Auracle - Ein Mädchen, zwei Seelen, eine Liebe (German Edition)
House
ist.
Wenn ich meinen Körper verlassen habe, kann ich jedoch Reis Aura beobachten. Im Moment hat er die Schnauze voll von Taylor und will nichts lieber, als richtig lange Joggen zu gehen. Aber er will auch, dass sie meinen Körper verlässt.
»Klar kannst du rüberkommen«, sagt er äußerst freundlich, »aber ich muss ein paar Sachen erledigen.«
»Was denn?«
»Na ja, ich muss auf meine kleine Schwester Saya aufpassen und das Essen vorbereiten. Solche Sachen eben.«
»Ich kann dir helfen.«
»Erinnerst du dich daran, wie man kocht?« Ich mache mich hinter Taylors Rücken sichtbar, lange genug, um Rei einen höhnischen Blick zuzuwerfen. Er ignoriert mich. Taylor kann nicht wissen, dass ich eine Niete im Kochen bin. Ich kann nurgut Gemüse schnippeln, mein Thunfisch-Salat ist großartig und ich kann fantastische Zucchini-Karotten-Muffins backen. Aber man sollte besser nicht von mir verlangen, Fleisch zu braten – außer die Feuerwehr ist irgendwo in der Nähe.
Sie muss den doppelten Sarkasmus irgendwie verstanden haben. Denn sie fragt: »Konnte ich denn vorher kochen?«
»Manche Sachen schon«, antwortet Rei, als er mit ihr die Einfahrt hinaufgeht.
Irgendetwas stimmt nicht. Die sonst so picobello saubere Terrasse ist mit matschigen Fußabdrücken übersät. Sie führen direkt zur Vordertür. Ich suche nach einer Erklärung, aber ich sehe keine Pakete vor der Tür herumliegen. Die Fußabdrücke führen auch nicht wieder von der Tür weg. Reis Farben werden intensiver, sein Ausdruck verändert sich und seine Schultern spannen sich an.
»Warte hier. Dann kannst du Saya abfangen, wenn der Bus kommt«, sagt er ganz ruhig zu Taylor und zeigt auf die Schaukel. »Ich hole uns was zu trinken.«
Ich folge ihm durch die Tür. Die Fußabdrücke hören bei der Fußmatte abrupt auf. Ich schaue blitzschnell nach, ob jemand im unteren Stockwerk ist. Rei rennt sofort die Treppe rauf und nimmt dabei zwei Stufen auf einmal. Ich komme zur gleichen Zeit wie er oben an. Genau in dem Moment öffnet sich die Schlafzimmertür und eine tiefe Stimme ruft Reis Namen.
Rei legt blitzschnell die Hände über den Mund des Eindringlings und bringt ihn zum Schweigen. Unter Einsatz seines vollen Körpergewichts drängt er ihn in sein Zimmer und wirft die Tür hinter sich zu. Ich brauche eine Sekunde, um zu erkennen,wo die Gefahrenquelle ist. Sie sitzt unten auf der Veranda.
»Schhh!«, flüstert Rei. »Hier ist jemand. Du musst dich ganz ruhig verhalten.«
Seth scheint Reis Reaktion überhaupt nicht zu überraschen. »Wer ist hier? Anna?«, flüstert er zurück.
»Ja, aber ich will nicht, dass sie weiß, dass du da bist.«
Seth zuckt mit den Achseln. »Rei, ich muss dringend mit dir reden!«, sagt er eindringlich. »Ich glaube, die Polizei sucht nach mir!«
»Klar sucht die Polizei nach dir, du Idiot!«
»Verdammt!« Seth will mit der Faust gegen die Wand schlagen, aber Rei hält seine Hand fest.
»Ich wusste es! Bist du dir sicher, dass sie nach mir suchen?«
»Sie waren gestern hier und haben mir Fragen gestellt.«
»Hier? Was haben sie dich gefragt?«
»Wir haben keine Zeit, jetzt darüber zu reden.« Rei bringt Seth zur Tür des Fitnessraums und öffnet sie. »Warte hier, bis ich sie los bin. Und missbrauche bloß nicht meine Wände als Punchingball!«
Seth ist überrascht. »Bis du sie los bist? Seid ihr beiden sauer aufeinander?«
Rei sieht in Richtung Schlafzimmertür. »Das ist eine lange Geschichte. Sie darf auf keinen Fall wissen, dass du da bist.«
»Ich habe Taylor nicht geschubst. Du weißt das hoffentlich.«
»Ja, ich weiß, dass du das nicht getan hast. Lass uns später darüber reden. Hier, nimm das.«
Rei zieht seinen iPod aus seiner Jeanstasche und gibt ihn Seth, ohne sich damit aufzuhalten, die Kabel zu entwirren. »Ich passeheute auf Saya auf. Es kann also etwas dauern. Aber du musst unbedingt hier
drinnen
bleiben und dich
ruhig
verhalten.«
Seth zuckt wieder mit den Achseln. »Okay, ich verstehe. Ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich mir ein paar Klamotten von dir geliehen habe.«
Ich höre, wie der Bus näher kommt. Dem Ausdruck auf seinem Gesicht nach hat auch Rei das Geräusch gehört. »Gut. Wie auch immer, bleib einfach hier drin, bis ich dich hole. Okay? Dann bis später.« Der Bus bleibt vor dem Haus stehen.
Rei sieht Seth ein letztes Mal eindringlich an, bevor er leise die Tür hinter sich schließt.
Ich darf den Fitnessraum nicht betreten. Deshalb kann ich Seth nicht
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