Augenblicklich ewig
wenn ich dich daran erinnern darf. Das ist mehr als sonst. Ich würde das schon als echte Chance bezeichnen.«
Lea lachte schallend. »Polly, was soll ich sagen? Ich habe von Menschen gehört, die sich erst nach Monaten verlieben.«
»Ich hätte mich niemals in Thomas verliebt. Das wusste ich schon nach dem ersten Treffen.« Pollys Stimme klang ernster, als sie es beabsichtigt hatte. Doch so war es nun einmal.
»Schon klar. Wenn der Funke nicht überspringt, macht es keinen Sinn, es weiter zu versuchen. Umso besser, dass ihr als Kollegen offenbar immer noch gut miteinander auskommt.«
»Das tun wir. Thomas ist inzwischen sogar verlobt, glaube ich.« Endlich entdeckte Polly die Kopfschmerztabletten auf dem Esstisch unter einem Stapel aus Magazinen und Notizen.
»Willst du wirklich nicht mitkommen?«, wechselte Lea zu Pollys Erleichterung das Thema. Sie liebte ihre Freundin, aber ihre Freude an den Beziehungen anderer Leute trieb Polly regelmäßig beinahe in den Wahnsinn, zumindest wenn sie selbst das Objekt von Leas Neugier wurde.
»Ein andermal, okay? Heute wäre ich keine gute Gesellschaft.«
»Du arbeitest zu viel.«
»Ich arbeite gerne.«
»Es gibt auch noch ein Leben außerhalb der Arbeit.« Die Stimme ihrer Freundin hatte einen strengen Tonfall angenommen, den Polly sonst nur von ihrer Mutter kannte.
»Ich weiß. In letzter Zeit war es tatsächlich etwas viel. Ich könnte dringend eine neue Ladung Energie vertragen.«
»Wir sollten in einen dieser Wellnesstempel fahren und uns so richtig verwöhnen lassen. Das wäre toll!« Wie immer, wenn Lea eine neue Idee hatte, sprühte sie nahezu vor Elan und steckte Polly damit an.
»Das sollten wir wirklich tun. Ich sehe uns schon von einer Massage zur anderen wechseln und essen, bis wir kugelrund sind. Ja, das klingt nach einer hervorragenden Idee.«
»Prima, dann quetsche ich gleich die Beautyredakteure nach den besten Adressen aus. Sehen wir uns morgen bei der Redaktionssitzung?«
»Klar, ich erledige den Fototermin und komme dann direkt in die Redaktion.«
»Toll. Bis morgen.«
»Bis morgen und viel Spaß heute Abend.«
Polly legte das Telefon auf den Tisch. Ihr knurrender Magen erinnerte sie daran, dass sie seit dem Morgen nichts mehr gegessen hatte. Lediglich ein paar Becher Kaffee hatten ihren Kreislauf in Schwung gehalten. Sie nahm ein altes, schon weiches Brötchen aus der Tüte im Backofen und bestrich es mit Margarine und Honig. Es war labbrig und schmeckte überhaupt nicht. Schnell schlang sie das fade Brötchen hinunter und ließ sich schließlich erschöpft auf ihr Bett fallen. Sobald ihr Körper in die weiche Matratze sank, merkte sie, wie sich ihre Muskeln entspannten.
Noch bevor sie die Augen öffnete, ahnte Polly, dass etwas nicht stimmte. Das Licht, das beim Erwachen durch ihre geschlossenen Lider drang, war viel zu hell für den Abend. Unvermittelt riss Polly die Augen auf. Es war der nächste Morgen - zumindest hoffte sie, dass es nicht noch später war. Sie sprang auf, um auf die Uhr zu schauen. Der alte Wecker im Badezimmer leistete gewöhnlich zuverlässige Dienste und half ihr, stets pünktlich zu sein. Allerdings hätte sie ihn dazu am Abend zuvor einschalten müssen. Beim Blick auf den Wecker erschrak sie. Sie hatte verschlafen! Der Fotograf würde um neun Uhr vor dem Hotel des Politikers auf sie warten. Das war in einer halben Stunde.
Polly überlegte fieberhaft, wie sie es in dieser Zeit quer durch die Stadt schaffen sollte. Sie sah an sich herab und erschrak erneut. Ihre einzige Businessverkleidung hatte die Nacht nicht unbeschadet überstanden. Rock und Bluse sahen katastrophal verknittert aus. Normalerweise passierte ihr so etwas nicht. Nun fehlte ihr jedoch etwas anzuziehen. Sie würde auf ihre gewohnte Garderobe zurückgreifen müssen. In Windeseile sprang sie aus den Sachen, erfrischte sich notdürftig mit ein paar Spritzern Wasser und Deo, putzte ihre Zähne und schlüpfte in Jeans, Sandalen und T-Shirt. Im Rausgehen schnappte sie sich ihren Schlüssel und die Tasche vom Boden. So schnell sie konnte, sprintete sie zum nächsten Taxistand, kletterte in einen der Wagen, nannte dem Fahrer den Namen des Hotels und sank erschöpft in den Sitz. Sie musste sich beruhigen. Wenn sie schon völlig durch den Wind war, wollte sie zumindest kompetent wirken.
Sie hoffte, der Fotograf würde pünktlich sein. Es war ihr ungeheuer wichtig, Termine einzuhalten, auch wenn ihre eigene Verspätung nun einen völlig anderen
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