Augenblicklich ewig
bis sie die Wand erreichte. Von dort aus beobachtete sie Sam, wie er seinen Laptop in die Tasche räumte und seine Kameraausrüstung aufhob. An der Tür drehte er sich noch einmal zu ihr um und sah sie beinahe flehend an.
»Ich kann es dir erklären, schick mich nicht weg. Vertrau mir.«
Polly schüttelte den Kopf und Sam verließ mit gesenktem Kopf ihre Wohnung. Als die Tür ins Schloss fiel, glitt Polly die Wand hinab und rollte sich auf dem Boden zusammen. Sie war zu schwach, um sich zu ihrem Bett zu schleppen. Sie fühlte sich müde und ausgelaugt, obwohl es erst früher Nachmittag war. Sie konnte einfach keinen logischen Gedanken fassen. Was sie soeben erlebt hatte, war zu absurd, um es zu erfassen. Er hatte ihr versichert, er könne ihr alles erklären, aber wie wollte er ihr begreiflich machen, weshalb ihr Kopf verrückt spielte? Frühere Leben? Das war nicht die Art von Erklärung, die sie sich vorgestellt hatte.
‚Vertrau mir.‘ Sams Worte klangen in ihren Ohren nach. Seine Stimme samtig und ernst, mit einer Dringlichkeit darin, die sie noch nie zuvor gehört hatte. Als hinge sein Leben davon ab - oder ihres.
Sie begann zu frieren. Es war ein kühler Tag, der Platz auf dem Boden viel zu kalt und außerdem hart und unbequem. Sie rappelte sich auf und schlich, unfähig sich schneller zu bewegen, zur anderen Seite des Zimmers. Auf ihrem Bett angekommen, zog sie sich die Decke über den Kopf und hoffte, sie würde gleich aus diesem Albtraum erwachen und ihr Leben wäre wieder normal.
Polly ächzte.
»Ich kann doch auch nichts dafür, Polly.«
»Ich will dich mal sehen, wenn dir jemand die Eingeweide zusammenschnürt«, motzte sie.
Sam umarmte sie von hinten und legte ihr die flache Hand auf den Bauch. »Dann lass das doofe Ding doch weg«, flüsterte er an ihrem Hals. »Mir gefällst du ohne sowieso besser.« Er verteilte kleine Küsse auf ihrem Nacken.
Sie hatte sich die Haare vor dem Anziehen hochgesteckt, weil sie keine Minute länger als nötig in dem Korsett verbringen wollte. Das gewohnte Prickeln breitete sich in ihrem gesamten Körper aus. Sie fühlte Sams Atem warm an ihrem Haaransatz und seufzte. Langsam drehte er sie zu sich um, ohne seine Küsse zu unterbrechen. Sam trug bereits Hose, Hemd und Schuhe und hatte seine Haare ordentlich zurückgekämmt. Später würde er einen Hut aufsetzen. Seine Lippen wanderten ihren Hals entlang bis zu ihrem Mundwinkel und er knabberte sanft an ihrer Unterlippe. Polly war längst verloren. Eine angenehme Wärme durchströmte sie und sie öffnete leicht die Lippen. Sam verstand die Einladung wie üblich sofort, zog sie fest in seine Arme und küsste sie.
»Sam.«
»Hm.«
»Sam, wir müssen gleich los.«
»Ich will nicht.« Sam schmiegte sich weiter an sie und langsam fiel es ihr schwer, die Vernünftige zu bleiben. Sie seufzte erneut, als Sams Hände über ihren Rücken wanderten.
»Natürlich willst du. Wann hast du je wieder die Gelegenheit, bei so einem Ereignis dabei zu sein?«
»Die Statue ist morgen auch noch da.« Er hörte nicht auf, sie zu küssen und drängte sie langsam in Richtung Bett.
»Aber morgen brauchen wir deinen Bericht für die Zeitung.«
Sam ließ von ihr ab. »Du hast ja recht.«
Polly fühlte sich merkwürdig verloren ohne Sams Arme, aber ihr war klar, es blieb keine Zeit, um zu beenden, was er angefangen hatte, deshalb drehte sie sich wieder um, damit Sam ihr Korsett fertig schnüren konnte. Polly wusste, andere Frauen ließen sich nicht von ihrem Mann beim Anziehen helfen, aber sie fand diese Scham albern. Schließlich zog Sam sie auch aus.
»Ich wünschte, du könntest mitkommen«, sagte er, während er die Schnürung mit ein paar kräftigen Zügen zusammenraffte und schließlich verknotete.
»Ich auch. Aber Frauen sind nun einmal nicht erlaubt. Du machst einfach so viele Fotos, wie du kannst, und erzählst mir später alles. Ich werde vom Ufer aus zusehen. Und irgendwann fahren wir zusammen zur Insel. Mit etwas Glück sogar in diesem Leben.« Sie lachte, drückte Sam einen Kuss auf seinen tollen Mund und strich ihm eine Haarsträhne zurück, bevor sie zum Schrank ging, um ihr Kleid zu holen.
Polly schlug erschrocken die Augen auf. Unwillkürlich befühlte sie ihre Lippen. Sie konnte beinahe noch Sams Mund auf ihrem fühlen, seine Hände auf ihrem Rücken. Ihr Herz schlug schneller, diesmal nicht vor Angst. Sie hatte ihn kaum berührt und schon träumte sie davon, ihn zu küssen. Träumte von einem Leben an
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