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Augenzeugen

Augenzeugen

Titel: Augenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Werbepausen!»
    Er schüttelte den Kopf und deutete mit einer vagen Handbewegung auf die fünf prall gefüllten Ordner, die er mit nach Hause genommen hatte. «Ich hab noch einiges zu tun …»
    Das Lächeln verschwand. «Na, dann viel Spaß noch!» Damit war sie schon die Treppe hinuntergelaufen.
    Er seufzte und schloss die Tür. Die Soko Alina war gleich am Tag nach der mutmaßlichen Entführung zusammengestellt worden: Vierzehn erfahrene Leute, die in den folgenden Wochen quasi rund um die Uhr gearbeitet hatten. Es gab keinen Hinweis auf mangelnden Einsatz oder Schlamperei.
    Auf der anderen Seite aber gab es keine unlösbaren Fälle. Irgendwo in diesen Hunderten von Protokollen steckte eine Spur, eine Aussage, irgendetwas, das irgendjemand übersehen oder auch nur falsch interpretiert hatte, ein Häkchen, das in die falsche Öse gerutscht war.
    Über sechzig Leute hatten sich damals bei der Soko gemeldet, weil sie Alina gesehen haben wollten, oder weil sich jemand, den sie kannten, ungewöhnlich verhielt, sich verdächtig machte. All diesen Tipps war man nachgegangen. Über sechzig Berichte, die er lesen musste. Er gähnte. Und er musste sich vor Ort ein Bild machen. Nössling – Eschers Haus, schrieb er auf seinen Block.
    Von Anfang an hatte die Soko auch ein mögliches Sexualdelikt in Betracht gezogen. Man hatte Speichelproben von allen einschlägig bekannten Männern der Umgebung genommen, sogar Speichelproben von allen Freigängern der Forensik in Bedburg-Hau. Das alles in der Hoffnung, Alina zu finden und an ihrer Kleidung oder ihrem Körper Spuren von Körperflüssigkeiten oder Hautpartikel des Täters.
    Toppe griff nach seiner Zigarettenschachtel, hielt aber plötzlich inne. Da war sie ja endlich – Eschers zweite Vernehmung! Zwei Tage nach Alinas «Verschwinden».
    Escher hatte den Anruf des Entführers entgegengenommen – Zeugen dafür gab es nicht. Ein einziger Anruf, ein einziger Satz, danach Schweigen. Der angebliche Entführer hatte sich nie wieder gemeldet. Hatte Escher sich diesen Anruf aus den Fingern gesogen? Hatte er selbst etwas mit dem Verschwinden des Kindes zu tun?
    Eschers Alibi für die fragliche Zeit an jenem 12. Juni 1997 war mager. Am Morgen hatte er zwei Verhandlungen gehabt, danach einige Besprechungen. Um 14 Uhr 20 war er in sein Büro gegangen, um zu arbeiten. Nach eigener Aussage hatte er es einmal verlassen, um zur Toilette zu gehen. Man hatte schließlich eine Zeugin aufgetrieben, eine junge Rechtsanwaltsgehilfin, die Escher auf dem Flur gesehen hatte. Die genaue Uhrzeit konnte sie allerdings nicht nennen, gegen fünfzehn Uhr, vielleicht früher, vielleicht später. Die Zeugin stand in keinem privaten Kontakt zu Escher, auch das hatte man überprüft. Der Anruf von Maren Escher war um kurz nach vier eingegangen, und ihr Mann hatte sich sofort auf den Heimweg gemacht. Ein Kollege erinnerte sich, Escher auf dem Parkplatz an der Schwanenburg gesehen zu haben. Aber auch dieser Zeuge konnte keine genaue Angabe zur Uhrzeit machen. Es müsse allerdings vor siebzehn Uhr gewesen sein, denn er habe sich gewundert, dass Escher früher als üblich das Gerichtsgebäude verließ.
    In allen weiteren Vernehmungen war Escher bei seiner Version geblieben, und seine Frau hatte anscheinend nicht den geringsten Zweifel an seiner Geschichte.
    Toppe fand einen handschriftlichen Vermerk von Walter Heinrichs am Rand und nahm sich daraufhin einen anderen Ordner vor. Pressearchiv, notierte er. Die Buchstaben verschwammen ihm vor den Augen. Er war todmüde. Umständlich streifte er seine Schuhe ab, ließ sich aufs Bett fallen und löschte das Licht. Escher war also schon vor der «Entführung» kein unbeschriebenes Blatt gewesen …

Zehn
    Am nächsten Morgen war Astrid gereizt, nörgelte an Katharina herum, trieb sie zur Eile an. Toppe ließ sein Frühstück stehen und nahm seine Tochter auf den Arm. «Ich bringe sie heute in den Kindergarten, einverstanden? Dann hast du noch eine halbe Stunde Ruhe für dich.»
    In der Tagesstätte war es noch still. Katharina war meistens das erste Kind, das kam, aber ihr gefiel das. Da hatte sie die Erzieherin eine Weile für sich allein, konnte schon mal das Kaninchen füttern oder sich ihr momentanes Lieblingsspielzeug schnappen, ohne sich mit einem anderen Kind einigen zu müssen. Toppe durfte sie immer nur bis zur Tür bringen, hineingehen wollte sie allein, weil sie schon «groß» war. Die Erzieherin winkte ihm zu, sie strotzte nur so vor Energie. Wie

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