Bestechung, mit Volks-Zusammenrottungen und steinewerfendem Pöbel Kaiser Isaak gezwungen, vom Thron zu steigen. Ich hatte das Geschehen nicht in der Hand, zum ersten Mal in meiner Zeit als kaiserlicher Rat.
    Ich war im Palast, als die normannische Wache, die Isaak verriet, mit ihren Waffen in die goldenen Räume des Herrschers eindrang. Es waren kaum mehr als ein Dutzend Krieger, aber sie waren wie ein ganzes Heer von Fremd-Gläubigen. Nicht einmal die Vorgänge im Palast hatte ich noch im Griff.
    Ich konnte mich gerade noch hinter einem Vorhang verbergen, als die Männer den greisen Kaiser am Bart zu Boden zerrten und ihm den golddurchwirkten Purpur-Mantel von den Schultern rissen: »Ein Seiden-Kleid für meine Liebste!«, grinste einer der normannischen Anführer.
    Damit hatte er das Zeichen gegeben: Überall rissen sie jetzt die kostbaren Vorhänge herunter, zerschnitten die Teppiche, brachen mit ihren Schwertern Edel-Steine aus den Fassungen und zerfetzten unersetzbare Bücher, um die goldenen und perlenbesetzten Buch-Einbände an sich zu raffen. Den Kaiser sah ich nicht mehr - sie hatten ihn hinausgeschleppt.
    Dann riss einer den Seiden-Vorhang herunter, der mich verbarg: »Wen haben wir denn da?«
    »Ein Höfling des Kaisers!«, wurde gejohlt.
    »Macht ihn hin!«
    Einer zog das Schwert und packte mich.
    Ich befreite mich, so gut es ging, strich die Falten meines Kleides glatt und richtete mich auf - ich musste Herr der Lage werden, wenigstens in diesem Augen-Blick. Mein weißer Bart, meine ungebeugte Körper-Größe, mein Antlitz ganz ohne Furcht, meine Augen, die fest auf dem Gesicht des Anführers hafteten, verschafften mir die Ruhe, die ich brauchte, um Macht über diese Hoch-Verräter zu gewinnen: »Was wollt ihr? Niemand tötet den Rat-Geber des Reichs! Ich kann euch viel geben«, sagte ich streng und bestimmt und laut, als verkündete ich ein Reichs-Gesetz.
    »Lass hören, was kannst du uns geben?«
    »Rat kann ich euch geben«, sagte ich und achtete auf meine Stimme - das geringste Zögern, Zittern oder Beben wäre tödlich gewesen.
    »Und was für ein Rat soll das sein?« Speichel traf meine Wangen.
    Ich trat mit einem Ruck vor: »Der gute Rat! Ihr werdet ihn brauchen. «
    »Der Kaiser ist im Gefängnis - dein Rat ist nichts wert!«
    »Weißt du, ob er ihn befolgt hat, meinen Rat?«
    »Lasst ihn laufen«, rief einer der Anführer, dem vielleicht bei der eigenen Kühnheit nicht wohl war. Vielleicht hatte er aber auch nur Angst um die zusammengeraffte Beute, denn aus dem ganzen Palast hörte man Tumult und Geräusche von Kämpfen. Es gab Widerstand.
    So kam ich davon.
    Kaiser Isaak II. aber, dem Vater Deiner Königin Irene, ließ sein jüngerer Bruder, der sich nun Kaiser Alexios III. nannte, die Augen ausstechen und ins Gefängnis werfen.
    Irenes Bruder, seinen Neffen, der auch Alexios heißt, brachten sie ebenfalls ins Gefängnis, und der neue Kaiser beriet sich, wie er beide umbringen könnte.
    Jetzt dachte ich an Irene, Tochter und Schwester der Gefangenen. Sie sollte mir helfen, die Macht des blinden Kaisers Isaak wiederherzustellen. Ich bestach die Palast-Wachen mit großen Gold-Geschenken und

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