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Augenblicklich ewig

Augenblicklich ewig

Titel: Augenblicklich ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Neuberger
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Bild zum nächsten und Polly genoss es, dicht neben ihm zu stehen. Auch wenn sie ihn nicht direkt berührte, hatte sie das Gefühl, es habe etwas zu bedeuten, wenn Sam sie so nah an sich heranließ. Sie wollte, dass er sich in ihrer Nähe so wohl fühlte wie sie sich in seiner. Er musste sie einfach mögen.
    Nun schauten sie sich die Bilder des jungen Sängers an. Er war perfekt getroffen. Der oberflächliche Betrachter erkannte den Teeniestar, aber das Bild zeigte auch leichte Schatten im Gesicht des Jungen, die Belastungen und Stress des Jobs dokumentierten und ihn älter wirken ließen, als er war.
    »Unglaublich.« Gerade, als Polly Sam auf einen kleinen Fleck auf dem Foto aufmerksam machen wollte, klickte er weiter. »Nein, nein, noch nicht. Noch einmal zurück.«
    Polly griff nach der Tastatur, ohne darüber nachzudenken und berührte Sams Hand, der ebenfalls zurückblättern wollte. Er keuchte erschrocken auf.
    Im Bruchteil einer Sekunde, sah sie sich in dem Flapperkleid aus ihren Träumen, schritt an Sams Seite in die Oper, zwinkerte ihm zu, als er verstohlen nach ihrer Hand griff. Sie sah ihn in dem schicken Stresemann, dem eigenartigen Anzug und wie heute in Jeans und T-Shirt. Aus dem Nichts heraus hatte sie das Gefühl, ihr Kleid sei vollkommen durchnässt. Sie nahm deutlich wahr, wie der Stoff kalt an ihrem Körper klebte. Plötzlich wurde sie von irgendetwas eingezwängt, sie bekam kaum noch Luft, rang um Atem und spürte auf einmal den brennenden Schmerz, der sie nachts aus dem Schlaf gerissen hatte. Ihr Körper schmerzte höllisch und sie japste nach Luft. Dann wurde sie schwach, fühlte sich fiebrig, konnte kaum die Spannung in ihren Muskeln halten. Der Raum drehte sich immer schneller um sie herum. Polly glaubte, jeden Moment ohnmächtig zu werden. Vielleicht starb sie auch. Sie hatte noch nie zuvor eine solche Angst gehabt.
    Wie durch einen Nebel sah sie wie der Stuhl, auf dem Sam eben noch gesessen hatte, nach hinten flog und Sam auf die Beine kam. Er rief nach ihr. »Polly! Polly, kannst du mich hören?«
    Sie konnte nicht antworten.
    »Polly, es ist vorbei.«
    Hatte er recht?
    »Es ist vorbei. Du musst dich beruhigen. Alles wird gut.« Sam war bis ans andere Ende des Raums zurückgewichen. Nun machte er unsicher ein paar Schritte auf sie zu und dieses Mal war es Polly, die vor ihm zurückschreckte.
    »Bleib, wo du bist!« Sie erschrak über den seltsamen Klang ihrer Stimme. Angsterfüllt, beinahe hysterisch.
    Sam hob die Hände. »Okay, ich bleibe hier.« Seine Stimme war bemüht ruhig, aber Polly konnte die Angst darin hören. »Ich werde mich nicht bewegen. Aber du musst dich beruhigen. Atme tief durch. Es ist vorbei. Dir geht es gut. Durchatmen, hörst du?«
    Während Sam auf sie einsprach, beruhigte sich Pollys Atem langsam. Sie konzentrierte sich auf seine samtweiche Stimme, weil sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, und bemerkte, dass sie keine Schmerzen mehr hatte. Sie konnte frei atmen. Der Raum hatte aufgehört sich zu drehen, aber das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Sie wusste nicht, wie lange Sam schon beruhigend auf sie einredete und wie lange sie erstarrt mitten im Raum stand, aber nach und nach regulierten sich ihr Herzschlag und ihr Atem wieder. Lediglich die Nachwirkungen des Adrenalins machten ihr noch zu schaffen. Sie zitterte am ganzen Körper und ihre Beine trugen sie kaum noch. Sam stand wie angewurzelt auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers und starrte zu ihr herüber. Sie konnte Angst und Unsicherheit in seinen Augen sehen. Er strich sich immer wieder eine störrische Haarsträhne aus dem Gesicht und rieb dann wieder über seine Stirn. Es hatte den Anschein, als würde er fieberhaft überlegen, was er als Nächstes tun sollte.
    Die Minuten schleppten sich dahin und keiner von ihnen sprach ein Wort. Ihm schien aufzufallen, dass ihr Zittern nachließ und sie sich wieder einigermaßen im Griff hatte. Sein Blick wurde weich und sie konnte sich darin verlieren, bis sie sich vollkommen beruhigt hatte. In seinen Anblick versunken brauchte sie nicht darüber nachzudenken, was soeben passiert war, brauchte keine Erklärung dafür zu finden, wie sie hellwach ihre Träume heraufbeschwören konnte. Wie sie einen Schmerz spüren konnte, der nicht da war, und unter einem Kleidungsstück leiden, das sie nicht trug.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Sam.
    Polly sah ihn fragend an.
    »Ich hätte vorsichtiger sein sollen. Es tut mir leid.«
    Sie verstand ihn nicht und wusste auch

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