Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
allein in den USA vier Sechzehnjährige bei Autounfällen gestorben, die angeblich durch Schatten verursacht worden waren.
»Und dann war da dieser Geist, den ich mal bei GameStop im Einkaufszentrum in Towson gesehen habe, bevor es versiegelt wurde«, sagte Dylan nachdenklich. »Puh. Das war echt krass. Er muss ziemlich jung gewesen sein, als er gestorben ist, aber man konnte kaum noch was von ihm erkennen. Er war fast schwarz. Da war wirklich nur noch eine ganz dünne violette Linie zu erkennen.«
»Was hat er gemacht?«
»Zuerst war es noch ganz witzig. Er hat den totalen Aufstand veranstaltet und rumgebrüllt, dass er jetzt sofort die neue Nintendo 64 haben will. Ich war mit Kyle dort und habe versucht, ihn zu beruhigen. ›Ey, Alter‹, hab ich gesagt. ›Entspann dich. Die Nintendo 64 ist alles andere als neu, die ist ungefähr vor einer Million Jahre rausgekommen.‹ Daraufhin ist der Typ erst recht ausgeflippt. Wir haben wirklich richtig Angst bekommen. Und dann sind ein paar Obsidians aufgetaucht und haben ihn festgenommen.«
»Wie denn?«
»Die hatten so eine durchsichtige Scheibe dabei.« Dylan deutete mit beiden Händen einen Kreis an. »Etwa so groß. Ich schätze, das war so eine Art Köder.«
»Ach so, ein Lokalisator. Ja, die Dinger kenne ich. Die werden auch bei Gericht benutzt, um Geister in den Zeugenstand zu rufen. Dadurch kann man sie an Orte holen, an denen sie zu Lebzeiten nie gewesen sind.«
Dylan schnaubte. »Zum Beispiel in kleine schwarze Kästchen?«
»Sie haben den Geist von diesem Jungen in ein Kästchen gesperrt?«
»Ja, genau. Das Teil war ungefähr so groß wie eine Fernbedienung. Er schrie wie am Spieß, als sie ihn da eingesperrt haben.« Er schüttelte bei der Erinnerung daran den Kopf.
»Oh Mann«, seufzte ich.
»Das war gerade noch rechtzeitig. Wenn er vollständig zum Schatten mutiert wäre, hätten sie ihn nie erwischt. Danach haben wir uns noch ein bisschen mit den Typen vom Obsidian Corps unterhalten und die Jungs haben uns ihre Ausrüstung gezeigt. Die waren echt nett.«
»Nett?« Ich verdrehte die Augen. »Die haben versucht, euch anzuwerben. Aber ich wette, das wird ihnen irgendwann nicht mehr reichen, und dann zwingen sie uns, für sie zu arbeiten. Ich könnte mir nämlich gut vorstellen, dass das DMP so eine Art allgemeine Wehrpflicht einführt.«
»In dem Fall wäre es wahrscheinlich am klügsten, sich gleich freiwillig zu melden. Dann zahlen sie einem das Studium und man bekommt hinterher automatisch die besseren Jobs.« Dylan wischte sich Regentropfen von der Nase. »Ich hatte mal ein Game über den Vietnamkrieg, und da wurden alle jungen Rekruten – das war das niedrigste Level – in den Dschungel geschickt, wo sie so richtig Scheiße fressen mussten. Aber wenn man genug Punkte geholt hatte, um sich freiwillig länger zu verpflichten – das waren die höheren Level –, wurde man in der Nähe von Städten stationiert, wo es Nutten und Alkohol gab, und bekam bessere Waffen.« Er zog sich die Kapuze in die Stirn und vergrub die Hände in den Taschen seiner Jacke. »Verstehst du, was ich meine? Wenn das DMP wirklich so was wie eine Wehrpflicht einführt, landet man wahrscheinlich in irgendeinem Scheißloch im Nahen Osten, wo man noch nicht mal Bier trinken darf. Aber wenn man sich rechtzeitig freiwillig meldet, darf man vielleicht in einem Büro mit Klimaanlage arbeiten.«
Ich versuchte erst gar nicht, seinen wirren Gedankengängen zu folgen. »Ich kann dir bloß raten, vorsichtig zu sein und aufzupassen, worauf du dich einlässt, Dylan.«
»Kommt ihr?«, rief Mickey uns zu. Im Tosen des Regens, der auf Hunderte von Grabsteinen prasselte, war seine Stimme kaum zu verstehen.
»Sofort!« Wir winkten ihm zu. »Logan hat sogar daran gedacht, dass ich heute Geburtstag hab«, sagte Dylan mit einem schiefen Grinsen.
»Oh, verdammt, Dylan! Tut mir leid, das habe ich total vergessen. Herzlichen Glückwunsch – auch wenn es nicht grade der schönste Tag ist, um Geburtstag zu haben. Jetzt bist du endlich auch sechzehn. Was hast du bekommen?«
Er schnaubte. »Noch nicht mal gratuliert haben sie mir. Versteh mich nicht falsch. Ich nehm’s dir nicht übel, dass du es vergessen hast. Aber meine eigene Familie?« Er zuckte mit den Achseln und wandte sich ab. »Na los. Bringen wir es hinter uns.«
Als wir am Grab ankamen, traten die Keeleys zur Seite, damit ich mein Herz aus roten und weißen Rosen neben den großen Kranz legen konnte, den sie mitgebracht
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