Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
eine Decke aus, auf der wir unser Arbeitsmaterial – Astronomiebücher, Stifte und den schwarzen Karton – und unser Picknick ausbreiteten.
»Und wer von uns übernimmt das Zeichnen?«, fragte ich. »Darin bin ich nämlich eine absolute Niete.«
»Ich auch.« Zachary fischte ein paar Eiswürfel aus seinem Pappbecher und warf sie ins Gras. »Aber es geht ja auch nicht darum, dass die Karte möglichst schön wird, sondern um den Lernprozess.«
»Stimmt auch wieder.« Ich legte beide Hände um meinen Latte Macchiato, um sie ein bisschen aufzuwärmen. »Außerdem hat Eowyn gesagt, dass unsere Persönlichkeit in das Projekt mit einfließen soll. Dass wir nicht zeichnen können, ist definitiv ein Teil unserer Persönlichkeit.«
Zachary hob seinen Pappbecher. »Darauf sollten wir anstoßen!« Nachdem wir uns zugeprostet und einen Schluck getrunken hatten, fragte er: »Und? Siehst du irgendwelche Geister?«
»Bis jetzt nicht. Vielleicht war hier nie jemand, der gestorben ist, und wenn doch, hat derjenige kein Interesse auf diese Wiese zurückzukehren. Kann auch sein, dass wir einfach eine ruhige Nacht erwischt haben.«
»Falls nicht, halten wir sie damit in Schach.« Zachary schwenkte die Taschenlampe, deren Glas wir mit rotem Nagellack übermalt hatten, sodass ihre Helligkeit die Lichtempfindlichkeit unserer Augen nicht trübte und wir selbst die schwächsten Sterne noch sehen konnten. »Rotes Licht hassen sie wahrscheinlich genau so wie rotes Bettzeug, was?«
»Die meisten jedenfalls.« Ich musste an den Geist der verzweifelten Mutter denken, die mich und Megan letzte Woche im Einkaufszentrum verfolgt hatte, und dann fiel mir plötzlich auf, dass ich vorhin keinen einzigen Geist dort gesehen hatte. War das Einkaufszentrum inzwischen vielleicht mit Obsidian versiegelt worden? Komisch, dass sie keine Werbung dafür gemacht hatten.
»Du hast echt Glück, dass du sie nicht sehen kannst«, sagte ich zu Zachary.
»Ich weiß nicht.« Er fischte noch einen Eiswürfel aus dem Becher und warf ihn hinter sich. »Manchmal denke ich, dass es schon interessant wäre, nach dem Shift geboren zu sein.«
»Wenn es nur Geister gäbe, vielleicht. Aber Schatten zu begegnen ist wirklich alles andere als angenehm, außerdem ist es unglaublich nervig, wie die Typen vom DMP uns umwerben. Ich habe diese ewigen Anzeigen, Werbespots und Briefe so satt, und mittlerweile kommen sie sogar schon in die Schule, um uns als Geisterjäger zu rekrutieren.«
»Ich hab gehört, dass sie die Studiengebühren übernehmen, wenn man sich verpflichtet.«
»Genau das macht die Sache für mich noch verdächtiger. Ich meine, wenn der Job so toll wäre, hätte die Regierung es doch gar nicht nötig, uns zu bestechen, oder?«
»Ich weiß nicht, ob man das als Bestechung bezeichnen kann. Sie zahlen für eine Aufgabe, die sie für wichtig halten. Wenn man sich bereit erklärt, eine Zeit lang als Lehrer an einer Schule in einer armen Wohngegend zu arbeiten, bekommt man von der Regierung schließlich auch das Studium finanziert.«
»Ja, kann sein.« Ich stippte eine Pommes in das Becherchen mit Ketchup. »Megans Bruder John hat so was Ähnliches gemacht. Der Staat hat einen Teil des Kredits für sein Medizinstudium übernommen und dafür muss er ein paar Jahre in irgendeinem Kaff in North Dakota als Landarzt arbeiten.« Vielleicht war es auch South Dakota. Ich erinnerte mich nur noch daran, dass er erzählt hatte, es würde in der ganzen Stadt bloß eine einzige Bar geben und die Leute würden im Winter die ganze Nacht den Motor ihres Autos laufen lassen, damit er nicht einfriert.
Als hätte ich ihn mit meinen Gedanken heraufbeschworen, kam genau in diesem Moment ein eisiger Wind auf, der mich so schaudern ließ, dass ein bisschen Kaffee aus der kleinen ovalen Öffnung im Deckel schwappte. Zachary zog seine dunkelbraune Lederjacke aus und hielt sie mir hin. »Hier.«
»Nein, dann frierst du ja.«
»Hey, ich bin Schotte. Wir sind hartgesottene Naturburschen. Willst du mich beleidigen?« Er legte mir die Jacke um die Schulter. »Na los, zieh sie schon an. Außerdem könnte ich mich selbst nicht mehr im Spiegel anschauen, wenn ich eine Frau frieren lassen würde.«
Als ich in die warme Jacke schlüpfte und den Kragen hochschlug, rieselte mir erneut ein Schauer über den Rücken, aber diesmal war es nicht wegen der Kälte, sondern wegen des Geruchs nach Leder und … Zachary. Gott, was war nur mit mir los?
»Danke.« Ich räusperte mich. »Nächstes Mal
Weitere Kostenlose Bücher