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Auracle - Ein Mädchen, zwei Seelen, eine Liebe (German Edition)

Auracle - Ein Mädchen, zwei Seelen, eine Liebe (German Edition)

Titel: Auracle - Ein Mädchen, zwei Seelen, eine Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Rosati
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: 30 Uhr. Wenn ich die Zeitverschiebung einkalkuliere, kann ich in Belize starten, dann zu den Galapagosinseln fliegen und anschließend die Küste Zentralamerikas heraufreisen. Ich habe ein Sammelalbum all meiner Astralreisen. Denn eines Tages will ich physisch zu einigen dieser Orte reisen. Wie schön wäre es doch, durch die Anden zu wandern, im Great Barrier Reef zu tauchen und die kalten Stufen der
Basilique du Sacré-Coeur
unter mir zu spüren und ein Stück von dem französischen Brot zu essen, nach dem ich schon seit so vielen Jahren lechze.
    Aber was passiert, wenn ich meinen Körper nie wieder zurückbekomme? Ich muss akzeptieren, dass Taylor meinen Körper vielleicht nicht verlässt und ich eventuell für immer hier feststecke. Vielleicht könnte ich ein freier, künstlerischer Geist sein, der in den Cafés an den Champs-Élysées herumspukt. Vielleicht könnte ich zusammen mit Rei an die Uni gehen und einer von diesen berühmten Uni-Geistern werden. Aber irgendwann wird Rei ein Mädchen kennenlernen und heiraten, und was dann? Wie unendlich einsam wäre ich ohne Körper, ohne Stimme, ohne Freunde und ohne Familie? Was würde dann aus mir werden? Könnte ich das Licht wieder heraufbeschwören und ihm folgen, wohin auch immer es mich bringen wird? Ich schwebe zu der Trauerweide vor Reis Fenster. Ihre blaue Aura zieht mich an. Rei hat aufgehört, Gitarre zu spielen, und das Licht ist aus. Ich hoffe, er schläft und träumt etwas Schönes. In meiner Dimension kann ich nicht schlafen, aber es ist ruhig hier: nur ich und die Weide, die Sterne und der Mond. Irgendwie verschmelzen unsere Vibrationen zu etwas Harmonischem und Hoffnungsvollem.
    Könnte ich das Licht heraufbeschwören, wenn ich wollte?
    Ich will.
    Die Sterne blinken durch den Blätterwald, und ich bitte das Universum, mir das Licht zu schicken. Ich versuche, an schöne Dinge zu denken – nur an schöne Dinge. Fast ununterbrochen denke ich dabei an Rei. Daran, wie sicher und aufgehoben ich mich in seiner Nähe fühle. Und wie er mir in all den Jahren, die wir uns kennen, jede meiner Dummheiten verziehen hat.
    Obwohl Seth im Gefängnis sitzt und er wegen meiner Unvorsichtigkeit vielleicht lebenslänglich bekommt, macht mirRei keine Vorwürfe. Und in diesem Moment verstehe ich: Wahrscheinlich wird sich Rei Ellis nie in mich verlieben, aber wahrscheinlich wird mich niemals jemand so sehr lieben wie er. Und obwohl ich kein religiöser Mensch bin, verstehe ich: Das ist ein Segen. Über mir scheinen sich die Sterne zu einem einzigen Lichtstrahl zu bündeln. Er bewegt sich auf mich zu. Die Weide teilt ehrerbietig ihre Zweige, damit das Licht zu mir herunterreichen kann, und ich erstarre in Ehrfurcht. Ich kann es tun! Ich kann das Licht heraufbeschwören.
    Jetzt fühle ich mich, als hätte ich einer göttlichen Kraft einen Streich gespielt. Denn eigentlich will ich gar nicht in das Licht gehen. Zumindest noch nicht. Ich entschuldige und bedanke mich bei dem Licht, dass es mir und jedem anderen erscheint, der es will und braucht. Es zieht sich gnädig in sich selbst zurück und um mich herum ist nun wieder Dunkelheit.
    Doch für diese Woche hatte ich genug Dunkelheit, genug Traurigkeit und genug
oushikuso
.
    Ich mache mich auf die Suche nach einem Sonnenaufgang.

25
    Ich will mit Rei nicht über meinen Auftritt auf der Polizeiwache gestern Abend reden. Ich sollte zwar wohl, aber dann muss ich ihm auch sagen, dass sie Seth wegen vorsätzlichen Mordes anklagen wollen und das Jugendrecht für ihn nicht gelten soll. Und dass Taylors Freundinnen alle gegen Seth ausgesagt haben. Das würde Rei ganz und gar nicht gefallen.
    Ich bin auch von mir selbst ein wenig schockiert. Es ist eine Sache, sich plötzlich vor ein paar betrunkenen Studenten sichtbar zu machen, die mich noch nie gesehen haben und mich nie wieder sehen werden, aber die Polizisten kannten mich, wenn auch nur als »die kleine Rogan«. Nachdem ich wieder unsichtbar war, konnte ich noch sehen, wie sie sich ungläubig anstarrten und dann in ihre Kaffeetassen guckten, als ob der Kaffee mit einer halluzinogenen Droge gemischt worden sei. Erdnussflip fand als Erster seine Stimme wieder und sagte: »Ich habe nichts gesehen!«
    Der Kahlkopf hob seine Augenbrauen und sagte: »Ich habe auch nichts gesehen, und du, Pat?«
    Die Empfangsdame starrte ihren Bildschirm an und runzelte die Stirn. »Ich habe keine Ahnung, was ich gerade gesehen habe, aber ich erzähle sicherlich keinem davon. Schließlich brauche ich

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